Nach dem vierten Cocktail fällt Safer Sex dem Alkohol zum Opfer

AIDS hat sein Stigma verloren. Das war früher anders: "Niemand wußte etwas Genaues, manche glaubten, sogar der Dampf in der Sauna könne den Virus übertragen", erinnert sich Filmemacher Rosa von Praunheim. Die Furcht von damals wich einer katastrophalen Unbeschwertheit: Der Zahl der Neuinfizierten im ersten Halbjahr 2006 ist etwa 50 Prozent höher als Ende der 90er-Jahre, korrigiert das Robert-Koch-Institut in Berlin die herrschende öffentliche Meinung. Viele wiegen sich in falscher Sicherheit, wenn der Sexualpartner des One-Night Stand gut gekleidet, stylish und selbstsicher auftritt.

Sex wird "unsafe" praktiziert, wenn Mann oder Frau keiner vermeintlichen "Randgruppe" angehören. Sexualforscher Werner Habermehl warnt: "Vor allem Heterosexuelle halten sich für unverwundbar, selbst wenn sie ein ausschweifendes Sexualleben führen." Dazu kommt das durch Medien vermittelte, verzerrte Bild, AIDS sei behandelbar und nicht mehr schicksalhaft tödlich. Andere Probleme wie die Angst vor Terror oder Arbeitslosigkeit haben AIDS aus dem öffentlichen Bewusstsein verdrängt. AIDS-Forscher Heiko Jessen erklärt, warum die Vorsicht mit der Zahl der Drinks dahin schmilzt und AIDS wieder Chancen gibt: "Eine Formel trifft auf alle zu, egal ob homo- oder heterosexuell: Dark, drunk, did not know what I did." (Original Pressetext)