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Dutzende sterben bei Brand in tunesischem Gefängnis
Tunesien kommt nicht zur Ruhe. Zwar hat der bisherige Präsident Zine el Abidine Ben Ali das Land verlassen und ist ins Exil nach Saudi-Arabien gegangen, doch zu einer Beruhigung der Lage in Tunesien hat dies bislang nicht geführt. Seit gestern herrscht im ganzen Land Ausnahmezustand, und ein Versammlungsverbot ist angeordnet, dennoch zogen gestern marodierende Gruppen durch die Straßen der tunesischen Hauptstadt. Vereinzelt kam es zu Plünderungen, öffentliche Gebäude und Supermärkte wurden verwüstet und in Brand gesteckt. Medien berichteten, dass es auch am Bahnhof der Stadt brenne. Das Zentrum von Tunis wurde von Militäreinheiten besetzt, Panzer fuhren auf der Bourguiba Avenue auf. Kontrollpunkte und Straßensperren wurden errichtet.
In Monastir, bekannt als beliebtes Ziel für Touristen, zündeten Häftlinge Matratzen in ihren Zellen an, um so ihre Freilassung zu bewirken. Doch das Feuer breitete sich rasch aus und das Wachpersonal schoss auf die Fliehenden. Nach amtlichen Angaben wurden 42 Häftlinge durch das Feuer getötet, Ärzte sprechen von bis zu 60 Toten, von denen auch einige durch Schussverletzungen gestorben seien. Weniger schwere Folgen hatte ein weiterer Gefängnisbrand in Kasserine. Hier konnten nach Augenzeugenberichten die meisten Häftlinge rechtzeitig fliehen. In Madia soll es zu einer Massenflucht aus einem Gefängnis gekommen sein. Wie Reuters unter Berufung auf Augenzeugen berichtete, wurden dabei Dutzende von fliehenden Häftlingen von Polizisten erschossen.
Unklar ist auch, wer das Land derzeit führt. Die Opposition hatte die Übertragung der Amtsgeschäfte von Ben Ali an Ministerpräsident Mohamed Ghannouchi kritisiert. Der Verfassungsrat hat inzwischen jedoch den 77-jährigen Foued Mbazaa zum Übergangspräsidenten ernannt und vereidigt. Die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel fordert Mbazaa zu einem Neuanfang auf. "Gehen Sie auf die protestierenden Menschen zu und führen Sie wirkliche Demokratie ein", appellierte Merkel. EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton, ermahnte "alle Parteien, Zurückhaltung zu zeigen und Ruhe zu bewahren, um weitere Opfer und Gewalt zu vermeiden" und forderte zum Dialog auf.
Deutsche Reiseveranstalter holen nun alle deutschen Urlauber aus dem nordafrikanischen Land zurück. Der Reiseveranstalter Thomas Cook setzte am Samstag, den 15. Januar acht Sonderflüge an, um die restlichen etwa 1.800 Touristen zurückzuholen, die mit dem Unternehmen nach Tunesien gereist waren. Der Reiseveranstalter TUI begann ebenfalls mit der Rückholung.
Die Ereignisse in Tunesien habe zahlreiche weitere arabische Staatsführer in Unruhe versetzt. Der Westen toleriert Defizite bei der Demokratie, weil diese Staatsführer als Bastionen gegen Islamisten gesehen werden, doch wirtschaftliche Probleme und eine unzufriedene Jugend sorgen für politischen Druck. Auch in Algerien gingen junge Menschen als Zeichen ihres Protests gegen Preiserhöhungen auf die Straße. Eilig kündigte die algerische Regierung eine Senkung der Lebensmittelpreise an, um die Proteste zu besänftigen. Auch in Ägypten und Jordanien gärt es. Die Probleme sind überall in Nordafrika und im arabischen Raum ähnlich: Jugendarbeitslosigkeit, steigende Energie- und Lebensmittelpreise. Die politischen Führungen dieser Länder genießen nicht mehr das Vertrauen der Jugend. Korruption und Vetternwirtschaft sind an der Tagesordnung. Auch der libysche Staatschef Gaddafi hegt wenig Sympathie für die Revolte in Tunesien. Er sagte, er sei "schmerzhaft berührt" von dem, was in Tunesien geschehe. Tunesien habe sich jetzt "in ein Land verwandelt, das von Banden regiert wird". Gaddafi ist selbst seit 40 Jahren an der Macht. Verwandte Texte:
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