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RECHT

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Ab? ?Ubaida Muslim ibn Ab? Kar?ma

Ab? ?Ubaida Muslim ibn Ab? Kar?ma at-Tam?m? war ein islamischer Rechtsgelehrter, der während der späten Umayyadenzeit und frühen Abbasidenzeit eine führende Rolle in der ib?ditischen Gemeinde von Basra spielte und die sogenannten "Wissensüberbringer" (?amalat al-?ilm) in die verschiedenen Provinzen des islamischen Reiches aussandte, die dort die ib?ditische Lehre verbreiteten und an verschiedenen Orten eigene Imamate errichteten. Auch Ab? ?Ubaida selbst gilt den heutigen Ib?diten als Imam.

Eine der wichtigsten Quellen für das Leben Ab? ?Ubaidas ist das Kit?b as-Siyar von asch-Schamm?ch? (st. 1522) aus dem Dschabal Nafusa. Dieses schöpft seine Informationen wiederum aus einem früheren Werk, dem Kit?b des Ab? Sufy?n Mahb?b ibn ar-Ruhail, der Anfang des 9. Jahrhunderts als der letzte Imam der Ib?diten von Basra amtierte. Der maghrebinische ib?ditische Autor Ibn Sall?m (9. Jahrhundert) betrachtete Ab? ?Ubaida als die wichtigste ib?ditische Persönlichkeit nach Dsch?bir ibn Zaid al-Azd?. Die frühen ib?ditischen Quellen aus Oman messen ihm dagegen eine erheblich geringere Bedeutung zu. In nicht-ib?ditischen Quellen findet Ab? ?Ubaidas Wirken kaum Erwähnung.

Leben

Herkunft und frühe Jahre


Ab? ?Ubaida war iranischer Herkunft und Maul? des arabischen Stammes Tam?m. Der Name seines Vaters wird mit K?d?n, Karz?n oder K?r?n angegeben. Nach al-Dsch?hiz war Ab? ?Ubaidas Patron der bekannte Charidschit ?Urwa ibn ?Udaiya (st. nach 680), der nach der Schlacht von Siffin die Abspaltung der Charidschiten von ?Al? ibn Ab? T?lib betrieben hatte und Bruder des bekannten Charidschitenführer Mird?s ibn Udaiya war.

Ab? ?Ubaida verdiente seinen Lebensunterhalt als Korbmacher (qaff?f). In seiner Jugend besuchte er den Unterricht der Scheiche Dum?m ibn as-S??ib aus Oman, Dscha?far ibn as-Samm?k und Suh?r ibn al-?Abd. Nach asch-Schamm?ch? wurde er während der Statthalterschaft von al-Haddsch?dsch ibn Y?suf im Irak inhaftiert, nach dessen Tod im Jahre 714 aber wieder freigelassen.

Tätigkeit als Gemeindevorsteher und Gelehrter


Zusammen mit seinen früheren Lehrern Dum?m und Dscha?far und einem gewissen Ab? N?h S?lih ibn N?h ad-Dahh?n spielte er von nun an eine führende Rolle in der ib?ditischen Gemeinde von Basra. Das Verhältnis zu dem neuem umayyadischen Statthalter im Irak, Yaz?d ibn al-Muhallab, war dadurch relativ entspannt, dass dessen Schwester ??tika selbst der ib?ditischen Gemeinde angehörte.

Nach der maghrebinischen Tradition war es auch Ab? ?Ubaida, der 719 eine Delegation zu dem Kalifen ?Umar ibn ?Abd al-?Az?z sandte. Die Delegation hielt sich gerade zu dem Zeitpunkt am Hof auf, als ?Abd al-Malik, der Sohn des Kalifen, starb. Nach dem Tod von ?Umar ibn ?Abd al-?Az?z im Jahre 720 verschlechterte sich das Verhältnis zum Herrscherhaus jedoch wieder, weil der neue Kalif Yazid II. den Muhallabiden, die als Patrone der Ib?diten fungierten, feindlich gegenüberstand. In dieser Zeit nahmen einige Ib?diten, darunter auch Ab? ?Ubaidas Lehrer Dscha?far, an dem Aufstand des Yaz?d ibn al-Muhallab teil und opferten dabei ihr Leben.

