C6 MAGAZIN
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TIERE

17.10.2010

Bedeutender Erfolg für EU-Projekt "Maifisch im Rhein"

Erstmals seit 1935 können jetzt wieder junge Maifische im Rhein nachgewiesen werden. Somit hat das EU-Projekt zur Wiedereingliederung des Maifisches in den Rhein mittels des Maifischbesatzes einen bedeutenden Erfolg erzielt. Am 16. Juni 2010 fand mit Hilfe der Kölner Sponsoren Netcologne, Auto-Laukat, Gerfer-Recycling und der Rhein-Fischereigenossenschaft der offizielle Starttermin für den diesjährigen Besatz im ehemaligen Kölner Fischerdorf Poll mit den Umweltministern von NRW, Eckard Uhlenberg, und Hessen, Silke Lautenschläger, sowie vielen prominenten Gästen in Zusammenarbeit mit dem Poller Maigeloog statt. An weiteren Standorten in Hessen, an der Sieg und am Niederrhein wurden in diesem Jahr insgesamt etwa 2,5 Millionen markierte Maifische, wenige Millimeter groß - sogenannte Maifischlarven - ausgesetzt. Das von Walter Sollbach, Rheinischer Fischereiverband von 1880 initiierte Programm zur Wiedereinbürgerung des im Rhein ausgestorbenen Maifischs läuft seit drei Jahren und man hofft auf die Rückkehr erwachsener Fische in etwa zwei bis drei Jahren.

Internationale Zusammenarbeit im Rahmen der EU

Das Projekt wird durch das europäische Naturschutzförderprogramm "EU Life" und Projektpartner in den drei Rheinanliegerstaaten Niederlande, Frankreich und Deutschland gefördert. In Deutschland ist neben Partnern aus Nordrhein-Westfalen das hessische Umweltministerium prominenter Unterstützer des Projektes. Die Region Aquitaine, Heimat der Maifische in Frankreich, ist zudem offizielle Partnerregion von Hessen. Hintergründe zum Projekt sind auf der Homepage des Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz Nordrhein-Westfalen (LaNUV) abrufbar.

Identifizierung der Maifischlarven anhand von Markierungen

Dr. Andreas Scharbert, Stiftung Wasserlauf, Dr. Heiner Klinger, LaNUV Nordrhein-Westfalen und Prof. Dr. Jost Borcherding, Ökologische Forschungsstation Grietherbusch der Universität Köln, zeigten und erläuterten am 07. Oktober 2010 bei einem Pressetermin auf einem Aalschokker im Rhein bei Kalkar junge Maifische aus dem diesjährigen Besatz in Anwesenheit vieler Experten, Mitarbeiter und Sponsoren des Maifischprogramms -vom Vertreter der Sportvisserij Nederlande bis einem Mitarbeiter des Regierungspräsidiums Gießen, von Vertretern der Fischerverbände bis zu Landesbehörden sowie von der Hit-Stiftung bis zum Poller Maigeloog, das dem Maifischbesatz im Juni in Köln u.a. einen historischen Rahmen gegeben hatte.

Nachdem die Maifischlarven vor dem Aussetzen markiert worden waren, konnten sie jetzt anhand dieser Markierung von Prof. Dr. Borcherding und seinem Team identifiziert werden. Obwohl bereits seit drei Jahren Maifisch-Larven im Rhein ausgesetzt wurden, wurden erst in diesem Jahr Jungfische auf dem Weg ins Meer nachgewiesen.

Vorgeschichte

Der Fang erwachsener Maifische nahm seit der Industrialisierung, der damit verbundenen Rheinverschmutzung und den Rheinbegradigungen seit 1880 kontinuierlich ab bis um 1939 die letzen Fänge mehrerer Maifische gelangen. Danach tauchten bis 1958 nur noch Einzelexemplare im Rhein auf. In Poll, dem ehemaligen Maifischzentrum im Kölner Raum, wurde die Fischerei 1938 mangels Rentabilität aufgegeben. Heute erinnern in Poll noch die Maifischgasse und das "Poller Maispill" an die alte Tradition.

Der Maifisch wandert, sobald die Flüsse wärmer werden, in den Monaten April und Mai vom Meer kommend die Flüsse hinauf, um an flachen Kiesufern zu laichen. Noch lebende Augenzeugen berichten von riesigen dunklen Schwärmen, die rheinaufwärts zogen oder sich am Oberrhein bzw. in den Nebenflüssen vor Hindernissen sammelten.

