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POLITIK

17.02.2012

Bundespräsident Wulff tritt zurück

Bundespräsident Christian Wulff hat heute kurz nach 11 Uhr an seinem Amtssitz in Schloss Bellevue nach 598 Tagen im Amt seinen Rücktritt erklärt. In seiner Erklärung, die Wulff in Begleitung seiner Frau abgab, sagte Wulff, dass er sein Amt nicht mehr ausüben könne, weil eine breite Mehrheit der Bevölkerung ihm nicht mehr vertraue.


Wulff sagte, er habe die Wahl zum Bundespräsidenten gerne angenommen und sich mit ganzer Kraft dem Amt gewidmet. Es sei ihm ein Herzensanliegen, die Integration und den Zusammenhalt der Gesellschaft zu stärken. Deutschland brauche einen Präsidenten, der sich uneingeschränkt diesen und anderen nationalen sowie den gewaltigen internationalen Herausforderungen widmen könne und der von breitem Vertrauen getragen werde. "Die Entwicklung der vergangenen Tage und Wochen hat gezeigt, dass dieses Vertrauen und damit meine Wirkungsmöglichkeiten nachhaltig beeinträchtigt sind. Aus diesem Grund wird es mir nicht mehr möglich, das Amt des Bundespräsidenten nach innen und nach außen so wahrzunehmen, wie es notwendig ist. Ich trete deshalb heute von dem Amt des Bundespräsidenten zurück, um den Weg zügig für die Nachfolge frei zu machen." Wulff zeigte sich zuversichtlich, dass die weiteren Ermittlungen seine vollständige Entlastung ergeben würden.

Bundeskanzlerin Angela Merkel würdigte die Arbeit Wulffs in einer Erklärung vor der Bundespressekonferenz: "Christian Wulff hat uns wichtige Impulse gegeben und deutlich gemacht, dass die Stärke dieses Landes in seiner Vielfalt liegt. Diese Anliegen werden mit seinem Namen verbunden bleiben." Wulff und seine Ehefrau hätten die Bundesrepublik im In- und Ausland würdig vertreten. Merkel stellte fest, Wulff habe seine Überzeugung, immer korrekt gehandelt zu haben, hinter das Amt zurückgestellt. Dafür zolle sie ihm Respekt. Sie kündigte an, nach Beratungen der Koalition mit SPD und Bündnis 90/Die Grünen zu sprechen, um einen gemeinsamen Kandidaten vorzuschlagen. Die Linken nannte Merkel in diesem Zusammenhang nicht.

Wulff war zurückgetreten, nachdem die Staatsanwaltschaft Hannover gestern die Aufhebung der Immunität des Bundespräsidenten beantragt hatte. Nach ihrer Ansicht ist nach Überprüfung neuer Unterlagen ein Anfangsverdacht auf Vorteilsannahme sowie Vorteilsgewährung gegeben.

Es geht dabei um einen Sylt-Urlaub, den der Bundespräsident im Jahr 2007 mit Ehefrau und dem Berliner Filmfonds-Manager David Groenewold verbracht hat. Die Suite hatte pro Nacht 258 Euro gekostet und wurde von Groenewold bezahlt. Groenewold hatte vor drei Wochen in dem Hotel angerufen und die Geheimhaltung dieses Vorgangs verlangt. Wenig später seien ihm vom Hotel Anreiselisten, Meldescheine und Verzehrquittungen ausgehändigt worden. Der Rechtsanwalt des Bundespräsidenten, Gernot Lehr, ließ dazu verlauten, Wulff habe dem Freund das Geld später bar wieder gegeben. Seit 66 Tagen sieht sich Christian Wulff immer neuen Vorwürfen ausgesetzt. Beispielsweise soll der Filmfonds-Manager bei einem Hotelaufenthalt in München die Kosten für ein Kindermädchen vorgestreckt haben; auch hier soll das Geld in bar von Wulff wieder beglichen worden sein. Angefangen hatte es mit einem Bericht der Bildzeitung, in dem über einen umstrittenen Kredit berichtet wurde, den Wulff angeblich von der Ehefrau eines befreundeten Unternehmers zur Finanzierung eines Hausbaus erhalten hatte.

Als Christian Wulff noch Ministerpräsident des Landes Niedersachsen war, übernahm das Land Niedersachsen eine Bürgschaft für eine von Groenewold gegründete Firma.

Nach dem Rücktritt wird der derzeitige Bundesratspräsident Horst Seehofer (CSU) das Amt in Vertretung übernehmen, bis die Bundesversammlung zusammentritt und einen Nachfolger wählt. Nach 30 Tagen muss ein neuer Präsident gewählt worden sein. Wolfgang Kubicki, Spitzenkandidat der FDP in Schleswig-Holstein, bezeichnete den Rücktritt als "längst überfällig". Der Hamburger Erzbischofs Werner Thissen zu den Geschehnissen: "Was bedeutet es für unsere staatsbürgerliche Reife in Deutschland, wenn zuerst ein Bundespräsident viel zu früh zurücktritt und dann sein Nachfolger viel zu spät? Es ist bedauerlich, dass erst durch ein Handeln der Staatsanwaltschaft der Rücktritt erfolgt ist."

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