Takaba Osamu war eine japanische Ärztin und Erzieherin, die auf die nationalistischen Aktivisten Ky?sh?s in den Umbruchsjahren der späten Edo- und frühen Meiji-Zeit einen starken Einfluss ausübte.
Kindheit und Jugend
Takaba Osamu wurde als letzte Tochter von Takaba Masayama in einer Familie geboren, die seit Generationen Augenärzte für das lokale Lehen Fukuoka (Fukuoka-han) stellte. Mit ihrer Geburt gab der Vater jegliche Hoffnung auf einen männlichen Nachfahren auf und beschloss, das Kind unter dem eigentlich Knaben vorbehaltenen Namen Y?mei als Sohn aufzuziehen. 1814 erhielt der/die zehnjährige Y?mei in der
Gempuku genannten traditionellen Mündigkeitszeremonie eine Männerfrisur, die obligatorischen Schwerter sowie den Namen Geny? . Dies war ungewöhnlich und bedurfte der Genehmigung durch die Behörden, doch gab es in der Provinz Chikuzen durchaus Präzedenzfälle. Später wurde der Name Geny? durch Osamu ersetzt. Als Alltagsname diente Sh?t? (, Kurzschwert), als Autorenname Senshi (, Einsiedler-Wiese). Im Alter von 16 Jahren heiratete sie, doch hielt diese Ehe nur kurze Zeit.
Die begabte Osamu besuchte zunächst die von Kamei Y?sh? (, 1808-1876) geführte Privat-Schule in Fukuoka. Dies war eine namhafte, vergleichsweise freie Einrichtung, die neben konfuzianischen Studien die Hollandkunde (Rangaku) berücksichtigte und, was seinerzeit außergewöhnlich war, auch Mädchen aufnahm. Osamu fiel schon bald durch herausragende Leistungen auf. Im Alter von 20 Jahren übernahm sie die Praxis ihres Vaters.
Die Ginsengfeld-Akademie
Die durch die Ankunft des Commodore Matthew Calbraith Perry im Jahre 1853 und die von ihm erzwungene Öffnung Japans ausgelösten Schockwellen erfassten auch das Lehen Fukuoka (Fukuoka-han), das zusammen mit dem benachbarten Lehen Saga (Saga-han) für die Sicherheit im Seegebiet um Nagasaki zuständig war. Die inzwischen 25jährige Takaba eröffnete eine Schule, um junge Männer auszubilden, die entschlossen waren, dieser Bedrohung entgegen zu treten. Das zum Bau der "Schule der aufblühenden Aspirationen" (
K?shi-juku, ) genutzte Grundstück diente einst dem Lehen als Ginseng-Feld, so dass man bald von der "Ginsengfeld-Akademie" (
Ninjinbatake-juku, ) sprach. Wohl auch aufgrund ihrer eigenen Sozialisationsgeschichte nahm Takaba gerne Schüler auf, die Anpassungsschwierigkeiten hatten und von anderen Schulen abgelehnt worden waren. Obwohl eher von zierlicher Statur war sie in der regionalen Bevölkerung als "Amazone vom Ginseng-Feld" (
Ninjinbatake no joketsu, ) oder auch als "Alte vom Ginsengfeld" bekannt.
Takaba positionierte sich gegen die neokonfuzianischen Lehren des Zhu Xi, die als Shushigaku die Förderung des Tokugawa-Regimes genoss, und propagierte, den Lehren Wang Yangmings folgend, die Einheit von Wissen und Handeln sowie das angeborene Wissen um Gut und Böse. Die Sprengkraft einer solchen moralischen Autonomie des Individuums sollte sich bald zeigen. Unter den rund 300 Absolventen ihrer Ginsengfeld-Schule entwickelten sich nicht wenige zu politischen Aktivisten, die in Kyushu, in einigen Fällen gar auf nationaler Ebene eine einflussreiche Rolle spielten: Kurushima Tsuneki (, 1860-1889), Hakoda Rokusuke (, 1850-1888), Hiraoka K?tar? (, 1851-1906), Miyagawa Ikkan (, 1884-1944), Miyagawa Taiichir? (, 1847-1909), Narahara Itaru (, 1857-1917), T?yama Mitsuru (, 1855-1944), Shint? Kiheita (, 1851-1925), Takebe Koshir? (, 1846-1877) und andere mehr. Bei der Wahl der Mittel zur Erreichung der gesetzten Ziele war man nicht zimperlich. So mancher Zögling Takabas schreckte auch vor Gewalt und Terror nicht zurück.
