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ÄGYPTEN

29.01.2011

Ägypten: Massenproteste halten trotz Ausgangssperre an

In Ägypten herrscht Chaos auf den Straßen. Trotz angekündigter Reformen und dem Rücktritt der Regierung halten die Massenproteste an. Die Demonstranten ignorieren die um 15 Uhr Ortszeit verhängte Ausgangssperre und fordern wie schon in den letzten Tagen den Rücktritt des Präsidenten Husni Mubarak.


Die Sicherheitskräfte verlieren zusehends die Kontrolle über die Situation. Plünderer und Randalierer verwüsteten im Windschatten der Proteste Supermärkte und griffen eine Villensiedlung am Rande der Hauptstadt an. Aus dem Gebäude der Nationaldemokratischen Partei (NDP), der Partei Mubaraks, das Demonstranten gestern in Brand gesteckt hatten, drang immer noch Rauch. Die Straßen werden von ausgebrannten Polizeiautos gesäumt. Plünderer drangen in das berühmte Ägyptische Museum in Kairo ein und zerstörten zwei Mumien. In dem Museum wird auch die goldene Maske des Königs Tutanchamun aufbewahrt. Das Museum wurde ebenfalls durch das Feuer in der benachbarten Zentrale der Regierungspartei NDP bedroht. Der Generalsekretär der ägyptischen Altertümerverwaltung, Zahi Hawass, sagte: "Wenn das Haus zerstört wird, fällt es auf das Museum."

Staatspräsident Mubarak ernannte am Nachmittag den Geheimdienstchef Omar Suleiman zu seinem Stellvertreter. Bisher hatte Mubarak keinen Stellvertreter. Zum neuen Premierminister wurde der bisherige Minister für Zivilluftfahrt Ahmad Schafiq ernannt.

Im ägyptischen Fernsehen wurden Berichte dementiert, nach denen Mubaraks Frau Suzanne und die beiden Söhne Mubaraks, darunter auch der als möglicher Nachfolger gehandelte Gamal Mubarak, bereits nach London geflohen seien. Der in Katar sitzende Fernsehsender Al Jazeera hatte diese Meldung unter Berufung auf in England lebende Ägypter verbreitet.

Nach Angaben des arabischen Nachrichtensenders Al Jazeera griffen Demonstranten das Innenministerium an. Laut dem arabischen Fernsehsender al-Arabiya versuchten Demonstranten auch erneut das Gebäude des Staatsfernsehens zu erstürmen. Die Polizei setzte erneut Wasserwerfer, Gummiknüppel und Tränengas gegen die Demonstranten ein. Auch gepanzerte Fahrzeuge kamen zum Einsatz. Neben anderen Regierungsgebäuden wird der Präsidentenpalast durch Panzer geschützt. Bei den Auseinandersetzungen zwischen Sicherheitskräften und der Polizei soll es auch erneut Tote gegeben haben. Über die genaue Anzahl der Toten gibt es allerdings keine verlässlichen Angaben, weil eine freie Berichterstattung aus Ägypten zurzeit nicht möglich ist. Nach Angaben des Gesundheitsministeriums starben am Freitag 38 Menschen.

Auffallend zurückhaltend verhielt sich bisher das ägyptische Militär. Zwar stehen Panzerfahrzeuge an strategisch bedeutsamen Positionen. Neben Regierungsgebäuden wurden auch Museen militärisch gesichert. In die Auseinandersetzungen mit den Demonstranten griffen Soldaten bisher jedoch nicht ein.

Der Zugang zum Mobilfunknetz wurde von den ägyptischen Behörden im Laufe des Tages zwar wiederhergestellt, das Internet ist jedoch laut tagesschau.de zumindest in Kairo immer noch nicht wieder zugänglich. Neil Hicks, ein Analyst von Human Rights Watch wies darauf hin, dass eine Fortsetzung der Internetsperre über das Wochenende hinaus enormen Schaden für den Kapitalfluss und das Bankenwesen bedeutet, weil Ägypten in das internationale Finanzsystem eingebunden ist. "Das ist wahrscheinlich der Grund, warum die meisten Regierungen so etwas nicht tun - es schadet dem Staat und der Wirtschaft." Durch die Internetsperre würde nicht nur der Finanzverkehr des Staates blockiert, sondern es wirkt sich auf Investoren und Geschäftsleute aus. Der technische Direktor des Internetanalyseunternehmens Renesys, Jim Cowie, bezeichnet die Maßnahmen der ägyptischen Regierung als Experiment, um festzustellen, "welcher Prozentsatz der Wirtschaft eines Landes vom Internet abhängt". Cowie wies darauf hin, dass die Sicherheitsbehörden bei den Protesten gegen die iranische Präsidentschaftswahl zwar versuchten, die Internetverbindungen zu verlangsamen, "aber sie haben es nicht gestoppt".

Am frühen Abend versammelten sich immer mehr Menschen auf dem zentralen Tahrir-Platz, um ihre Forderung nach einem Rücktritt des Präsidenten zu bekräftigen.

Friedensnobelpreisträger Mohammed el-Baradei steht nach wie vor unter Hausarrest. In einem Interview mit Al Jazeera bekräftigte er seine Forderung, Präsident Mubarak müsse zurücktreten. Eine Regierungsumbildung allein sei nicht genug.

Das Auswärtige Amt in Berlin rät indessen von Reisen in die großen ägyptischen Städte ab. Es wird emfpohlen Menschenansammlungen und Demonstrationen zu meiden.

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