C6 MAGAZIN
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SCHWANGERSCHAFTSABBRUCH 25.2.2003

Ich habe abgetrieben, und würde es wahrscheinlich wieder tun

Man wartet und wartet, aber die Periode kommt einfach nicht. Man fängt an zu überlegen, ob man auch immer an die Pille gedacht hat oder an das Kondom. Aber wer denkt in den entscheidenden Augenblicken an solche Dinge? Ich ging also zum Frauenarzt. Der Verdacht bestätigte sich. Ich war in der fünften Woche schwanger.
Die erste, der ich davon erzählte, war meine Nachbarin. Wir diskutierten Pro und Kontra und kamen zu dem Entschluss, einen saufen zu gehen. Was wir allerdings erst einige Tage später taten. Keiner konnte glauben, dass ich ein Kind kriegen sollte. Es war klar, dass ich es nicht behalten konnte. Wer sollte sich um das Kleine kümmern? Meine Mom muss arbeiten und ich zur Schule. Der Erzeuger gab mir unmissverständlich zu verstehen, dass er in keinster Weise an einem Kind interessiert sei.

Meine Mom fing erst an zu glauben, dass ich schwanger war, als sie auf der Krankenhausüberweisung "Schwangerschaftsabbruch" las. Ich fuhr mit ihr ins Krankenhaus. Voruntersuchungen und Gespräche. Der Arzt begann Fragen zu stellen: "Was ist mit dem Vater des Kindes?", "Hat er eine Arbeit?" "Wie alt ist er?", "Welchen Schulabschluss hat er?". Ich fragte, was das solle. Es ginge doch um mich und nicht um den Erzeuger!? Ich bekam zu hören, "Ich werde schließlich ihr Baby umbringen". Ich wollte nur weg. Doch ich blieb.

Meine Mutter fuhr wieder heim. Ich ging nach draußen, um eine zu rauchen. Ich sah ein Mädchen, das sich mit Freunden unterhielt. Sie war hochschwanger. Ich fragte sie, warum sie das Kind behalten hat. Sie meinte, es sei doch Mord ein Kind abzutreiben. Sie war siebzehn.

Ich wollte nur noch raus. Konnte die Schwangeren nicht mehr sehen. Überall dicke Bäuche oder süße Babys. Ich war total verwirrt. Ich rief meine Tante an, sie sollte mich abholen. Zu Hause nahm ich den Telefonhörer und sagte meinem Freund Bescheid. Er war mehr als überrascht und kam am Abend zu mir. Wir redeten und einigten uns, auf den Verstand zu hören. Er sagte, dass es ohne Kind wesentlich einfacher wäre. Dass es einfacher wäre, die Schule zu beenden, sich etwas aufzubauen.

Selbstverständlich gibt es staatlich Einrichtungen, die einem helfen, aber an diesem Abend hatte ich daran nicht gedacht. Ich wollte wieder "normal sein". Und für mich hieß das nicht schwanger sein. Mit dem Kind hätte ich alleine dagestanden. Weder mein Freund noch meine Mutter hätten mich unterstützt und allein wäre ich mit so einer Riesenverantwortung nicht klargekommen.

Am nächsten Tag ging ich zu meinem Frauenarzt. Erklärte ihm, was passiert war, und dass ich mich 1000-prozentig gegen das Kind entschieden habe. Zwei Tage später fuhr ich wieder ins Krankenhaus. Ich musste sexy Stützstrümpfe und ein geblümtes Hemd mit einer klasse Sicht auf meinen Rücken anziehen. Ich bekam eine Tablette und ein wehenförderndes Mittel. Ich wurde in den OP geschoben und schlafen gelegt. Das nächste, an das ich mich erinnern kann ist, dass ich im Bett aufwachte. Mit Schmerzen.

