C6 MAGAZIN
-----------------------------------------------------------------------

GESUNDHEIT

00.00.0000

Navigierte Implantologie

Die navigierte Implantologie ist ein prothetisch-chirurgisches Hilfsverfahren in der Mund-Kiefer- und Gesichtschirurgie sowie der Zahnmedizin, das in der Planung und im operativen Vorgehen zum Setzen von Zahnimplantaten in den Kieferknochen angewendet wird. Als weitere deutschsprachige Bezeichnungen für dieses Verfahren wird der Begriff 3D-geplante und schablonengeführte Implantologie verwendet. Im englischsprachigen Raum sind die Begriffe navigated implantology, navigated surgery, guided-surgery, guided-implantology, computer-assist implantology oder computer-assist surgery gebräuchlich.

Prinzip der navigierten Implantation

Das Prinzip der navigierten Implantation von Zahnimplantaten beinhaltet, dass die Implantatposition sich streng nach der idealen Position des geplanten Zahnersatzes richtet (sogenanntes Backward-Planning). Das Ziel ist dabei eine möglichst präzise Positionierung des Zahnimplantats. Dies setzt folgende Bedingungen voraus:

  • Eine auf den jeweiligen Patientenfall bezogene ideale Form und Position der zu ersetzenden Zähne (Wax-up).

  • Eine radiologisch sichtbare Kopie des Wax-up in Form einer Scanschablone oder eine digital erstellte Zahnform an der gewünschten Implantatposition.

  • Eine präoperative, dreidimensionale Darstellung der Anatomie des OP-Gebiets in Form eines 3D-Röntgenbildes und darin eingeblendet die geplante prothetischen Versorgung.

  • Die virtuelle Planung einer optimale Implantatposition im Bezug zu der gewünschten Zahnform und -position.

  • Übertragung der virtuell geplanten Implantatposition in das OP-Gebiet mittels einer Führungsschablone.

Indikationen und Einschränkungen

Die Indikationen und Anwendungseinschränkungen für eine navigierte Implantation sind in den Guidelines der European Association of Osseointegration (EAO) sowie für den deutschsprachigen Raum in der S2-K-Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Zahn-, Mund- und Kieferheilkunde (DGZMK) festgehalten. Die meisten Indikationen beziehen sich auf eine Erweiterung der diagnostischen Möglichkeiten zur dreidimensionalen Darstellung der Kieferknochen und deren Nachbarstrukturen um vor allem bei einem geringen Knochenangebot oder dessen unklarer Darstellung in den konventionellen Aufnahmetechniken eine verbesserte Einschätzung des OP-Gebietes zu ermöglichen. Hinsichtlich jeder Röntgenuntersuchung muss das sogenannte ALARA-Prinzip (As Low As Reasonably Achievable) beachtet werden. Somit soll das bildgebende Verfahren mit der für die jeweilige Fragestellung geringstmögliche Strahlendosis bei suffizienter Abbildungsqualität gewählt und durchgeführt werden. Die Entscheidung für eine 3D-Planung und navigierte Implantation sollte zwingend vor dem Hintergrund erfolgen, dass der Nutzen einer 3D-Aufnahme für den Patienten die zu erwartende Mehrbelastung mit ionisierenden Strahlen überwiegt. Die Notwendigkeit eines Einsatz der navigierten Implantation hängt von der individuellen Patientensituation ab, aber auch von der Erfahrung des Operateurs.

Klinisches und dentaltechnisches Vorgehen

Wachsmodell


Die vom Zahntechniker zu Beginn der Therapie hergestellte Form der zu ersetzenden Zähne als Wachsmodell oder als digital erstellte Form in einem CAD-Programm wird als Wax-up bezeichnet. Es ist der wichtigste Bestandteil einer prothetisch geführten Implantatplanung. Die Darstellung des angestrebten Behandlungsergebnisses vor Beginn der Therapie ermöglicht es dem Zahnarzt, Oralchirurgen oder Kieferchirurgen, die Möglichkeiten und die Einschränkungen des Behandlungsfalles zu beurteilen und mit dem Patienten zu besprechen. Ausgehend von der angestrebten Form des späteren Zahnersatzes werden die Entscheidungen über die Anzahl und Position der benötigten Implantate getroffen. Auch die Frage, ob zusätzliche Maßnahmen zur Verbesserung des Implantatlagers (Knochenaufbau, Augmentationen) durchgeführt werden müssen, lässt sich durch ein Wachsmodell sicher und vorhersagbar beantworten.

3D-Bilddarstellung


Die Durchführung einer navigierten Implantation von Zahnimplantaten erfordert die Möglichkeit zur dreidimensionalen Bilddarstellung in Form eines Computertomogramms (CT) oder einer digitalen Volumentomografie (DVT).

