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ÄGYPTEN

04.07.2013

Militär entmachtet ägyptischen Präsidenten Mursi

In seiner Rede kurz nach 21 Uhr, die auf allen Fernsehkanälen übertragen wurde, erklärte der ägyptische Verteidigungsminister 'Abd al-Fattah as-Sisi am 3. Juli 2013, dass Muhammad Mursi nicht mehr ägyptischer Präsident sei. Sisi erklärte, dass der Schritt notwendig gewesen sei, weil sich Mursi angesichts der dramatisch veränderten politischen Lage uneinsichtig gezeigt habe. Schon vorher wurde das von den Muslimbrüdern beherrschte Oberhaus des Parlaments, der Schura-Rat, aufgelöst, der von Mursi eingesetzte Generalstaatsanwalt Talat Ibrahim Abdullah entlassen, sein Vorgänger 'Abd al-Magid Mahmud wieder eingesetzt, die jüngste Verfassung aufgehoben und die einjährige Haftstrafe gegen den ägyptischen Premier Hischam Qandil vom Instanzengericht bestätigt und er somit ebenfalls seines Amtes enthoben. Die Fernsehsender der Muslimbruderschaft wurden abgeschaltet. Die Aufgabe des Interimspräsidenten wird der Vorsitzende des Verfassungsgerichtshofs, Adli Mansur, übernehmen, der als Präsident vor den Mitgliedern des obersten Verfassungsgerichts vereidigt wurde. Es wurden Neuwahlen für das Präsidentenamt und das Parlament angekündigt, deren genauen Termin Mansur festlegen wird. Eine Übergangsregierung aus unabhängigen Technokraten soll Mansur in seiner Arbeit unterstützen.

Der Absetzung Mursis vorausgegangen war eine großangelegte Unterschriftenaktion der basisdemokratischen Bewegung Tamarrud (Tamarod, "Rebellion") und die von ihr initiierte Massendemonstration am 30. Juni 2013, dem ersten Jahrestag des Machtantritts Mursis. Der Präsident war zwar in einer freien und allgemeinen Wahl gewählt worden, doch schaffte er es nicht, die von den Ägyptern in ihn gesetzten Hoffnungen zu erfüllen. Die neue Verfassung des Landes wurde als zu autoritär angesehen, und er konnte den Verfall der Wirtschaft nicht stoppen. Mursi verweigerte die Zusammenarbeit mit anderen Kräften und setzte allein auf die Muslimbruderschaft, was zu einer Spaltung der ägyptischen Gesellschaft und zu den Massenprotesten führte.

Sisi hatte in Folge der Massendemonstrationen ein 48-stündiges Ultimatum gestellt, das Mursi aber verstreichen ließ. Am 3. Juli traf sich das Militär mit mehreren Persönlichkeiten des öffentlichen Lebens wie Mohamed ElBaradei, dem Großscheich Ahmad Mohammad al-Tayyeb, dem geistlichen Oberhaupt der al-Azhar-Universität und Tawadros II., Papst der orthodox-koptischen Kirche und 118. Patriarch von Alexandrien.

Während der Demonstrationen kam es immer wieder zur Gewaltanwendung, bei der bis zum Mittwochmorgen 22 Personen getötet wurden. Auch nach der Amtsenthebung Mursis ist weiter mit Gewalt zu rechnen. Die Muslimbrüder wollen sich nicht mit der Amtsenthebung abfinden. Sie haben ihre Anhänger im Kairoer Stadtteil Nasr City konzentriert, die nur darauf warten, als Märtyrer zu sterben. Führende Muslimbrüder wurden bereits verhaftet, und nach 300 weiteren wird mit Haftbefehl gesucht.

Die Reaktionen im Ausland sind geteilt. Aus arabischen Ländern kamen Glückwünsche zur Absetzung Mursis, während die britische Regierung und auch der deutsche Außenminister Guido Westerwelle den Machtwechsel kritisch sehen. Auch in der internationalen Presse werden die Ereignisse unterschiedlich bewertet. Während die New York Times von einem Putsch spricht und auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung sich gegen das Militär ausspricht, tendiert die Süddeutsche Zeitung gegen die Muslimbrüder.

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