Ab? ?Ubaida stand derartigen Aktionen reserviert gegenüber, weil er die Hoffnung hegte, die Kalifen zu seiner Lehre bekehren zu können, und außerdem fürchtete, dass ein "Auszug" (?ur??) wie derjenige der Azraqiten erneut zum Scheitern verurteilt sei. Asch-Schamm?ch? beschreibt Ab? ?Ubaida als einen Quietisten. Als er gefragt wurde, was ihn an einem "Auszug" hindere, wo doch alle seine Anhänger ihn unterstützen würden, soll er geantwortet haben: "Ich will das nicht". Er selbst tat sich in dieser Zeit vor allem als Rechtslehrer, Theologe und Mufti hervor und scharte Schüler aus verschiedenen Gebieten des islamischen Reiches um sich. Einer seiner wichtigsten Schüler war der aus Oman stammende Rab?? ibn Hab?b al-Far?h?d?, der nach seinem Tod die Führung der ib?ditischen Gemeinde von Basra übernahm.

Ab? ?Ubaidas Propagandanetzwerk


Nach dem Bericht von asch-Schamm?ch? war es die Ungeduld seiner Anhänger, die Ab? ?Ubaida dazu brachte, auch politisch aktiv zu werden. Allerdings wählte er nicht den Weg der offenen Rebellion, sondern entwickelte eine neue Form des "Hervortretens" (?uh?r), indem er nämlich Basra zum Zentrum einer Propagandabewegung machte, die nicht in der Stadt selbst, sondern an anderen Orten Aufstände vorbereiten sollte. Diese Aufstände sollten letztendlich ein universales ib?ditisches Imamat herbeiführen, das auf den Ruinen des Umayyadenstaates errichtet würde. Um sein Ziel zu erreichen, formte Ab? ?Ubaida sein Lehrkolleg in Basra, das mittlerweile von Studierenden aus den verschiedensten Gebieten des islamischen Reiches besucht wurde, in eine geheime Propagandazentrale um. Hierbei stand ihm ein anderer ib?ditischer Scheich namens Ab? Maud?d H?dschib at-T??? zur Seite, der eine zentrale Kasse (bait al-m?l) aufbaute, mit der das Unternehmen finanziert werden konnte, und auch die Versogung mit Waffen sicherte.

Um das Projekt vor den staatlichen Autoritäten geheimzuhalten, praktizierte Ab? ?Ubaida von nun an das Prinzip der "Geheimhaltung" (kitm?n). Der Unterricht wurde in einen Keller verlagert und vor der Tür eine Wache postiert, die beim Auftauchen von Fremden eine Eisenkette bewegte, so dass Ab? ?Ubaida bei drohender Gefahr Zeit hatte, den Unterricht zu unterbrechen und seine Arbeit als Korbmacher fortzusetzen. Innerhalb der von Ab? ?Ubaida geführten Gemeinschaft herrschte rigorose Disziplin. Ab? ?Ubaida schloss Gemeindemitglieder aus, wenn sie nicht mit seiner Lehre übereinstimmten, und bestimmte, wann sie den Haddsch machen durften. Insbesondere qadaritische Lehren duldete er nicht in ihren Reihen. Seine prädestinatianische Haltung begründete er mit dem Ausspruch: "Wer zugibt, dass Gott von den Dingen weiß vor ihrer Existenz, der hat auch die Vorherbestimmung anerkannt."