Aufgrund der deutlich geringeren Kostenstruktur der DVT-Technik gegenüber CT-Systemen hat die Verbreitung der DVT in den chirurgisch-implantologisch tätigen Praxen deutlich zugenommen. Weiterhin wird eine Planungssoftware benötigt, die eine präoperative virtuelle Implantatpositionierung ermöglicht.

Planungssoftware


Die meisten Software-Versionen bildet nach der Übernahme der CT- oder DVT-Bilder diese in allen Ansichten und Querschnitten dreidimensional ab. Die Implantate können nun in Bezug auf den vorhandenen Kieferknochen und der geplanten Restauration in idealer Position platziert werden. Dabei ermöglichen hinterlegte Implantat-Datenbanken, dass diese in Typ, Durchmesser und Länge frei wählbar sind. Es können während und nach dem Setzen der Implantate alle Ansichten frei gedreht und aus allen Blickwinkeln betrachtet werden. Ein fast allen Systemen gemeinsames Tool ist die Darstellungs- und Markierungsfunktion der Verläufe des Nervus mandibularis. Einige Programme ermöglichen darüber hinaus die Integration von optischen Oberflächendaten (gescannte Modelle oder optische Abformungen) in die 3D-Röntgendaten.

Scanschablone und 3D-Bildgebung


Die Scanschablone dient zur Ermittlung des knöchernen Angebots am geplanten Implantationsort, sowie zur Beurteilung von Distanzen zu sensiblen Nachbarstrukturen wie Nerven-oder Gefäßverläufen im 3D-Röntgen. Sie wird analog zur Form des Wax-up aus bariumsulfathaltigem Kunststoff angefertigt. Wichtig ist in allen Fällen die sichere und stabile intraorale Abstützung der Schablone. Zur Abstützung geeignet sind die Restbezahnung oder bei vollständiger Zahnlosigkeit zusätzliche Abstützungen in Form von provisorischen Implantaten. Die Abstützung sollte in jedem Fall so gewählt werden, dass eine ungewollte Lageveränderung so sicher wie möglich ausgeschlossen werden kann. Neben der klassischen Herstellung der Führungsschablone aus Kaltpolymerisat auf einem Gipsmodell können auch CAD/CAM-basierte Systeme zum Einsatz kommen. Bei diesen Systemen wird das Wax-up digitalisiert oder kann direkt in der Software im Surface Tesselation Language (STL) -Dateiformat digital gestaltet werden (digitales Wax-up).

Anschließend erfolgt die Herstellung der Führungsschablone im sogenannten Rapid Prototyping (RPP) -Verfahren. Die Art der RPP-Herstellung variiert zwischen den einzelnen Systemen.

Referenzmarkierung (bariumsulfathaltige Steckbausteine, radioopake Glaskugeln etc.) sind zusätzlich in den meisten Scanschablonen enthalten um später in der Software eine Referenzierung durchführen zu können.

Virtuelle Implantatpositionierung


Der durch die 3D-Aufnahme gewonnene Datensatz (DICOM-Daten) wird in die Planungssoftware eingelesen. Nach der Aufbereitung des DICOM-Datensatzes (entfernen von Artefakten) erfolgt zunächst die Ausrichtung der in der Aufnahme abgebildeten Referenzkörper zu den entsprechenden Referenzkörpern in der Planungssoftware. Anschließend können die geplanten Implantate unter Berücksichtigung der anatomischen Gegebenheiten des Patienten und der angestrebten prothetischen Versorgung optimiert positioniert werden.

Herstellung der Führungsschablone


Die Überführung der virtuellen Implantatposition in eine Führungsschablone für die Implantatbohrer kann auf verschiedene Arten erfolgen. In der Regel verwenden die meisten Systeme sogenannte Positionierer. Die Scanschablone wird dabei auf einem schwenkbaren Bohrtisch montiert, der in seinem Neigungswinkel gegenüber der Bohr- und Positionierungshilfe für die Führungshülsen verändern kann. Analog zum zuvor generierten Koordinatensystem werden pro Implantat die entsprechenden Werte am Positionierer eingestellt und die Führungshülse für jedes Implantat zunächst gebohrt und dann verklebt. Alternativ kann die Bohrschablone auch vollständig im CAD/CAM Verfahren hergestellt werden. Entsprechende Schablonen werden entweder im Stereolithografie-Verfahren oder im 3D-Drucker hergestellt.