Nach dem Laichen wandern die jungen Maifische im Herbst wieder ins Meer, um nach 3 bis fünf Jahren wieder zum Laichen zurückzukehren. Im Gegensatz zum Lachs kehren sie allerdings nicht unbedingt zum Ort des Schlüpfens zurück, sondern lediglich in den jeweiligen Fluss. Aus den geschichtlichen Daten kann somit angenommen werden, dass es ab 1938 keine nachwachsende Maifischpopulation im Rhein mehr gab.

Ausblick

Mitte September 2010 wurden jetzt am Niederrhein bei Kalkar von Rudi Hell, einem der letzten Fischer mit einem Aalschokker im Rhein, erstmals wieder junge Maifische auf der Wanderung ins Meer im Rahmen eines Monitoring-Projektes gefangen. In Grieth liegt sein Schiff, die "Anita II", fest verankert in Ufernähe, an einem Ausleger ist ein 5m breites, 5 Meter hohes und 38 Meter langes Netz befestigt, das er einmal täglich leert. Neben unzähligem Müll sind stets "fast einen Eimer voll" Fische im Netz und neuerdings ein bis zwei junge, zwischen sechs und zwölf Zentimeter große Maifische. Da der Rhein dort fast 450 Meter breit und sechs bis sieben Meter tief ist, ist laut Dr. Scharbert, anzunehmen, dass täglich hunderte Maifische ungehindert ins in Richtung Meer ziehen. Besondere Gefahren bestehen für sie weiter nicht, da sie durch die Maschen normaler Fischernetze jederzeit entfliehen können und auf Angelköder kaum reagieren.

Somit besteht die berechtigte Hoffnung, dass in den nächsten Jahren auch der eine oder andere erwachsene Maifisch beim Wiederaufstieg gefangen oder gesichtet wird, unter Umständen sogar an einer Fischbeobachtungsstation, zum Beispiel am Oberrhein an der Rheinschleuse bei Iffezheim.

Hans Burgwinkel, Reihmeister des Poller Maigeloogs und Mitorganisator des Maifischbesatzes in Köln, zeigte sich überrascht von den Größenunterschieden der jungen Maifische: "die Kölner Fische sind ja größer als die Düsseldorfer!?" Dieser Unterschied hat jedoch überraschend erfreuliche Gründe und lässt sich noch nicht einmal in die klassischen Kölner Düsseldorf Witze einbauen - im Gegenteil: Hans Burgwinkel ist voll des Lobes über die Düsseldorfer Unterstützung für das Maifischprojekt und damit auch für die "Poller Maifische". Ohne den Düsseldorfer Aquazoo, Bezirksregierung Düsseldorf und die Förderung durch die Landesregierung in Düsseldorf gäbe es - nicht nur für Kölner - keine Maifische zu sehen.

Während die Fische aus dem Düsseldorfer Aquazoo nur etwa drei Zentimeter groß waren, waren die im Rhein gefangenen Fisch doppelt bis dreifach so groß. Dies bedeutet nach Ansicht von Dr. Scharbert, dem Nachfolger des "deutschen Maifischpapstes" Dr. Peter Beeck, dass die Maifische jetzt im Rhein doch optimale Verhältnisse vorfänden, die in einem Aquarium nicht erreicht werden können, obwohl der Düsseldorfer Aquazoo langjährige Erfahrung mit Maifischen hat und diesbezüglich führend in Deutschland ist. Somit scheinen jetzt im Rhein wieder hervorragende Bedingungen für Maifische vorzuliegen.

Dr. Scharbert äußerte sogar die Hoffnung, dass man die jungen Maifische in Zukunft auch noch nach dem Besatzort beziehungsweise dem Zeitpunkt des Besatzes identifizieren kann. Ihn erstaunte zum Beispiel die unterschiedliche Größe der gefangenen Fische. Wenn man dies in Verbindung mit den Besatzorten bringen könnte, wäre die Auswahl geeigneter Einsatzstellen einfacher.

