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GESUNDHEIT

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Vaginalzytologie

Als Vaginalzytologie bezeichnet man die mikroskopische Untersuchung von Zellen (Zytologie oder Zytodiagnostik) von Abstrichen der inneren Auskleidung (Epithel) der Scheide (Vagina) gewonnen werden. Da die Vaginalschleimhaut im Sexualzyklus unter dem Einfluss der Sexualhormone charakteristische Veränderungen zeigt, liefert die Vaginalzytologie wichtige Informationen über den Hormonstatus des Patienten. Sie ist ein einfaches und kostengünstiges Verfahren zur Basisdiagnostik hormoneller Störungen in der Frauenheilkunde. Bei der Hündin wird die Vaginalzytologie vor allem zur Bestimmung des Deckzeitpunktes eingesetzt.

Physiologische Grundlagen

Das Epithel der Scheide ist bei Säugetieren aus mehreren Zelllagen aufgebaut, die nicht verhornt und deren oberflächliche Zelllagen abgeflacht sind (mehrschichtiges unverhorntes Plattenepithel). Die direkt der Basalmembran liegende Zellage wird dabei als Basalschicht bezeichnet, die mittleren Zelllagen als Mittel- oder Intermediärschicht und die oberflächlichen als Superfizialschicht. Dabei unterliegt das Scheidenepithel im Verlauf des Sexualzyklus typischen, sich wiederholenden Veränderungen, die vor allem auf den Einfluss der Estrogene zurückzuführen sind. Mit dem Anstieg der Estrogene vor dem Follikelsprung wird eine Zellvermehrung mit Anstieg der Zelllagen (bei der Frau auf bis zu fünfzig, bei der Hündin bis auf dreißig) sowie eine teilweise Verhornung der Epithelzellen ausgelöst. Hormonell bedingte Umbauvorgänge finden zwar auch in anderen Abschnitten der weiblichen Geschlechtsorgane statt, aber das Scheidenepithel reagiert bereits auf viel geringere Hormonmengen als beispielsweise die Gebärmutterschleimhaut.

Ohne Estrogenaktivität besteht das Scheidenepithel nur aus wenigen Zelllagen und bei einem Scheidenabstrich werden entsprechend nur kleine runde Zellen gewonnen, die direkt von der Basalschicht (Basalzellen) oder den unmittelbar darüberligenden Zellschichten (Parabasalzellen) stammen. Die Parabasalzellen bilden eine fünf bis zehnschichtige Zelllage. Sie sind etwas größer als die Basalzellen und multipotente Zellen, die Ausgangspunkt der weiter oberflächlich gelegenen Epithelzellen sind, sich aber auch zu Histiozyten oder Drüsenzellen differenzieren können. Unter Estrogeneinfluss nimmt das Verhältnis zwischen Zellkern und Cytoplasma, die Kern-Plasmarelation, ab. Durch die Zellalterung entstehen aus den Parabasalzellen Zellen mit geschrumpften, schaumig erscheinenden Zellkernen (Intermediärzellen). Diese können anhand der Kern-Plasmarelation in "obere" und "tiefe" Intermediärzellen unterschieden werden. Intermediärzellen bilden reichlich Glykogen und lagern es ein. Die weitere Kernschrumpfung und die Bildung von Mucopolysacchariden sind Kennzeichen der oberflächlichen Zellen (Superfizialzellen). Die Mucopolysaccharide bilden ein keratinartiges Zellgerüst. Bei der Hündin entstehen schließlich maximal verhornte, kernlose Zellen, die als Schollen bezeichnet werden. Intermediär- und Superfizialzellen lösen sich ständig vom Epithel ab (Exfoliation, Abschilferung). Die in ihnen enthaltenen Zucker werden von den Bakterien der Scheidenflora zu Milchsäure vergoren und die Zellen zersetzt (Zytolyse), was unter normalen Bedingungen bei der Frau etwa eine Woche dauert.