Als "Wissensüberbringer" (?amalat al-?ilm) wurden dann seine Schüler in Gruppen in die verschiedenen Provinzen des Reiches zurückgeschickt, um dort Anhänger zu sammeln und schließlich offen hervorzutreten. Jeder dieser Gruppen stellte Ab? ?Ubaida zwei Männer voran, von denen im Falle des Erfolgs jeweils der eine das Imamat bekleiden sollte und der andere das Kadi-Amt. Nach asch-Schamm?ch? entsandte er derartige Teams in den Maghreb, den Jemen, den Hadramaut, nach Oman und nach Chorasan. Offenbar gab es an einigen dieser Orten auch schon vorher ib?ditische Gemeinden, denn es wird zum Beispiel von einem ib?ditischen Missionar namens Salama ibn Sa??d in Qairaw?n berichtet, der eine Delegation von ?amalat al-?ilm zur Ausbildung bei Ab? ?Ubaida nach Basra schickte.

Die Errichtung von Imamaten


Ab? ?Ubaidas Propagandaanstrengungen hatten an mehreren Orten Erfolg. Während der Wirren der dritten Fitna (744-750) konnten an zwei Orten von ihm geführte Ib?diten erfolgreich Imamate errichten. Das erste Imamat war dasjenige von ?Abdall?h ibn Yahy? al-Kind?, genannt T?lib al-Haqq, der sich 746 im Hadramaut erhob und 747 Sanaa, die Hauptstadt Südarabiens, sowie Mekka und Medina einnehmen konnte. Asch-Schamm?ch? berichtet, dass sich in dieser Zeit auch der Alide ?Abdall?h ibn al-Hasan al-Muthann? an Ab? ?Ubaida wandte, um von ihm Unterstützung für einen geplanten Aufstand zu erhalten, Ab? ?Ubaida jedoch eine Zusammenarbeit mit ihm ablehnte. Nachdem 748 der Aufstand des T?lib al-Haqq von umayyadischen Truppen niedergeschlagen worden war, erhoben 750 Ib?diten in Oman, die mit Ab? ?Ubaida zusammenarbeiteten, einen Abkömmling des früheren omanischen Königshauses, al-Dschuland? ibn Mas??d, zum neuen ib?ditischen Imam. Auch dieses omanische Imamat brach allerdings schon kurze Zeit später wieder zusammen.

In den 750er Jahren kamen dann erneut mehrere Berber aus Tripolitanien zur Ausbildung nach Basra. Einer der ersten von ihnen war Ibn Mught?r aus dem Stamm der Naf?sa. Er kehrte noch vor 757 in sein Heimatdorf I?naw im Dschabal Nafusa zurück und wirkte dann dort als Mufti. Später wurden die drei Berber ??sim as-Sadr?t?, Ab? D?w?d aus Kebili, Ism???l ibn Dir?r aus Ghadames und der Perser ?Abd ar-Rahm?n ibn Rustam aus Qairaw?n nach Basra entsandt. Sie erhielten bei Ab? ?Ubaida fünf Jahre lang Unterricht, anschließend sandte er sie mit dem Auftrag, ein neues Imamat zu errichten, in ihre Heimat zurück. Als zukünftigen Imam gab er ihnen den Jemeniten Ab? l-Chatt?b al-Ma??fir? bei, der in Basra zu ihnen gestoßen war. Zusammengenommen, gelten die fünf Männer als die ?amalat al-?ilm, die eigentlichen ib?ditischen Apostel Nordafrikas. Ab? ?Ubaidas Plan wurde ausgeführt. Im Jahre 757 hielten die ib?ditischen Würdenträger Tripolitaniens in Saiy?d bei Tripoli ein geheimes Treffen ab, bei dem sie Ab? l-Chatt?b zum Imam erhoben.

Die ib?ditischen Stämme der Hauw?ra und Naf?sa eroberten daraufhin zusammen mit anderen Stämmen unter der Führung des neuen Imams ganz Tripolitanien einschließlich der Stadt Tripoli, die zum Sitz des Imamats wurde. Im Sommer 758 nahmen sie Qairaw?n ein, das sich damals im Besitz sufritischer Charidschiten befand. Zur Zeit seines Höhepunkt umfasste das Imamat des Ab? l-Chatt?b al-Ma??fir? neben Tripolitanien und Tunesien auch den Osten des heutigen Staates Algerien. Schon 761 wurde der Imam-Staat allerdings durch ein abbasidisches Heer zerstört, Ab? l-Chatt?b selbst fiel in der Schlacht. Einem anderen von Ab? ?Ubaidas "Wissensübermittlern", ?Abd ar-Rahm?n ibn Rustam, gelang es jedoch, in den Westen zu fliehen, die Stadt T?hert in seinen Besitz zu bringen und dort ein neues ib?ditisches Imamat zu begründen. Seine Nachkommen, die Rustamiden, herrschten bis zum Beginn des 10. Jahrhunderts über weite Teile Nordafrikas.