Radikale Zöglinge
Die schrittweise Aufhebung der Privilegien der Samurai-Schicht (
shizoku) löste eine beträchtliche Unruhe und Unzufriedenheit bezüglich ihrer Position und künftigen Rolle in vielen Teilen des Landes aus. In Fukuoka kam hinzu, dass das Lehen in den Auseinandersetzungen um den Sturz der Tokugawa und die Wiedereinsetzung des Tenn? im Zuge der Meiji-Restauration wie auch beim Aufbau des neuen Staates durch ungeschickte Entscheidungen ins Hintertreffen geraten war. Viele der lokalen Samurai nahmen daher an der durch Maebara Issei geführten Rebellion in Hagi 1876 und der größeren, durch Saigo Takamori in Satsuma 1877 betriebenen Rebellion, dem Südwest-Krieg, teil. Auch in Fukuoka kam es 1877 zu einem Aufruhr (
Fukuoka no hen, ). Von den über 500 Rebellen starben etwa ein Fünftel, vierhundert wurden festgenommen - vorübergehend auch Takaba, die allerdings nie direkt an den Aktivitäten ihrer Schüler beteiligt war.
Den wohl nachhaltigsten Einfluss unter den Absolventen der Ginseng-Akademie erzielte T?yama Mitsuru, der 1871 zunächst eine "Gesellschaft zur Verbesserung der Aspirationen" (Ky?shisha, ) und acht Jahre darauf zusammen mit Hiraoka K?tar? eine "Schule der Hinwendung zur Sonne" (K?y?gijuku, ) gründete. Als Sammelbecken für unzufriedene ehemalige Samurai zielte diese auf eine Restauration der abgeschafften Feudalordnung ab, schrieb dann nach dem Zusammenbruch der Satsuma-Rebellion in einem erstaunlichen Schwenk hin zur "Bewegung für Freiheit und Bürgerrechte" (Jiy?minken und?) die Durchsetzung von Bürgerrechten auf ihre Fahnen. Doch schon 1881 kam es mit der Umbenennung in "Schwarze-Ozean-Gesellschaft" (''Gen'y?sha'', zu einem weiteren Kurswechsel. Nunmehr verfolgte man einen radikalen Nationalismus verknüpft mit einer Expansion des japanischen Reiches auf der Grundlage einer pan-asiatischen Ideologie. Diese facettenreiche und oft gewalttätige Gesellschaft hielt sich bis Januar 1946, als sie durch die amerikanische Besatzungsbehörde verboten wurde.
1889 stellte sich die ''Gen'y?sha'' gegen den von Außenminister ?kuma Shigenobu vorgelegten Plan zur Revision der gegen Ende der Edo-Zeit mit westlichen Mächten abgeschlossenen "Ungleichen Verträge". Ein weiterer Zögling Takabas, Kurushima Tsuneki, der in der Gesellschaft eine führende Rolle spielte, verübte im Herbst jenes Jahres ein Bombenattentat, bei dem ?kuma überlebte, aber ein Bein verlor. Kurushima beging hierauf Selbstmord. Takaba war von dieser Tat wenig angetan. In einem Brief hierzu greift sie auf die berühmte Wendung des chinesischen Philosophen Mengzi vom "(törichten) Mut eines ungebildeten Mannes" zurück. Zu viele ihrer Schüler hatten in den vergangenen Dekaden ihr Leben verloren.
Krankheit und Tod
Im folgenden Jahr erkrankte Takaba, lehnte jegliche Behandlung ab und starb 1891 im Alter von 59 Jahren. An ihrem Begräbnis nahmen etwa 500 Personen teil. Ihr Grab befindet sich auf dem Friedhof des S?fuku-Tempels in einem den Mitgliedern der ''Geny?'sha'' vorbehaltenen Areal in unmittelbarer Nachbarschaft zu den Gräbern von T?yama und Kurushima. Die Inschrift ihres Grabsteins schrieb der zum Staatsmann aufgestiegene ehemalige Militärfachmann Katsu Kaish? .
Literatur
- Ishitaki, Toyomi: ''Gen'y?sha hakkutsu (Ausgrabung der Gen'y?sha'' ). Erweiterte Ausgabe, Fukuoka: Nishinihon Shimbunsha, 1997 ISBN 978-4816704314 (enthält eine Biographie und im Materialteil einen Brief von Takaba Osamu )
- Ishitaki, Toyomi: ''Gen'y?sha - F?in sareta jitsuz? (Gen'y?sha'' - das unter Verschluss gehaltene tatsächliche Bild). Fukuoka: Kaich?sha, 2010 ISBN 978-4874157879 (umfangreiche Gesamtdarstellung mit detaillierten Quellenangaben)
- Nagahata, Michiko: Rin - Kindai Nippon no jokai Takaba Osamu (Würdevoll und kühn - Takaba Osamu, Wegbereiterin des Modernen Japan). Fujiwara-Shoten, 1997 ISBN 978-4894340633 (erzählerisches Lebensbild)
- Sims, Richard: Japanese Political History Since the Meiji Renovation, 1868-2000. New York: Palgrave, 2001
Anmerkungen