Ich war alleine. Am Nachmittag war aber alles vergessen und ich war froh, dass ich ein Problem weniger mit mir "herumtrug". Dann begann der Albtraum erst richtig. Ich weiß nicht wie, aber viele aus meiner Schule haben davon Wind gekriegt. Zu viele! Ich hatte das Gefühl, einen Stempel auf der Stirn zu haben "Ich habe abgetrieben".

Der Erzeuger des Kindes hat drei Wochen nichts von sich hören lassen. Mit den Problemen und Schmerzen hat er mich alleine gelassen. Dann kam eine SMS, "...ich hab lange darüber nachgedacht, ich sehe in der Beziehung keinen Sinn mehr, ich denke, wir sollten die Beziehung beenden ..." Es klang wie der reinste Hohn. Er schrieb noch, dass ihm klar geworden ist, dass er seine Freiheiten braucht. Das ich nicht lache! Klar, hatten wir auch schöne Zeiten. Wir hatten Pläne und Ziele. Doch wie eine Seifenblase ist alles geplatzt. Es musste wohl so kommen. Ich weiß jetzt, was ich von ihm zu halten habe und so werde ich ihn wohl auch in Erinnerung behalten.

Ich bin sechzehn Jahre jung und habe abgetrieben. Ich weiß, ich habe für mich die richtige Entscheidung getroffen, auch wenn andere meine Meinung nicht teilen. Ich würde es wieder tun. Nicht weil ich keine Kinder mag, sondern weil ich meinem Kind, später einmal, etwas mehr bieten will als ein eigenes Zimmer in einem Wohnblock.
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*Name von der Redaktion geändert
Christin*
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Artikel vom 25. Februar 2003

Kommentare über Schwangerschaftsabbruch

Anna am 29.09.2006:
Ich bin auch mal gespannt,wie du das deinem HERRN erklaeren willst..Du kennst die Bestrafungen,nicht wahr?


Maria am 29.09.2006:
Also wenn ihr alt genug seit Unzucht zu begehn,seid ihr auch alt genug fuer ein Kind!
Billiges Maedchen,das sich einfach so hingibt und sich schwaengern laesst!
Eine Last weniger..wie kann jemand so grausam sein?
Es ist ein Segen, ein Kind zu bekommen,gewollt oder nicht.


Ivonne am 17.10.2005:
Hallo,

ich kann soetwas nicht verstehen ,es gibt Babyklappen , ehepaare die auf adoptionen hoffen.
Abtreibung ist einfach nicht wirklich die Lösung.
Zu jung u.s.w aber zu jung zum Geschlechtsverkehr warst du wohl nicht!
Ich denke du solltest dich mit dem Thema Verhütung auseinandersetzen und nicht darüber nachdenken das Du es wieder tun würdest!!
Die typische Kandidatin die man auf den Stationen teilweise 3-4 mal wiedertrifft!
Habe ich selber schon erlebt Frauen die auf der Station saßen und ihre 3 Abtreibung mit einem Glas Sekt begossen haben.
#Ekelhaft!


Anna (17) am 09.08.2005:
Ich würde sofort abtreiben, wenn ich jetzt schwanger werden würde und kann Christins Entscheidung daher vollkommen verstehen.
Man ist mit 16, selbst mit 18 noch zu jung, um sich um Kinder zu kümmern. Man würde (zumindest in den meisten Fällen) sein eigenes Leben und das Leben des Kindes ruinieren.
Bevor man sich nicht eine eigene, sichere Existenz aufgebaut hat, die auch finanziell fest steht, sollte man sich nicht mit einem Kind belasten!


Christin am 08.01.2005:
Ich bin der Meinung keiner Frau darf das Recht genommen werden eine frei Entscheidung zu treffen. Klar, ist das hart. Aber ich bin nicht kalt. Nur damals, vor zwei Jahren, hätte dieses Kind mich kaputt gemacht. Damals war es das beste.
Heute kann ich nicht mal diesen Artikel lesen.


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