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ITALIEN

14.06.2011

Italien: vierfache Abstimmungsniederlage für Berlusconi

Mit einer vierfachen Niederlage endeten für Silvio Berlusconi die Referenden am 13. Juni. Die italienischen Wahlberechtigten waren aufgerufen, über die künftige italienische Atompolitik, die Privatisierung der italienischen Wasserversorgung und über das Gesetz zur Ausweitung der Immunität für Politiker abzustimmen. Die Volksabstimmungen wurden von der Mitte-Links-Opposition eingebracht und Berlusconi hatte die Wähler dazu aufgerufen, in diesen Referenden mit Nein zu stimmen. Vergeblich.

Italien hatte sich 1987, nach der Nuklearkatastrophe von Tschernobyl, von der Atomernergie abgewandt. Berlusconi hatte, wie auch Angela Merkel, eine Umkehr versucht. "Wir werden den Willen des Volkes voll umsetzen. Wenn die Wähler sprechen, kann man nur schweigen, ihnen zuhören, sie respektieren - das genau werden wir tun", räumte Berlusconi über seinen Pressesprecher die Abstimmungsniederlage ein. Doch sei es nicht um das politische Schicksal Berlusconis gegangen, sondern es habe sich um eine Abstimmung "zu ganz konkreten Fragen" gehandelt.

Giovanni Sartori, ein emeritierter Professor für Politologie an der Universität Florenz sagte gegenüber dem Wallstreet Journal, das Referendum sei eigentlich "eine Abstimmung gegen die Atomenergie gewesen. Doch durch seine Aufforderung an die Bürger, nicht zu den Urnen zu gehen, machte Berlusconi diese [Abstimmung] in eine Abstimmung gegen ihn selbst".

Viele Italiener sind zunehmend unzufrieden mit der Leistung der Regierung und insbesondere Berlusconi. Diesem wird vorgeworfen, Regierungsbefugnisse auszunutzen, um das Strafverfahren gegen ihn wegen eines Sex-Skandals mit minderjährigen Prostituierten zu behindern.

Die Wahlbeteiligung betrug 57 Prozent, deutlich mehr als die benötigten 50 Prozent. Die Abstimmungen selbst ergaben ein Ergebnis, das an Wahlergebnisse in totalitären Staaten erinnerte: Jeweils 95 Prozent der Abstimmenden stimmten für den Antrag der Opposition und verwarfen somit die von der Regierung verabschiedeten Gesetze. Die Regierung hatte auf verschiedene Weise die von der Opposition eingebrachten Volksabstimmungen behindert. Zunächst wurde der Abstimmungstermin nicht mit den Kommunalwahlen vor 14 Tagen zusammengelegt; die öffentlich-rechtliche Rundfunkanstalt RAI informierte kaum über die bevorstehenden Referenden. Um so wichtiger erwiesen sich für die Opposition soziale Netzwerke wie Twitter und Facebook sowie Blogger.

Die Abstimmungsniederlage ist die Fortsetzung einer Reihe von Wahlniederlagen des italienischen Ministerpräsidenten und seiner Partei Popolo della Libertà. Vor zwei Wochen erlitten die Regierungsparteien bei Kommunalwahlen in Cagliari, Neapel, Novara und Mailand eine herbe Niederlage. Der wichtigste Koalitionspartner von Berlusconi Partei, die Lega Nord, hatte dabei in ihrer Hochburg Mailand starke Verluste hinnehmen müssen. Deswegen rumort es nun in Berlusconis Koalition. "Wir sind es leid, Ohrfeigen zu bekommen", kritisierte Roberto Calderoli, Sonderminister für Vereinfachungen in der Gesetzgebung im Kabinett Berlusconi.

Die Mitte-Links-Parteien sind mit den Abstimmungsergebnissen zufrieden. Pierluigi Bersani von der Demokratischen Partei forderte Berlusconi zum Rücktritt auf. "Dieses Referendum markiert die Trennung von Volk und Regierung. An dieser Stelle hat die Regierung zu gehen und Neuwahlen auszuschreiben", sagte Bersani vor der Presse.

Die konservativem Parteien spielen die Niederlage herunter. Der italienische Verteidigungsminister Ignazio La Russa, einer der stärksten Fürsprecher Berlusconis, ist der Meinung, "die Tatsache, dass die Referenden das Quorum erreichten, ändert für die Regierung nichts".

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