Schablonengeführte Implantation


Die Implantatinsertion kann unter bestimmten, günstigen Vorrausetzungen auch ohne die Freilegung des Kieferknochens (engl.: Flapless) durchgeführt werden. Nach der Positionierung der Führungsschablone werden die Bohrungen für die Zahnimplantate analog zur zurvor geplanten und in der Bohrschablone festgelegten Position durchgeführt. Dabei werden die Implantatformbohrer durch die Führungshülsen während des Bohrvorganges ausgerichtet. Zusätzlich zu den Bohrungen des Implantatlagers, kann auch die Implantatinsertion durch die Führungshülsen erfolgen, sofern das verwendete Implantatsystem dies vorsieht.

Genauigkeit 3D-geplanter Systeme

Medizinisch soll die navigierte durchgeführte Insertion (Einbringung) eines Zahnimplantats eine größere Genauigkeit in der Positionierung der künstlichen Zahnwurzel ermöglichen. Die meisten derzeit verfügbaren wissenschaftlich erhobenen Daten über die Abweichungen zwischen geplanter und erreichter Implantatposition sind in-vitro Untersuchungen (Laborstudien) an Modellen oder Humanpräparaten (Leichenteile). Oder es handelt sich um Untersuchungen zu Systemen, bei denen eine zeitgleiche Verfolgung der Position des rotierenden Instruments im Operationssitus (OP-Gebiet) durch eine optische Aufnahmemöglichkeit während des Eingriffs in Form einer röntgenologischen Überwachung erfolgt (sog. Tracking oder dynamische Systeme). Die Genauigkeit lässt sich mit der Abweichung zwischen der geplanten und der erreichten Implantatposition bei 3D-geplanten Systemen abbilden. Hierfür werden folgende räumliche Abweichungen definiert:

  • Horizontale Abweichungen am Eingangspunkt der Bohrung in das Implantatlager

  • Horizontale Abweichungen am Apex des Bohrers oder des Implantats

  • Vertikale Abweichungen der erreichten Implantatposition

  • Abweichungen in der Achse des Implantats oder des Bohrers

In einer Übersichtsarbeit der internationalen Literatur werden für schablonengeführte Systeme folgende Mittelwerte für zwei der oben genannten Abweichungsparameter genannt: Horizontale Abweichungen von 1,12 mm (Max. 4,5 mm) am Eintrittspunkt und 1,2 mm (Max. 7,1 mm) am Apex. Für die Abweichungen in der Vertikalen werden 0,23 mm (Max. 1,43 mm) angegeben und Abweichungen in der Angulation von 4,0 ° (Max. 20,43°). Neuere Studien, die die Genauigkeit von Führungsschablonen aus Kaltpolymerisaten untersuchten, kamen zu dem Ergebnis, dass mittlere Abweichung von 0,3-0,9 mm an der Implantatschulter und 0,5-0,9 mm am Apex auftraten. Mittlere Abweichungen in der Angulation betrugen 2,1° bis 4°.

Verwandte Texte:

RSS Feed Aktuelle Nachrichten als RSS-Feed


Magazin: Bildung, Panorama, Personen, Politik, Sport, Wissenschaft
Kultur: Filme, Kalender, Literatur, Musik, Charts, Netzwelt, Termine
Gemeinschaft: Forum, Gewinnspiele, Newsleter, Kontakt, Umfragen
Sonstiges: News, Fotos, Themen, C6 Archiv, RSS, Shop, Sitemap, Weihnachten
Rechtliches: Impressum, Haftungsausschluss

© 1998 - 2009 C6 MAGAZIN

Monatsthema
Nachrichten
Zuerst hatte der Norddeutsche Rundfunk am Freitag, den 20. November bekanntgegeben, dass Xavier Naidoo Deutschland beim Eurovision Song Contest 2016 vertreten solle, doch einen Tag später war alles anders. ... Lesen
Der US-amerikanische Präsidentschaftskandidat Ben Carson vertritt eine abenteuerliche Theorie über die ägyptischen Pyramiden: nach seiner Überzeugung dienten diese als Getreidespeicher. Diese Theorie verkündete er bereits im Jahre 1998 und ... Lesen
Fotogalerie
Galerie: Acapulco, MexikoAcapulco ist eine im Süden von Mexiko gelegene Küstenstadt direkt am Pazifik. Berühmt ist die Stadt vor allem für seine Klippenspringer. Man findet sie bei den Klippen La Quebrada. Sie springen zu ...
Termine
Deutschlandweit
24.04.Vollmond April 2024
08.05.Neumond Mai 2024
23.05.Vollmond Mai 2024
06.06.Neumond Juni 2024
22.06.Vollmond Juni 2024
05.07.Neumond Juli 2024
21.07.Vollmond Juli 2024
04.08.Neumond August 2024
19.08.Vollmond August 2024
03.09.Neumond September 2024
13.09.Freitag der 13. (September 2024)
Ticket-Shop  |  Weitere Termine