Liste mit Silben für dieNomenklatur monoklonaler Antikörper
Präfix
| Wirkungsbereich
| Ursprungsorganismus des Antikörpers
| Wortstamm
|
---|
| alt | neu | Bedeutung | | Bedeutung |
|
---|
variabel
| -anibi- | — | Angiogenese (inhibitor)
| -a- | Ratte
| -mab
|
-ba(c)- | -b(a)- | Bakterien
| -e- | Hamster
|
-ci(r)- | -c(i)- | Blutkreislauf
| -i- | Primaten
|
-fung- | -f(u)- | Fungi
| -o- | Maus
|
-ki(n)- | -k(i)- | Interleukin
| -u- | human
|
-les- | — | Läsion
| -xi- | chimär (human/fremd)
|
-li(m)- | -l(i)- | Immunsystem
| -zu- | humanisiert
|
-mul- | — | Stütz- und Bewegungsapparat
| -xizu-* | chimärer/humanisierter Hybrid
|
-ne(u)(r)- | -n(e)-* | Nervensystem
| -axo- | Ratte/Maus hybrid
|
-os- | -s(o)- | Knochen
|
-toxa- | -tox(a)- | Toxin
|
|
-co(l)- | -t(u)- | Darmkrebs
|
-go(t)- | Hodenkrebs
|
-go(v)- | Eierstockkrebs
|
-ma(r)- | Brustkrebs
|
-me(l)- | Melanom
|
-pr(o)- | Prostatakarzinom
|
-tu(m)- | verschiedene Tumore
|
-vi(r)- | -v(i)- | Virus
|
* in Diskussion seit Dezember 2009
|
Die Nomenklatur für monoklonale Antikörper ist eine Konvention zur Namensgebung monoklonaler Antikörper mittels generischer oder nicht-proprietärer Namen. Ein Antikörper ist ein Protein, welches in B-Zellen produziert und vom menschlichen Immunsystem sowie anderer Wirbeltiere verwendet wird, um spezifische fremde Objekte wie Bakterien oder Viren zu identifizieren. Als monoklonale Antikörper werden diejenigen bezeichnet, die in identischen Zellen - oft auch künstlich - produziert worden sind, und sich so gegen ein einzelnes Epitop ausrichten. Monoklonale Antikörper werden speziell in der Medizin in einem weiten Einsatzgebiet eingesetzt.
Diese Namenskonvention für monoklonale Antikörper wird sowohl von der World Health Organization International Nonproprietary Names (INN) als auch United States Adopted Names (USAN) für Pharmazeutika angewandt. Generell werden Wortstämme verwendet, um verschiedene Klassen von Medikamenten zu unterscheiden. Alle Namen von monoklonalen Antikörpern enden auf die Stammsilbe -mab. Im Gegensatz zu den meisten anderen Pharmazeutika verwendet die monoklonale Antikörpernomenklatur verschiedene vorangestellte Wortteile (Morpheme) abhängig je nach Struktur bzw. Funktion.
Bestandteile
Wortstamm
Der Wortstamm
-mab wird sowohl für monoklonale Antikörper als auch für deren Fragmente verwendet, solange diese mindestens eine variable Domäne (diejenige Domäne, welche das Ziel bindet) beinhalten. Dies trifft z.B. auf Antigen-Bindungsfragmente und Einzelkettenfragmente zu. Andere Teile des Antikörpers (wie z.B. Fc-Fragmente) verwenden jedoch unterschiedliche Nomenklaturen.
Ursprungorganismus der Antikörper
Der Wortstamm, der direkt der Silbe
-mab vorausgeht, lässt auf den tierischen Ursprung des monoklonalen Antikörpers schließen. Die ersten monoklonalen Antikörper wurden z.B. in Mäusen produziert (Wortstamm
-o-, zusammengesetzt als
-omab; gewöhnlich wurde hier die Hausmaus
Mus musculus verwendet) oder von anderen nicht-menschlichen Organismen. Weder INN noch USAN wurden jemals zur Benennung von Antikörper konsultiert, die aus Ratten (Silbe
-a-), Hamstern (
-e-) oder Primaten (
-i-) stammen.