Vaginalzytologie bei der Frau bzw. bei Mädchen

Die Vaginalzytologie ist neben dem Zervix-Score ein einfaches und kostengünstiges Untersuchungsverfahren zur ersten Einschätzung des Hormonstatus. Beide werden im Bedarfsfall durch Hormonbestimmungen ergänzt. Für die Vaginalzytologie wird mit einem Wattestäbchen Zellmaterial vom oberen Drittel der seitlichen Scheidenwand entnommen (Vaginalabstrich) und anschließend fixiert und gefärbt. Mikroskopisch werden vier Grundzellmuster unterschieden:











Grundtyp
Zyklusphase
Merkmale
Follikuläres Zellbild
Follikelphase
Superfizial- und Intermediärzellen
Luteales Zellbild
Gelbkörperphase
zyanophile, mittelgroße "obere" Intermediärzellen
Androgenes Zellbild

leicht gefältete Intermediärzellen mit blauem Cytoplasma und großen blasigen Zellkernen
Atrophisches Zellbild
Postmenopause, Kindheit
Parabasal- und Basalzellen (klein, rund, basophil)

Ein atrophisches Zellbild bei einer Frau im gebärfähigen Alter ist ein Hinweis auf eine ungenügende Tätigkeit des Hypophysenvorderlappens oder der Eierstöcke (Ovarialinsuffizienz). Bei Kindern, bei denen normalerweise ein atrophisches Zellbild vorliegt, wird sie zur Abklärung einer vorzeitigen Geschlechtsreife (Pubertas praecox) oder einer vorzeitigen Brustentwicklung (Prämature Makromastie) eingesetzt. Bei Jugendlichen mit ausbleibender erster Monatsblutung (Menarche) ist ein atrophisches Zellbild mit gleichzeitig hohen LH- und FSH-Werten ein Hinweis auf eine Eierstockfehlentwicklung. Ist die Menarche eingetreten, liefert die Vaginalzytologie Hinweise, ob die beteiligten Hormone im Gleichgewicht sind. Daher gehört die vaginalzytologische Untersuchung zu den Minimalanforderungen vor der Verschreibung einer Antibabypille und bei den halbjährlichen Kontrolluntersuchungen.

Die Vaginalzytologie eines gezielt gewonnenen Abstrichs kann auch erste Hinweise auf Frühformen eines Vaginalkarzinoms geben, der Befund wird jedoch stets durch eine Biopsie mit pathohistologischer Untersuchung gesichert.

Vaginalzytologie bei der Hündin

Hunde haben im Regelfall zwei Läufigkeiten pro Jahr und dazwischen eine Phase hormoneller Inaktivität (Anöstrus). Die Läufigkeit beginnt mit einer Vorbrunst (Proöstrus) in der Follikel heranreifen und große Mengen Estrogene produzieren. Die Estrogene bewirken auch einen Durchtritt roter Blutkörperchen durch die Vaginalschleimhaut. Dabei kommt es zwei bis drei Tage vor dem Follikelsprung zu einer maximalen Ausschüttung des Luteinisierenden Hormons, welches wiederum einen Anstieg des Progesterons und des Abfall der Estrogene zur Folge hat. Die eigentliche Phase der Deckbereitschaft ("Standhitze") beträgt nur wenige Tage. In der Nachbrunst (Metöstrus) wird das im Scheidenlumen verbliebene Sekret und Zellmaterial durch weiße Blutkörperchen (neutrophile Abräumphase) abgebaut.

Die Entnahme der Probe erfolgt mit einem Wattestäbchen vorzugsweise vom Scheidendach. Ist keine bakteriologische Untersuchung geplant, kann die Probe auch aus dem Scheidenvorhof genommen werden, da hier die gleichen Zellveränderungen auftreten. Anschließend wird das Stäbchen auf einem Objektträger abgerollt, die Probe luftgetrocknet und mit einem Schnellfärbeset gefärbt.