Die Fische werden kurz nach dem Schlüpfen in eine Lösung getaucht, die sich in den Gehörknöchelchen später mikroskopisch in Form einer Fluoreszenz zeigt. Da die Zusammensetzung der Lösung geringfügig unterschiedlich ist und die Maifischlarven zu unterschiedlichen Zeitpunkten zum Besatz von Frankreich nach Deutschlanc gebracht werden, könnte man eventuell durch aufwändigere Untersuchungen der Jungfische den "Geburtsort" bestimmen. Dieses "Tränken" ist für die kleinen Maifische unbedenklich, wie nicht zuletzt die wissenschaftlichen Untersuchungen der gefangenen Fische zeigen.

Die jetzt gefangenen Fische sind zwar ein gutes Zeichen, aber noch kein Garant für eine sich selbst reproduzierende Maifischpopulation, meint Prof. Dr. Jost Borcherding, der eine Ökologische Forschungsstation der Kölner Universität an einem alten Rheinarm in der Nähe leitet. Er verweist auf ein anderes Fischprojekt hinsichtlich der Wiederansiedlung des Schnäpels im Rhein. Obwohl schon vor zwölf Jahren die ersten Schnäpel ausgesetzt wurden, dauerte es 9 Jahre bis das erste erwachsene Exemplar gefangen wurde. Heute geht man von etwa 15.000 geschlechtsreifen Schnäpeln im Rhein aus und hat damit die Basis für eine gesunde Population gefunden. Es besteht die Hoffnung, dass sich der Maifisch ähnlich entwickelt.

Die Fänge des Fischers Rudi Hell sind zurzeit für viele Forschungsinstitute die einzige Möglichkeit, wissenschaftliche Aussagen über die Population auch anderer Lebewesen im Rhein zu erlangen. Aufgrund der immer noch vorhandenen toxischen Belastungen des Rheinwassers darf er allerdings gefangene Aale nicht vermarkten. Auch um dies näher zu untersuchen, werden im Augenblick noch alle - bislang 17 - gefangenen kleinen Maifische wissenschaftlich untersucht.

Außer seiner "Anita II" scheint es nur noch drei aktive Aalschokker am Rhein zu geben, zwei in Rheinland-Pfalz und einer am Oberrhein. Rudi Hell entstammt einer Fischerfamilie mit über 300-jähriger Tradition und betreibt die Fischerei nach seiner Pensionierung als Hobby, wobei einer seiner Söhne als Nachfolger bereits feststeht.

Berufsfischer werden immer seltener. In Nordrhein-Westfalen dürfte es nur noch einen- allerdings an der Weser - zu geben; am Mittelrhein ebenfalls nur noch einen und am Oberrhein jedoch noch etwa eine Handvoll.

Weitere und nähere Informationen sind der Bildergalerie über den "Maifischfang 2010" auf der Homepage des Poller Maigeloogs zu entnehmen.

Zur Arbeit der Ökologischen Forschungsstation Grietherbusch

Die Außenstelle des Zoologischen Instituts der Universität zu Köln in Rees-Grietherbusch (Ökologische Forschungsstation Grietherbusch) liegt inmitten einer weiten niederrheinischen Auenlandschaft an einem Altrheinarm innerhalb des Hochwassergebietes, das viele ökologische Merkmale der Rheinaue bis heute bewahrt hat. Die Station liegt in unmittelbarer Nähe des in den letzten Jahren erweiterten Naturschutzgebiets "Alter Rhein bei Bienen-Praest/Millinger und Hurler Meer". Vor Ort können hier ökologisch interessierte Biologiestudenten geologisch, pflanzenkundlich, entomologisch, ornithologisch, limnologisch und fischökologisch ausgebildet werden. Dabei werden sowohl in Kursen und Praktika als auch im Rahmenökologischer Fallstudien einzelne Arten, Artengruppen und Biotope genauer untersucht. Die Forschungsarbeiten haben nicht nur eine Bedeutung für Fragen des Arten- und Biotopschutzes, sondern auch für generelle ökologische Fragen des Biomonitorings oder für Fragen der Rehabilitation der Rheinbiozönose und der ökologischen Landschaftsplanung in der ehemaligen Rheinaue.(Quelle www.general-ecology.uni-koeln.de/10274.html)

Das Maifisch-Projekt erfolgt unter der Leitung der Landesamtes für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW (LANUV). Der Fachbereich 26 Fischereiökologie ist das Kompetenzzentrum des Landes Nordrhein-Westfalen für landesweite, fischereiökologische Fragestellungen und Aufgaben. Das LaNUV ist dem Ministerium für Umwelt und Naturschutz, Landwirtschaft und Verbraucherschutz (MUNLV) nachgeordnet. Hauptsitz des LaNUV ist Recklinghausen. Am Standort Kirchhundem-Albaum befindet sich der Fachbereich 26 Fischereiökologie (ehemals Teildezernat 51 der Bezirksregierung Arnsberg).

