"Schmeckt leicht. Belastet nicht. Ideal für zwischendurch." Mit diesem Werbeslogan bewirbt der Süßwarenhersteller Ferrero sein Produkt, das unter dem Handelsnamen "Milch-Schnitte" bekannt geworden ist. "Dreister Etikettenschwindel", so lautet das Urteil der Verbraucherschutzorganisation "foodwatch". Die Organisation weist darauf hin, dass eine Schoko-Sahnetorte weniger Kalorien enthält als die "Milch-Schnitte", die von bekannten Sportlern im Auftrag von Ferrero als "die kleine Mahlzeit für zwischendurch" angepriesen wird. Die "Milch-Schnitte" besteht laut foodwatch zu rund 60 Prozent aus Zucker und Fett. Foodwatch verlieh dem Produkt in diesem Jahr den "Goldenen Windbeutel" als Preis. Ferrero erklärte, man werde die "Auszeichnung" nicht annehmen.
Laut Verpackungsaufdruck empfiehlt ein "Institut für Sporternährung e.V." die in jedem Kühlregal in Deutschlands Supermärkten auffindbare "Milch-Schnitte" als Zwischenmahlzeit. Das gleiche Institut lobt auch "Nutella" als Brotaufstrich zum Frühstück. Sportler wie die amtierende Boxweltmeisterin im Fliegengewicht, Susianna Kentikian, oder die bekannten Profiboxer Vitali und Wladimir Klitschko wurden als Zugpferde für die Werbung eingekauft, um den Eindruck zu vermitteln, das Produkt sei kalorienarm und diene der körperlichen Fitness. Ferrero gelang es ebenfalls, den Deutschen Fußball-Bund (DFB) für die Werbung einzuspannen, für den Ferrero als Sponsor auftritt. Dem Fernsehzuschauer dürfte auch die Nutella-Werbung mit Fußballprofis der deutschen Nationalmannschaft in Erinnerung sein.
Wie das Unternehmen Ferrero am Freitag in Frankfurt am Main mitteilte, sieht man keinen Handlungsbedarf. Laut eigener Untersuchungen gäbe es "keine Hinweis darauf, dass die Verbraucher die Werbung für die Milchschnitte als irreführend empfinden".
Der Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ) teilt die Kritik von foodwatch an der "Milch-Schnitte". Verbandspräsident Wolfram Hartmann erklärte: "Durch solche Kampagnen macht sich die Lebensmittelindustrie mitschuldig daran, dass immer mehr Kinder an Übergewicht und Adipositas leiden und erhebliche Kosten im Gesundheitssystem entstehen."
Der Negativ-Preis "Windbeutel des Jahres", der dieses Jahr zum dritten Mal vergeben wurde, wird von Besuchern des Onlineportals von foodwatch per Abstimmung ausgewählt. 43,5 Prozent der Besucher entschieden sich für die "Milch-Schnitte" als größtem Etikettenschwindler. Auf den weiteren Plätzen für die Titelanwärter zum "Windbeutel des Jahres" von foodwatch folgen der Joghurt "Activia" von Danone und die "nimm2"-Bonbons von Storck.
Laut foodwatch kann Danone die Werbeversprechen nicht einhalten, mit denen ihr Joghurt angepriesen wird. Der Joghurt mache "gesunde Ernährung nicht leichter, nur teurer". In Blindtests zeigte sich: Placebos wirken effektiver.
Die "nimm2"-Werbespots suggerieren dem ahnungslosen Verbraucher Genuss ohne Reue: "Vitamine und naschen". Die Zugabe von Vitaminen zu den Zuckerbonbons sind laut foodwatch ein reiner "Marketingtrick". Die Werbung stellt auf "leckeren Fruchtsaft" ab, der in den Bonbons enthalten sei. Es handelt sich, so foodwatch, jedoch lediglich um 1,3 Prozent Fruchtsaftkonzentrat. 68,6 Prozent der Bonbons besteht aus Industriezucker. Tatsächlich erhöht sich für Kinder durch die Werbung das Risiko von Karies und Übergewicht.
2009 wurde der probiotische Joghurt Actimel mit dem Goldenen Windbeutel ausgezeichnet. (Bekannte Werbe-Ikone der Firma war der TV-Moderator Jörg Kachelmann bis zu seinem Vergewaltigungsprozess).