Heftige Reaktionen lösten Äußerungen zur Wirtschafts- und Migrationspolitik der Stadt Berlin gegenüber der Kulturzeitschrift Lettre International aus. In dem ausführlichen Interview des Themenheftes "Berlin auf der Couch - Autoren und Künstler zu 20 Jahren Mauerfall", das am 30. September erschienen ist, hatte Sarrazin gesagt, die Stadt Berlin sei "nicht elitär aufgestellt, sondern in ihrer Gesinnung eher plebejisch und kleinbürgerlich", belastet vor allem "von zwei Komponenten: der 68er-Tradition und dem West-Berliner Schlampfaktor." Thilo Sarrazin (SPD) ist ehemaliger Berliner Finanzsenator und sitzt heute im Vorstand der Deutschen Bundesbank.
Zur Einwanderungspolitik sagte er: "Türkische Wärmestuben" könnten die Stadt nicht voranbringen. Ferner schlug der Ex-Senator eine grundsätzliche Richtungsänderung in der Ausländerpolitik vor: "Jeder, der bei uns etwas kann und anstrebt, ist willkommen; der Rest soll woanders hingehen." Vor allem große Teile der arabischen und türkischen Einwanderer seien weder integrationswillig noch integrationsfähig. "Ich muss niemanden anerkennen, der vom Staat lebt, diesen Staat ablehnt, für die Ausbildung seiner Kinder nicht vernünftig sorgt und ständig neue kleine Kopftuchmädchen produziert." Es gebe auch das Problem, "dass 40 Prozent aller Geburten in der Unterschicht stattfinden." Sarrazins Vorstellung: "Generell kein Zuzug mehr außer für Hochqualifizierte und perspektivisch keine Transferleistungen für Einwanderer." Für Berlin sei seine Prognose aber düster, was diese Themen betreffe.
Diese Äußerungen veranlassten seinen Arbeitgeber, die Deutsche Bundesbank, dazu, "sich in Inhalt und Form entschieden von den diskriminierenden Äußerungen von Dr. Thilo Sarrazin zu distanzieren". Der Präsident der Bundesbank Axel Weber legte Sarrazin aufgrund seiner Äußerungen den Rücktritt aus dem Vorstand nahe. Es gehe um die "Glaubwürdigkeit der Bundesbank, die ein hohes Ansehen genieße". Zum Jahrestreffen 2009 des Internationalen Währungsfonds, der Weltbankgruppe und der G7-Finanzminister in Istanbul sah sich Weber aufgrund der Äußerungen Sarrazins erstmals genötigt, Personenschutz in Anspruch zu nehmen.
Der ehemalige SPD-Europaabgeordnete Vural Öger forderte Sarrazins Ausschluss aus der SPD. Der Berliner SPD-Ortsverband Alt-Pankow beantragte ein Parteiordnungsverfahren gegen ihn. Auch der SPD Politiker und Vorsitzende des Innenausschusses des Deutschen Bundestages Sebastian Edathy forderte Sarrazin zum Rücktritt vom Amt eines Vorstandes der Bundesbank auf und regte eine Überprüfung seiner SPD-Mitgliedschaft an.
Die Vereinte Dienstleistungsgewerkschaft bezeichnete Sarrazins Äußerungen über Ausländer in Berlin als "rechtsradikal" und warf ihm vor, dem Ansehen der Deutschen Bundesbank und den dort Beschäftigten zu schaden. Vertreter türkischer Organisationen protestierten. Das LKA Berlin nahm in Zusammenarbeit mit der Staatsanwaltschaft Ermittlungen wegen des Anfangsverdachtes auf Volksverhetzung auf, mit dem Ziel festzustellen, ob "die Grenzen der Meinungsfreiheit überschritten wurden und sich der Anfangsverdacht für einen strafbaren Inhalt ergibt" . Angeblich aus Protest bildete sich die "Vereinigte Migrantenpartei Deutschland". Hans-Olaf Henkel, ehemals BDI-Präsident, unterstützte Sarrazin dagegen nachdrücklich. Wer das Interview ganz gelesen hätte, müsse der Analyse Sarrazins beipflichten, so Henkel im Deutschlandfunk. Auch Ralph Giordano pflichtete Sarrazin inhaltlich bei, auch wenn er "andere Worte gewählt hätte".
Sarrazin entschuldigte sich für seine Äußerungen. Ihm sei es nicht darum gegangen, einzelne Volksgruppen zu diskreditieren. Vielmehr habe er "die Probleme und Perspektiven der Stadt Berlin anschaulich beschreiben" wollen.
Sarrazins Äußerungen im Interview wurden am 7. Oktober 2009 unter dem Titel "Nach Sarrazins Türken-Schelte: Was ist noch Klartext, was ist schon Vorurteil?" zum Thema der Sendung hart aber fair.