Zentrales Anliegen des LaNUV sind ökologisch ausgerichtete Bewirtschaftungs- und Schutzmaßnahmen für Fische. Auf der Grundlage naturwissenschaftlicher Untersuchungen der Lebens- und Umweltbedingungen werden Fachkonzepte erstellt und Konfliktlösungen mit anderen beteiligten Stellen erarbeitet. Von großer Bedeutung sind dabei Aufklärung und Fortbildung. Zu den Aufgaben des LaNUV zählt auch die Mitwirkung bei Umsetzung der FFH-Richtlinie und der europäischen Wasserrahmenrichtlinie. Im Fischartenschutz stehen Hilfsmaßnahmen für gefährdete Arten im Vordergrund. Das LaNUV koordiniert im Auftrage des Umweltministeriums NRW das Wanderfischprogramm des Landes.

Die Stiftung-Wasserlauf ist mit der fachlichen Koordination des Projektes beauftragt und hat dazu als Maifisch-Experten Herrn Dr. Andreas Scharbert angestellt. Herr Scharbert hat seinen Bürositz im Aquazoo Düsseldorf. Die Stiftung tritt für Gewässerschutz ein, um für Flora, Fauna und den Menschen eine lebenswerte Umwelt zu erhalten. Jeder am Wasser interessierte Bürger sowie betroffene Organisationen sind herzlich eingeladen, am Aufbau der Stiftung mitzuwirken und die Erlebnis- und Mitwirkungsangebote zu nutzen. Die Stiftung Wasserlauf ist eine selbständige Stiftung des bürgerlichen Rechts. Ihre staatliche Anerkennung hat sie am 30.September 2005 von der Bezirksregierung Köln bekommen. Weitere Informationen zur Arbeit der Stiftung sind unter www.wasserlauf-nrw.de verfügbar.(Quelle www.lanuv.nrw.de/alosa-alosa/de/index.html

Hintergrundinformationen bzw. Ansprechpartner


  • Projektmanagement EU LIFE Projekt Maifisch

Dr. Andreas Scharbert

Stiftung Wasserlauf NRW

Alleestraße 1

D-53757 Sankt Augustin

Telefon +49 (0)2241-14735-14

Geschäftsstelle +49 (0)2241-14735-0 (Fax -19)

E-Mail: scharbert@rhfv.de

www.wasserlauf-nrw.de

  • Büro Aquazoo

Kaiserswerther Str. 380

D-40200 Düsseldorf

Telefon +49 (0)211-8996160

Fax +49 (0)211-8994493

  • EU-Life-Projekt Maifisch

Projektleitung:

Dr. Heiner Klinger

Landesamt für Natur, Umwelt und Verbraucherschutz NRW

FB 26

Heinsberger Straße 53

57399 Kirchhundem-Albaum

Telefon: +49 2723 77945

E-Mail: Heiner.Klinger@lanuv.nrw.de

  • Ökologische Forschungsstation Grietherbusch

Leitung: Prof. Dr. Hartmut Arndt, Tel. (0221) 470-3100, Örtlicher Leiter: Dr. Jost Borcherding,

Tel. (02851) 8575, E-Mail: Jost.Borcherding@uni-koeln.de

Zeit: Besichtigung nach Voranmeldung unter Tel. (02851) 8575.

Ort: Grietherbusch 3, 46459 Rees-Grietherbusch


Die Beteiligten am EU-Life Projekt:

weitere Bilder

Die nachfolgenden Internetseiten enthalten Bilder zum Thema, diese können für Veröffentlichungen über das Poller Maigeloog auch als JPEG angefordert werden beziehungsweise teilweise unter Quellenangabe von der Homepage unter Beachtung aller Urheberrechte heruntergeladen werden:

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