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TUNESIEN

14.01.2011

Tunesien: Präsident nach Verhängung des Ausnahmezustandes zurückgetreten

Präsident Zine el-Abidine Ben Ali ist am Freitagnachmittag zurückgetreten. Das gab der bisherige Ministerpräsident Mohamed Ghannouchi, der zuvor mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt worden war, in einer Fernsehansprache an die Bevölkerung bekannt. Er übernahm übergangsweise unter Berufung auf Artikel 56 der Landesverfassung auch die Funktion des Präsidenten. Unklar ist, ob er selbst über die Zeit seiner Interimsregierung hinaus im Amt bleiben will. Ben Ali setzte sich ins Ausland ab. Nach einem bisher unbestätigten Bericht des arabischen Nachrichtenportals Al Jazeera bestieg der Präsident nach Angaben der maltesischen Flugsicherung eine Maschine nach Frankreich.

Der Machtkampf zwischen dem tunesischen Staat und den demonstrierenden und protestierenden Menschenmassen eskalierte am Freitagnachmittag dramatisch. Nach einer Ansprache des Präsidenten am Donnerstagabend, in der er weitgehende Zugeständnisse an die Demonstranten machte, spitzte sich die Situation am Freitag weiter zu. Unter anderem hatte der Präsident das Demonstrationsverbot aufgehoben und die Sicherheitskräfte angewiesen nicht mehr auf Demonstranten zu schießen. Erneut gingen am Freitag zehntausende Menschen auf die Straße und forderten mit Parolen wie "Ben Ali - raus" oder "Ben Ali - Mörder" den Rücktritt des Präsidenten, berichtet das Schweizer Fernsehen. Die Demonstrationen der vergangenen Tage entwickelten sich zu einem regelrechten Volksaufstand.

Daraufhin verhängte Präsident Ben Ali am Nachmittag den Ausnahmezustand über ganz Tunesien. Die Regierung von Ministerpräsident Ghannouchi wurde entlassen. Ghannouchi wurde vom Präsidenten mit der Bildung einer Übergangsregierung beauftragt, die innerhalb der nächsten sechs Monate Parlamentswahlen organisieren soll. Das Militär rückte aus, um den Flughafen zu sichern. Augenzeugen berichteten von gepanzerten Fahrzeugen am Flughafen. Der Flugbetrieb ist unterbrochen, der Luftraum über Tunesien gesperrt.

Der Ausnahmezustand verbietet Versammlungen von mehr als drei Personen. Die Ausgangssperre gilt zwischen 18 Uhr und 6 Uhr morgens. Die Sicherheitskräfte erhielten die Erlaubnis auf Demonstranten zu schießen, sollten sich diese den Anweisungen der Sicherheitsorgane widersetzen. In der Hauptstadt gingen Sicherheitskräfte mit Tränengas gegen Demonstranten vor.

Die Demonstrationen hatten sich seit rund vier Wochen an der hohen Arbeitslosigkeit und hohen Lebensmittelpreisen entzündet. Im Laufe der Zeit entwickelten sich die Demonstrationen jedoch immer stärker zu einem politischen Protest gegen die Regierung und den autokratischen Regierungsstil des Präsidenten, der seit 1987 an der Macht ist und die freie Meinungsäußerung und eine freie Berichterstattung der Presse unterdrückt. In den letzten Tagen waren bei Zusammenstößen zwischen den Demonstranten und den Sicherheitskräften nach offiziellen Angaben 23 Menschen getötet worden. Die Opposition geht von 79 Getöteten aus.

Nach der Rede des außer Landes geflohenen Präsidenten am Donnerstag war die Zensur über die Medien aufgehoben worden. Erstmals war das Internet frei zugänglich. Unabhängige Journalisten berichteten unzensiert.

Der deutsche Reiseveranstalter Thomas Cook reagierte am Freitagnachmittag mit der Absage aller Flüge nach Tunis und der Ankündigung, Urlauber mit Sondermaschinen aus Tunesien auszufliegen. Zurzeit befinden sich rund 2.000 Touristen, die mit Thomas Cook geflogen sind, in Tunesien. Wie der Reiseveranstalter auf seiner Internetseite am späten Nachmittag erklärte, befänden sich die ersten rund 230 Gäste von Neckermann Reisen, Thomas Cook, Bucher Last Minute und Air Marin auf dem Rückflug nach Deutschland. Am späten Abend landeten in Berlin und Düsseldorf drei Flugzeuge mit insgesamt 114 Urlaubern aus Tunesien. Weitere Rückholflüge sind für die nächsten Tage geplant. Der Touristikkonzern TUI erklärte, alle Flüge nach Tunesien seien bis 17. Januar gestoppt worden. Die Gäste in Tunesien würden zurzeit kontaktiert. Rund 1.000 Gäste des Veranstalters sollen so schnell wie möglich zurück nach Deutschland geflogen werden. Beide Touristikunternehmen erklärten, ihre Kunden könnten bis zum 24. Januar geplante Flüge nach Tunesien kostenlos umbuchen oder stornieren. Insgesamt sollen sich zwischen 6.000 und 8.000 Gäste deutscher Reiseveranstalter in Tunesien aufhalten.

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