Zyklusphase
Dauer
Merkmale
Proöstrus
9 (1-27) Tage
Erythrozyten, Intermediär- und Superfizialzellen
zu Beginn auch Parabasalzellen, im Verlauf Zunahme der Superfizialzellen und Abnahme der Erythrozyten

Östrus
8 (4-24) Tage
Superfizialzellen und Schollen, kaum noch Erythrozyten gegen Ende Schollen zu "Nestern" zusammengelagert
Metöstrus
60-80 Tage
Intermediär- und Parabasalzellen stetig zunehmend zu Beginn auch neutrophile Granulozyten
Anöstrus
wenige Wochen bis mehrere Monate
Autor=Axel Wehrend | Titel=Leitsymptome Gynäkologie und Geburtshilfe beim Hund | Auflage= | Verlag=Enke | Ort=Stuttgart | Jahr=2010 | ISBN=978-3-83-041076-8 | Seiten=19}}

Die Vaginalzytologie wird in der Tiermedizin vor allem zur Bestimmung des Deckzeitpunktes eingesetzt. Die fruchtbare Phase einer Hündin liegt etwa zwischen vier Tage vor bis vier Tage nach den Follikelsprüngen, optimal sind die vier Tage nach den Follikelsprüngen. Vor allem bei künstlicher Besamung oder wenn der Deckrüde weit entfernt wohnt, ist eine präzise Bestimmung des Zeitpunkts der Follikelsprünge meist unabdingbar. Die Vaginalzytologie allein führt nur in zwei Dritteln der Fälle zu einer optimalen Belegung. Die ein- bis zweitägige Bestimmung des Progesteron-Spiegels bietet eine genauere Vorhersage, ist aber meist nur in externen Labors möglich, so dass die Ergebnisse erst mit Zeitverzögerung zur Verfügung stehen. Am besten ist die Kombination aus Kolposkopie, Vaginalzytologie und Progesteronbestimmung.

Weitere Indikationen für eine Vaginalzytologie sind mangelnde Deckbereitschaft und ausbleibende Läufigkeit nach mindestens einer Läufigkeit. Bei Ovarialzysten und Granulosazelltumoren liegt ein Zellbild wie in der Läufigkeit vor. Bei einer Scheidenentzündung und Gebärmuttervereiterung sind reichlich Bakterien und weiße Blutkörperchen vorhanden. Bakterien können aber auch im Proöstrus oder Puerperium vorkommen, gelegentlich im Östrus oder Metöstrus. Zumeist korreliert der mikroskopische Nachweis von Bakterien im Rahmen der Vaginalzytologie nicht mit den Ergebnissen einer bakteriologischen Untersuchung, für die die Probenentnahme aus dem Scheidengewölbe erfolgen sollte.

Darüber hinaus eignet sich die Vaginalzytologie zur Diagnostik eines Sticker-Sarkoms. Hierbei lassen sich vakuolisierte Rundzellen mit zahlreichen Mitosen nachweisen.

Geschichte

Die erste Untersuchung zu den Zellveränderungen im Verlauf des Menstruationszyklus 1847 von Felix Archimede Pouchet veröffentlicht. Der griechischstämmige Arzt George Nicolas Papanicolaou begann Anfang des Zwanzigsten Jahrhunderts mit systematischen Untersuchungen zu den vaginalzytologischen Veränderungen bei Mensch und Tier, er entwickelte auch die alkoholische Fixierung der Proben und neue Färbeverfahren. 1928 veröffentlichte er seine Ergebnisse zur Zytodiagnostik. Im gleichen Jahr publizierte, unabhängig von Papanicolaou, auch der rumänische Pathologe Victor Babe? eine vaginaltumorzytologische Studie. Beide Arbeiten fanden aber zunächst wenig Beachtung. Erst 1943 verfassten Papanicolaou und der Gynäkologe Herbert F. Traut eine Monografie mit dem Titel Diagnosis of uterine cancer by the vaginal smear, die als Geburtstunde der gynäkologischen Zytodiagnostik gilt.

Literatur

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