Sein Ende


Über das weitere Schicksal von Ab? ?Ubaida ist nicht viel bekannt, außer dass er einen Schlaganfall erlitten haben soll. Nach asch-Schamm?ch? starb er während der Herrschaft des abbasidischen Kalifen al-Mans?r (reg. 753-775).

Werke

  • Sendschreiben zur zakat-Praxis, das Ab? ?Ubaida an eine Diasporagemeinde gerichtet hat. Seine Echtheit wurde noch nicht untersucht. Behandelt wird die Frage, von wem der Zehnte (?u?r) einzuziehen und an welche bedürftigen Personen er zu verteilen ist. Manche sehen in der tripolitanischen Gemeinschaft des Ab? l-Chatt?b al-Ma??fir? den Adressaten des Schreibens. Der Text ist unter dem Titel Ris?lat Ab?-Kar?ma (sic!) f? z-zak?t li-l-im?m Abi-l-H?a???b al-Ma??fir? 1982 in Oman herausgegeben worden..

  • Die ib?ditische Literatur überliefert daneben noch verschiedene andere Briefe, die Ab? ?Ubaida und H?dschib at-T??? an die ib?ditischen Gemeinden in Tripolitanien und Oman gerichtet haben sollen.

  • Ab? ?Ubaida erstellte auch eine Sammlung von Hadithen, die er von seinen Lehrern Dsch?bir ibn Zaid, Dscha?far ibn as-Samm?k und Suh?r al-?Abd? erhalten hatte. Der Text ist jedoch verloren.

  • Seine Rechtsfragen unter dem Titel Mas??il Ab? ?Ubaida sind in bisher nicht geordneten Handschriften, deren Echtheit noch untersucht werden muß, erhalten. Er ist eine der wichtigsten Quellen des ib??itischen Rechtsgelehrten Bi?r ibn ??nim (? gegen 815) in dessen dreibändigem al-Mudawwana al-kubr?.

Literatur

  • Patricia Crone, Fritz Zimmermann: The Epistle of S?lim ibn Dhakw?n. Oxford: Oxford University Press 2001. S. 303-305.

  • Amr Ennami: Studies in Ibadhism (al-Ib???yah). Muscat: Sultanate of Oman, Ministry of Endowments & Religious Affairs 2008. S. 95-124.

  • Josef van Ess: Theologie und Gesellschaft im 2. und 3. Jahrhundert der Hidschra. Eine Geschichte des religiösen Denkens im frühen Islam. 6 Bde. Berlin: De Gruyter 1991-97. Bd. II, S. 193-198, 202-208.

  • Tadeusz Lewicki: Art. "al-Ib???ya" in The Encyclopaedia of Islam. New Edition Bd. III, S. 648a-660b, hier besonders 649b-651a.

  • Mub?rak Ibn-?Abdall?h Ibn-??mid ar-R??id?: al-Im?m Ab?-?Ubaida Ibn-Ab?-Kar?ma at-Tam?m? wa-fiqhuh?. ?al?anat ?Um?n: Ma??bi? al-Waf?? 1992. (Inaugural-Dissertation Universität Ez-Zitouna)

  • Ulrich Rebstock: Die Ib??iten im Ma?rib (2./8.-4./10. Jh.). Die Geschichte einer Berberbewegung im Gewand des Islam. Berlin 1983. Hier online verfügbar: menadoc.bibliothek.uni-halle.de/iud/content/titleinfo/308015

  • John C. Wilkinson: Ib??ism: Origins and Early Development in Oman. Oxford: Oxford University Press 2010. S. 166-177.

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