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ÄGYPTEN

03.02.2013

Ägyptischer Präsident Mursi besucht Deutschland

Mit militärischen Ehren wurde der ägyptische Präsident Muhammad Mursi am Mittwoch, dem 30. Januar 2013, zu einem kurzen Staatsbesuch in der deutschen Hauptstadt empfangen. Es ist der erste Besuch Mursis seit seiner Wahl zum ägyptischen Präsidenten im Juni 2012.


Aufgrund der angespannten Lage in Ägypten war sein Besuch kürzer als geplant. So fanden nur die Treffen mit Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) und mit Außenminister Guido Westerwelle (FDP) sowie eine Veranstaltung der Körber-Stiftung statt. Die für den Donnerstag geplanten Treffen mit Bundespräsident Joachim Gauck und Vertretern des Bundestages fielen dagegen aus. Auch der ursprünglich geplante Staatsbesuch in Frankreich wurde verschoben.

Die politischen Erwartungen waren auf beiden Seiten hoch. Mursi erhoffte wegen der schlechten Wirtschaftslage in seinem Land, einen Schuldenerlass und Finanzhilfe für neue Entwicklungsprojekte zu erwirken. Nach Angaben der ägyptischen Nachrichtenagentur MENA ging es aber auch um die Verbesserung der bilateralen Wirtschaftsbeziehungen. So waren Gespräche mit etwa 200 ägyptisch-deutschen Geschäftsleuten Teil des Besuchsprogramms.

Von deutscher Seite wurden Verbesserungen der demokratischen Entwicklung in Ägypten erwartet. Hierzu sagte Claudia Roth (Grüne): "Mursi trägt als frei gewählter Präsident eine Verantwortung für alle Ägypter. Er muss sich für die Einbeziehung der Opposition, für gleiche Rechte, Gewaltlosigkeit und eine Verbesserung der sozialen Lage einsetzen."

Themen des Gesprächs zwischen Mursi und Merkel waren mögliche Wege zu einem demokratischen Fortschritt in Ägypten sowie die Waffenruhe zwischen Israel und Palästina.

Pressekonferenz
In seiner Rede in der anschließenden Pressekonferenz betonte Mursi die freundschaftliche Natur im Verhältnis zwischen Deutschland und Ägypten. Er mahnte aber auch, dass es "keine Einmischung in interne Angelegenheiten" geben dürfe. Er führte aus, dass Ägypten nun ein Rechtsstaat sei, der nicht mehr vom Militär regiert würde, und er versprach Demokratie, Rechtsstaatlichkeit, Religionsfreiheit sowie die Trennung von Staat und Religion. Seiner Meinung nach trügen gute wirtschaftliche Entwicklung zu politischer Stabilität bei. Bezug nehmend auf die politische Lage in seinem Land betonte er, dass der von ihm ausgerufene Notstand nur eine temporäre Maßnahme sei.

Zum wiederholten Male versuchte Mursi seine Charakterisierung der Juden zu verteidigen, da die Zitate aus dem Zusammenhang gerissen seien. In einem TV-Interview mit Memri TV vom 23. September 2010 hatte er die israelischen Besatzer als "Blutsauger" und "Nachfahren von Affen und Schweinen" bezeichnet, was allerdings keine Verurteilung der Juden oder der jüdischen Religion an sich bedeutet habe.

Bundeskanzlerin Merkel forderte ungewöhnlich deutlich die Einhaltung der Menschenrechte und das Recht auf religiöse Pluralität. Ägypten müsse hierfür in Vorleistung treten: "Jetzt kommt es darauf an, dass die Arbeit, die noch getan werden muss, auch getan wird", sagte Merkel. Für die politische Entwicklung Ägyptens entwickelte sie Szenarien. "Ich habe deutlich gemacht, dass wir uns ein Gelingen des ägyptischen Transformationsprozesses wünschen sowie dass der Gesprächsfaden mit allen politischen Kräften immer vorhanden ist, dass die Menschenrechte in Ägypten eingehalten werden und Religionsfreiheit gelebt werden kann." Dann fügte sie noch hinzu: "Ich wünsche mir, dass die Entwicklung in Ägypten friedlich sein kann und allen demokratischen Kräften freien Raum gibt."

Auf den gewünschten Schuldenerlass von 240 Millionen Euro, den Deutschland Ägypten in Aussicht gestellt hatte, und auf Projekte der deutschen Entwicklungszusammenarbeit ging Merkel nicht ein.

Proteste während des Staatsbesuchs
Die bilateralen Gespräche wurden von vier Demonstrationen begleitet, zu denen unter anderem Amnesty International und koptische Christen aufgerufen hatten. Demonstranten von Amnesty International trugen Bildnisse der ägyptischen Königsgemahlin Nofretete mit Gasmaske und blutigen Verbänden. Nach Angaben der Polizei verliefen die Proteste ruhig.

Amnesty International bat zudem Merkel in einem Brief, von Mursi eine vollständige Untersuchung der Verfehlungen von Polizei und Militär während der jüngsten Demonstrationen und ein Ende der Militärgerichtsbarkeit über Zivilisten einzufordern. An Merkel erging außerdem die Forderung zu einem vollständigen Lieferstopp für alle Arten von Waffen nach Ägypten.

Diskussionsrunde der Körber-Stiftung
Um 18 Uhr hatte die Körber-Stiftung zu einer Diskussionsrunde in Berlin geladen. SPIEGEL-Chefredakteur Georg Mascolo stellte dem Staatsgast Mursi brennende Fragen der Zuhörerschaft. Das Publikum lernte nun einen anderen, eher undiplomatischen Mursi kennen.

Mascolo konfrontierte den Gast gleich zur Beginn der Diskussionsrunde mit der Äußerung über Israel, mit der er weltweit für Irritationen gesorgt hatte. Mursi war sichtlich genervt, dass zum wiederholten Mal die Frage nach seiner Charakterisierung der Juden aufkam. Er entschuldigte sich aber nicht. Er versuchte sich zu rechtfertigen, indem er das Recht der Palästinenser auf einen eigenen Staat einforderte und die Menschenrechtsverletzungen Israels anprangerte.

In der weiteren Diskussion wies er jede Verantwortung für die derzeitige Staatskrise Ägyptens von sich. Für diese Krise seien "Vertreter des alten Regimes und unbekannte gewaltbereite Gruppen verantwortlich, die Regierung nicht."

Ergebnisse des Staatsbesuchs
Insgesamt gesehen sind die Erfolge eher gering. Den erhofften Schuldenerlass von 240 Millionen Euro konnte Mursi nicht mit ins Gepäck nehmen.

Neben dem Gespräch zwischen Mursi und Merkel gab es aber auch ein Gespräch zwischen dem deutschen Bundesminister für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, Dirk Niebel, und dem ägyptischen Minister für Planung und internationale Kooperation, Ashraf el-Arabi. In diesem Gespräch gab Niebel seine Besorgnis über die politische und wirtschaftliche Situation in Ägypten zum Ausdruck. In einer Presseerklärung vom 1.Februar teilte Ashraf el-Arabi mit, dass Deutschland 354 Millionen Euro für Projekte zur Trinkwasseraufbereitung und Abwasserbehandlung, zur Abfallentsorgung, im Energiesektor sowie für die Bildung bereitstellen würde.

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