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POLITIK

21.06.2009

Teheran: Behörden gehen mit Gewalt gegen Demonstrationen vor

Auch eine Woche nach dem Ausbruch der Proteste hält der Widerstand gegen das Ergebnis der Präsidentschaftswahl vom 12. Juni 2009 an. Am Freitag hatte der religiöse Führer und Staatsoberhaupt Ali Chamenei in einer Rede die Zweifel an dem Wahlergebnis zurückgewiesen und die Anhänger der untelegenen Kandidaten deutlich vor weiteren Demonstrationen gewarnt. Im Zentrum der iranischen Hauptstadt ging die Polizei mit Tränengas und Wasserwerfern vor, teilweise knüppelten die Einsatzkräfte mit Schlagstöcken auf etwa 3.000 Demonstranten ein. Es sollen auch Warnschüsse gefallen sein. Berichten zufolge wurden bis zu 60 Verletzte Demonstranten in das Imam-Chomeini-Krankenhaus gebracht. Seit Beginn der Proteste wurden mindestens zehn Personen getötet, Menschenrechtsorganisationen zufolge bis zu dreißig.

Das Innenministerium hat Demonstrationen im ganzen Land verboten und die Polizei erklärte, "von sofort an hart und entschlossen" vorgehen zu wollen. Zehntausende von Polizisten und Revolutionsgardisten waren am Samstag in Teheran im Einsatz, um Demonstrationen zu unterbinden. Die "Grüne" Revolution hat dadurch an Momentum verloren. Das Gelände der Universität wurde von der Polizei abgeriegelt. Einheiten von Polizei und Basidsch-Milizen besetzten alle größeren Plätze.

Der Wächterrat entschied unterdessen, zehn Prozent der Wahlurnen nachzählen zu lassen. Mir Hossein Mussawi, einer der unterlegenen Kandidaten hat inzwischen einen Brief an den Wächterrat veröffentlicht, in dem er den Vorwurf erhob, das Ergebnis der Wahl, die den Amtsinhaber Mahmud Ahmadinedschad bestätigt, sei schon Monate im voraus geplant gewesen. Sowohl Moussawi als auch Mehdi Karroubi nahmen nicht an einer Sitzung mit dem Wächterrat teil, bei der es um die 646 Beschwerden über Unregelmäßigkeiten bei der Wahl ging.

Den bei der Wahl unterlegenen Kandidaten wurden inzwischen angedroht, man werde sie zur Verantwortung ziehen, wenn ihre Anhänger weiter demonstrieren. Moussawi erklärte dabei, er werde im Rahmen seines Kampfes um das Wahlergebnis zum Märtyrer zu werden, falls nötig. Auch in der Nacht vom Freitag zum Samstag ertönten wieder Rufe "Tod dem Diktator!" und "Allahu akbar!" von den Dächern der Hauptstadt.

An Demonstrationen von Exiliranern in der ganzen Welt nahmen Tausende teil, auch in Deutschland. Vom amerikanischen Fernsehsender CBS zur Situation befragt, erklarte US-Präsident Barack Obama seine Besorgnis über "Tenor und Tonfall" der Erklärung Chameneis. Barack verlangte vom Iran, "jegliche Akte der Gewalt und der Ungerechtigkeit gegen das eigene Volk" zu beenden, die "ganze Welt schaut zu." Nach Obama müsse das Recht auf Versammlungs- und Meinungsfreiheit beachtet werden.

Unweit des Imam-Chomeini-Schreins wurde nach Angaben des staatlichen Fernsehens ein Selbstmordanschlag verübt. Dabei wurden der Attentäter und eine weitere Person getötet sowie acht Personen verletzt wurden. Die Stätte gilt vielen Iranern als Heiligtum. Da die Bewegungsfreiheit ausländischen Journalisten beschnitten wurde, konnte dieser Bericht nicht bestätigt werden. Inzwischen verbreitete sich über Twitter die vielfach im Ausland weitergeleitete Nachricht, dass die Explosion am Schrein vom Regime inszeniert worden sei und "nicht das [Werk] von Terroristen". Die Weiterleitung von Tweets erschwert die Rückverfolgung. Viele Neuigkeiten werden über Twitter verbreitet und erst später von Nachrichtenagenturen gemeldet. Am Samstag waren unter den Tausenden von Tweets auch Meldungen, dass es zu blutigen Gefechten komme, die Straßen seien "voll von Steinen und Feuer", anderere Tweets sprechen davon, dass Anwohner Flüchtende in ihren Hausfluren verbergen, oftmals auch Verletzte, die von der Polizei "brutal geschlagen" würden.

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