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WISSENSCHAFT

08.02.2014

Der Physiker Sebastian Pflugbeil berichtet aus Fukushima

Ganz aktuell von der Situation in Japan - fast drei Jahre nach der Katastrophe in Fukushima - berichtete der Physiker Sebastian Pflugbeil im vollbesetzten Saal des Bremer Kulturzentrums Paradox, das sich in der Bernhardstraße neben der Lila Eule befindet. Pflugbeil hatte bereits nach der Tschernobyl-Katastrophe 1986 im Auftrag des Bundes der Evangelischen Kirchen in der DDR an einer Studie über Probleme der Kernenergiepolitik in der DDR mitgearbeitet. In seinem gestrigen Vortrag beschrieb er die restrikte Informationspolitik der japanischen Regierung. Auch auf mehrmalige Nachfrage aus dem Publikum musste er betonen, dass es kaum Informationen gebe. Die Statistiken der Krankenhäuser über Missbildungen bei Kindern seien ab 2011 nicht weitergeführt worden, so dass es keine Erkenntnisse darüber gebe. Aus vergleichenden Studien nach der Katastrophe von Tschernobyl ließen sich Vermutungen über die Folgen für die japanische Bevölkerung herleiten. So gebe es Hinweise, dass die Zahl der Totgeburten und die Fälle von Schilddrüsenkrebs zunehmen würden. Leider sei auch in Deutschland die Datengrundlage unzureichend. In Bayern gebe es mehrere Statistiken nach der Katastrophe von Tschernobyl.

Pflugbeil war mehrmals in Japan und hat in mehreren Orten die Radioaktivität gemessen. Einige hochrangige Vertreter in Politik und Wissenschaft würden die Situation verharmlosen und ähnlich wie damals in Tschernobyl einen Fortschrittsglauben an die Atomenergie propagieren. Über die Folgen der Radioaktivität werde die betroffene Bevölkerung nicht aufgeklärt - im Gegenteil gebe es abstruse Aussagen, dass die Strahlung einem gesunden Menschen nicht schaden könne oder Krankheiten durch eine "Strahlenphobie" ausgelöst würden. In Japan selbst sei es schwierig, mit kritischen Ärzten oder Politikern in Kontakt zu kommen.

Wie die Zukunft in Japan aussehe, sei ungewiss. Aufgrund der hohen Strahlung ist kein Zugang zu den Brennpunkten möglich. Gegenwärtig werde fieberhaft an einer Lösung gearbeitet. Doch die Kommunikation zwischen den teilweise internationalen Beratern sei problematisch. Gleichzeitig werde vom Landwirtschaftsminister propagiert, weiterhin Lebensmittel aus der Region um Fukushima zu kaufen - eine Werbung dazu wurde mit dem Auftritt von Schönheitsköniginnen begleitet. Pflugbeil vergleicht die Stimmung in Japan mit seinen eigenen Erfahrungen aus der DDR, wo es als unpatriotisch galt, wenn ein Kind sich weigerte, die von der Schule gespendete Milch zu trinken, nachdem die Eltern es gewarnt hatten, weil der Verdacht der radioaktiven Belastung bestand - 1986 war es Tschernobyl - heute sei es Fukushima.

Die Veranstaltung schloss mit dem Appell, die Wahrheit über die Atomenergie unter allen Menschen zu verbreiten und auf Alternativen hinzuweisen. Eine solche Alternative sei der Ausbau der erneuerbaren Energien. Dabei könne jeder Bürger vor Ort seinen Beitrag leisten. Am kommenden Freitag soll ein 75-minütiger Film gezeigt werden, der die Geschichte der Anti-Atombewegung in Deutschland dokumentiert.

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