Vom 6. bis zum 8. Februar 2013 fand in Kairo das 12. Gipfeltreffen der Organisation für Islamische Zusammenarbeit (OIC) statt. An diesem Treffen nahmen mehr als 25 Regierungschefs islamischer Länder teil, unter ihnen der iranische Präsident Mahmud Ahmadinedschad. Syrien nahm wegen seiner Suspendierung vom OIC im August 2012 nicht am Gipfel teil.
Es wurden hauptsächlich die Themen Palästina bzw. die israelische Besiedelung palästinensischer Gebiete, der Syrien-Konflikt, die Militärintervention in Mali und die Islamfeindlichkeit in der westlichen Welt behandelt und Beschlüsse hierzu gefasst. Die syrische Regierung und die Oppositionskräfte wurden aufgefordert, in den Dialog zu treten.
Der Vorsitzende des 11. Gipfels, der senegalesische Präsident Macky Sall, eröffnete den Gipfel. In seiner Rede lobte er die französische Intervention in Mali. Nach seiner Rede übergab Sall den Vorsitz an den ägyptischen Präsidenten Muhammad Mursi. Von 2013 bis 2016 führt Ägypten die Ratspräsidentschaft der Organisation.
Schwerpunkte der anschließenden Rede Mursis waren Palästina und Syrien. Er bekräftigte, dass Ägypten das palästinensische Volk auf dem Weg zur seiner Freiheit in einem unabhängigen Staat unterstützen wird. Zudem rief er die syrische Opposition auf, sich zusammenzuschließen, um durch abgestimmte Aktionen das Blutvergießen in Syrien möglichst bald zu beenden. Mursi stellte fest: "Die humanitäre Situation in Syrien hat einen gefährlichen Zustand erreicht, und täglich wird er noch schlimmer."
Weitere Probleme, die er in seiner Rede ansprach, waren die Militärintervention in Mali, die Auseinandersetzungen in Myanmar, das geringe Ansehen der Muslime in der westlichen Welt und die Islamfeindlichkeit, mit der islamische Minderheiten in westlichen Ländern konfrontiert würden. Dies sei aber nicht nur dem Westen zuzuschreiben, sagte Mursi: "Ungeachtet der Tatsache, dass es ausländische Seiten gibt, die dafür verantwortlich zeichnen, dass das Bild des Islam im Westen befleckt wird, haben unsere Nationen Anteil an dieser Verantwortung."
Das ägyptische Staatsoberhaupt zeichnete den OIC-Generalsekretär Ekmeleddin ?hsano?lu mit dem Nil-Orden, dem höchsten Verdienstorden Ägyptens, aus.
Der Gipfel fasste zudem den Beschluss, die Ratspräsidentschaft der Organisation für den Zeitraum von 2016 bis 2019 an die Türkei zu vergeben.
Am Rande der Konferenz fanden mehrere bilaterale Treffen statt.
Historischer Besuch des iranischen Staatsoberhaupts, Begrüßung Mahmud Abbas?
Der Besuch des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad war etwas Besonderes. Denn er ist der erste iranische Präsident seit mehr als 33 Jahren, seit dem Sturz des persischen Schahs Mohammad Reza Pahlavi, der zu einem Staatsbesuch in Ägypten weilt.
Während die Begrüßung durch Muhammad Mursi noch recht herzlich ausfiel, folgte später die Kritik an der Politik Ahmadinedschads. So verurteilte der Imam der al-Azhar-Moschee die mutmaßlichen Versuche Teherans, das Schiitentum in sunnitischen Ländern zu verbreiten. Nach dem Besuch der al-Husain-Moschee wurde Ahmadinedschad mit einem Schuh durch einen mutmaßlichen Exilsyrer attackiert. Die "New York Times" berichtete, dass der Täter gerufen habe: "Du bringst unsere Brüder um!" Ein zweiter Angriffsversuch auf Ahmadinedschad ereignete sich am Freitag.
Eigentlich war auch die Begrüßung des Palästinenserchef Mahmud Abbas herzlich. Abbas bedankte sich für Ägyptens Unterstützung Palästinas. Versehentlich begrüßte aber Abbas Mursi mit Muhammed Husni, dem Vornamen des gestürzten Präsidenten Husni Mubarak.
Wiederbelebung der iranisch-ägyptischen Beziehungen
Mit den wechselseitigen Besuchen Mursis (im August 2012) und Ahmadinedschads sollen im Interesse beider Staaten alte Kontakte wieder aufleben. Schon 1928 wurden mit einem Freundschaftsvertrag enge Beziehungen zwischen dem Iran und Ägypten besiegelt. 1939 sandte Ägypten mit Youssef Zulficar Pascha den ersten Botschafter nach Teheran. Im selben Jahr heiratete die Tochter des ägyptischen Königs Fu'ad I. bzw. Schwester des ägyptischen Königs Faruq, Prinzessin Fausiya, den damaligen Kronprinzen und späteren Schah Mohammad Reza Pahlavi.
1979 kam es zum Bruch der diplomatischen Beziehungen. Zum einen bot Ägypten dem gestürzten Schah Mohammad Reza Pahlavi Asyl an, zum anderen unterzeichnete Ägypten am 17. September 1978 den Friedensvertrag mit Israel, das Camp-David-Abkommen. Einen erneuten Tiefpunkt markierte die Ermordung Anwar as-Sadats 1981: Unmittelbar nach der Hinrichtung des Mörders Khaled el-Islamboli 1982 wurde in Teheran eine Straße nach diesem benannt.
Seit Oktober 2010, also noch vor der 25.Januar-Revolution, gibt es erste Annäherungen zwischen beiden Ländern auf wirtschaftlichem und kulturellem Gebiet. Im August 2012 reiste Muhammad Mursi zum Gipfel der Blockfreien nach Teheran. Am 10. Januar 2013 besuchte der iranische Außenminister Ali Akbar Salehi Kairo.
Gespräche zwischen Ägypten und der Türkei
Am Rande des Gipfels trafen sich Mohammad Mursi und der türkische Präsident Abdullah Gül zu Gesprächen über die Palästina-Frage und den Syrien-Konflikt. Hierzu hatte Mursi bereits im August 2012 ein Viererbündnis zwischen Ägypten, Iran, Saudi-Arabien und der Türkei initiiert, das aber noch weiter entwickelt werden soll.
Auch sollen die wirtschaftlichen Beziehungen zwischen Ägypten und der Türkei intensiviert werden. Die bisherigen türkischen Investitionen in Ägypten über 5 Milliarden Dollar sollen verdoppelt werden. Mursi führte aus, dass sich Vertreter verschiedener palästinensischer Fraktionen in der kommenden Woche zu Gesprächen in Kairo treffen würden. Gül lobte deshalb die Anstrengungen Ägyptens zur Lösung der Palästina-Frage.
In trilateralen Gesprächen mit Mahmud Ahmadinedschad wurde auch der Syrien-Konflikt behandelt.