Diese nicht-menschlichen monoklonalen Antikörper werden vom menschlichen Immunsystem als fremd erkannt und können daher auch schnell vom menschlichen Körper abgebaut werden, sie können Allergien auslösen, oder aber auch beides kann zutreffen. Um diese Reaktionen des menschlichen Immunsystems jedoch abzumildern, wurden Teile des Antikörpers mit humanisierten Aminosäurensequenzen ersetzt, oder reine menschliche Antikörper werden technisch hergestellt. Wird die konstante Region durch die humane Form ersetzt, spricht man von
chimären monoklonalen Antikörpern, gekennzeichnet durch die Silbe
-xi-. Teile der variablen Region können auch ersetzt werden, was als
humanisiert bezeichnet wird (
-zu-); normalerweise wird die ganze Sequenz mit Ausnahme der complementarity determining region (CDRs) ersetzt, die drei Schleifen der Aminosäurensequenz am äußersten Ende einer jeden variablen Domäne, die auch für die Bindung an das Ziel ausschlaggebend sind. Antikörper, die zu Teilen chimär, zu Teilen aber auch humanisiert sind, tragen die Silbe
-xizu-. Diese drei Silben kennzeichnen jedoch nicht die Fremdspezies. Der human/Maus chimäre Antikörper Basiliximab endet auf
-ximab ebenso wie der human/Makaken Antikörper Gomiliximab. Menschliche Antikörper verwenden
-u-.
Ratten/Maus Hybride können so verändert werden, dass sie die Bindungsstellen für zwei unterschiedliche Antigene erkennen. Diese Pharmazeutika, auch bekannt als
Tri-funktionelle Antikörper, führen die Silbe
-axo-.
Wirkungsbereich
Die Silbe, die dem Ursprungsorganismus vorausgeht, bezeichnet den Wirkungsbereich des monoklonalen Antikörpers. Beispiele für solche Wirkungsbereiche sind Tumore, Organsysteme wie z.B. der Blutkreislauf, oder Pathogene wie Bakterien oder Viren. Der Wirkungsbereich erlaubt jedoch keinerlei Rückschlüsse über die Wirkungsweise des Antikörpers im Körper. Therapeutische, prophylaktische und diagnostische Medikamente können mit dieser Nomenklatur nicht unterschieden werden.
In der ursprünglich entwickelten Namenskonvention bestanden die einzelnen Silben großteils aus einem Konsonanten, gefolgt von einem Vokal und wieder einem Konsonanten. Der letzte Buchstabe konnte auch übergangen werden, um die Aussprache zu erleichtern. Beispiele hierfür sind -ci(r)- für den Blutkreislauf, -li(m)- für das Immunsystem und -ne(r)- für das Nervensystem. Der letzte Buchstabe der Silbe wird für gewöhnlich ausgelassen, wenn die nächste Silbe mit einem Konsonanten beginnt (wie z.B. -zu- or -xi-), jedoch werden nicht alle Wirkungssysteme in deren Kurzform gebraucht. -mul- zum Beispiel wird niemals auf -mu- verkürzt, da bis dato keine chimären oder humanisierten Antikörper einen INN erhielten, die auf den Stütz- und Bewegungsapparat abzielen. Kombinationen von Silben für Wirkungsweise sowie für den Wirtsorganismus enden z.B. auf -limumab (Immunsystem, menschlich) oder -ciximab (Blutkreislauf, chimär, Konsonant r entfällt).
Neue und kürzere Silben für den Wirkungsbereich wurden im Jahre 2009 entwickelt und angepasst. Die Meisten bestehen aus einem Konsonanten plus einem Vokal, der aber entfällt, wenn auch die Silbe für den Wirtsorganismus mit einem Vokal beginnt. Humane Antikörper zum Beispiel, die auf das Immunsystem abzielen, erhalten den Namen -lumab anstelle der alten Nomenklatur -limumab. Einige Endungen wie -ciximab bleiben unverändert. Das alte System beinhaltete sieben Silben für Tumorziele - je nach Tumortyp. Weil jedoch viele Antikörper auf mehrere Tumortypen ansprechen, wird in der neuen Nomenklatur nur die Silbe -t(u)- verwendet.
