Die Verwirkungsklausel (auch Kassatorische Klausel oder Privatorische Klausel) im Erbrecht führt dazu, dass der Erbe seinen Anspruch verliert, wenn er eine bestimmte Handlung setzt.
Rechtlich werden solche Klauseln als auflösende Bedingung gewertet. Der Erbe wird "Vollerbe" (mit allen Rechten und Pflichten). Der Bedachte verliert jedoch in weiterer Folge die Zuwendung, sobald er gegen die Verwirkungsklausel verstößt. Er wird enterbt mit der Folge, dass der ehemalige "Vollerbe" zum Vorerben wird. Mit dem Eintritt der Bedingung kommt eine Nacherbschaft zum Tragen.
Die Auslegung der Verwirkungsklausel kann unter Umständen erhebliches Konfliktpotential in sich bergen und den vom Erblasser hauptsächlich gewünschten Zweck, den Frieden unter den Erben nach seinem Tod zu gewährleisten, entgegenwirken.
Zielsetzung
Verwirkungsklauseln sollen
- den letzten und wahren Willen des Erblassers dauerhaft durchsetzen,
- Streitigkeiten unter den Erben vermeiden.
Es wird einem potentiellen Unruhestifter mit der Enterbung oder der Einsetzung auf den Pflichtteil gedroht (siehe auch Sozinische Klausel).
Deutschland
Im BGB selbst ist die Zulässigkeit dieser Klauseln nicht explizit geregelt. Sie werden aber sowohl von der Lehre als auch von der Rechtsprechung weitgehend für zulässig erachtet. Dies wird teilweise mit der Privatautonomie des Erblassers begründet.
Österreich
In Österreich ist im Erbrecht die Verwirkungsklausel ausdrücklich in §§ 720 öABGB geregelt. Die Verwirkungsklausel ist nach § 720 öABGB eine Anordnung des Erblassers, wodurch er dem Erben oder Legatar unter angedrohter Entziehung eines Vorteils verbietet, den letzten Willen zu bestreiten. Wird jedoch gemäß § 720 öABGB, zweiter Satzteil, nur die Echtheit oder der Sinn der Erklärung vom Erben angefochten, tritt die Wirkung der Verwirkungsklausel nicht ein. Lehre und Rechtsprechung in Österreich haben auch noch weitere Fälle herausgearbeitet, bei denen der Erbe sanktionslos gegen den Inhalt der Verwirkungsklausel vorgehen kann. Kann der Erbe erreichen, dass der Inhalt der Verwirkungsklausel vom Gericht als ungültig angesehen wird, kann er unter Umständen auch die Verwirkungsklausel selbst zu Fall bringen, obwohl dies ansonsten mit dem Verlust des Vorteils verbunden wäre.
Liechtenstein
In Liechtenstein wurden die Bestimmungen der §§ 720, 774 FL-ABGB aus den §§ 720, 774 öABGB rezipiert und sind wortgleich.
Beispiele
Geläufige Formulierungen in einem Testament sind z.B.: "
Wer sich gegen die Anordnungen in meinem Testament widersetzt ...", "
Wer Streit anfängt ...", "
Wer nach meinem Tod Unfrieden stiftet ..." oder "
Wer sich gegen mein Testament auflehnt ...", "
wenn ein Erbe dies und jenes tut bzw. nicht tut,
soll ..."
Literatur
Claudia Baumann, Erbrechtliche Verwirkungsklauseln, Heymann Verlag, Marburg 2009, Univ., Diss., 2008/2009, ISBN 978-3-452-27227-0