Präfix
Dem Präfix kommt keine besondere Bedeutung zu, es soll jedoch eindeutig für jede Arznei sein sowie insgesamt einen
wohlklingenden Namen ergeben. Das bedeutet jedoch auch, dass Antikörper mit dem gleichen Zielbereich sowie aus dem gleichen Wirtsorganismus nur am Präfix unterschieden werden können. Antikörper, die auf das exakt gleiche Ziel ansprechen, tragen daher ein unterschiedliches Präfix (wie z.B.
Adalimumab und
Golimumab). Beide sind TNF-Blocker, unterscheiden sich jedoch in ihrer chemischen Struktur.
Namenszusätze
Ein zweites Wort kann dem Namen des Medikaments angefügt werden,. Dies kann mehrere Gründe haben:
- Ein Antikörper kann pegyliert sein (um den Abbau im Körper zu verlangsamen und um auch die Immunogenität zu senken; Zusatz: pegol wie in alacizumab pegol.
- Ein zytotoxisches Molekül kann mit einem Anti-Tumor Antikörper verlinkt werden. Vedotin zum Beispiel steht für monomethyl auristatin E, welches selbst toxisch wirkt, jedoch vorwiegend Krebszellen angreift, wenn es in Konjugaten wie Glembatumumab vedotin verwendet wird.
- Ein Chelator kann ebenso angefügt werden, um Radioisotope zu binden. Pendetide, ein Derivativ der Diethylentriaminpentaessigsäure, wird z.B von capromab pendetide verwendet, um Indium-111 zu chelatieren. Enthält die Arznei ein Radioisotop, wird der Name des Isotopes dem Namen des Antikörpers vorangestellt. Indium (111In) capromab pendetide ist daher der Name für das obige Beispiel, welches Indium-111 enthält.
Geschichte
Emil von Behring und Kitasato Shibasabur? entdeckten 1890, dass Diphtherie und Tetanus im Blutkreislauf von Tieren durch Substanzen neutralisiert wurden, die sie
Anti-Toxine nannten. Behring erhielt 1901 den ersten Nobelpreis für Physiologie oder Medizin für diese grundlegende Entdeckung. Ein Jahr später prägte Paul Ehrlich den Begriff
Antikörper für diese Anti-Toxine.
Die Prinzipien zur Herstellung monoklonaler Antikörper - auch bekannt als Hybridom-Technik, wurden 1975 durch Georges J. F. Köhler und César Milstein publiziert, die 1984 den Nobelpreis der Medizin zusammen mit Niels Kaj Jerne erhielten. Muromonab-CD3 war der erste monoklonale Antiköper, der 1986 für den klinischen Gebrauch in Menschen zugelassen worden war.
Die WHO führte 1950 ein System von internationalen Freinamen (eng. international non-proprietary name: INN) ein, wobei die erste Liste mit INN Namen bereits drei Jahre später publiziert wurden. Die Silbe -mab für monoklonale Antiköper wurde um 1990 zum ersten Mal vorgeschlagen, wobei das jetzt verwendete System zwischen 1991 und 1993 entwickelt wurde. Aufgrund der Zusammenarbeit zwischen WHO und dem United States Adopted Names Council, haben die USAN Namen für Antikörper die gleiche Struktur und sind daher auch großteils identisch zu den INN Namen. Bis zum Jahre 2009 erhielten mehr als 170 monoklonale Antikörper Namen, die dieser Nomenklatur folgen. Im Oktober 2008 begann die WHO, die Nomenklatur für monoklonale Antikörper zu überarbeiten. Dies führte 2009 zu Anpassungen der Nomenklatur, speziell in der Benennung des Wirkungsbereiches. Im Jahr 2010 wurden die ersten Antikörper nach der neuen Nomenklatur benannt.
Siehe auch
Einzelnachweise