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GESUNDHEIT

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Aufzeichnungen zur Tilgung von Ungerechtigkeit

Aufzeichnungen zur Tilgung von Ungerechtigkeit oder auch Gesammelte Aufzeichnungen zur Tilgung von Ungerechtigkeit ist ein von dem chinesischen Arzt Song Ci der Song-Dynastie im Jahre 1247 verfasstes Handbuch für amtliche Leichenbeschauer, das der Autor schrieb, um der von ihm wiederholt beobachteten Verurteilung von Unschuldigen vorzubeugen. Dies ist das weltweit erste Werk zur Gerichtsmedizin, das seit dem 19. Jahrhundert auch das Interesse der Europäer weckte.

Inhalt

Die heute erhaltene älteste Druckausgabe erschien während der Yuan-Dynastie. Sie ist in 5 Bücher mit insgesamt 53 Kapiteln gegliedert. Das erste Buch enthält die kaiserlichen Erlasse der Song-Dynastie zur Untersuchung von Körpern und Wunden. Das zweite Buch stellt die Verfahren der Leichenuntersuchung vor. Die drei folgenden Bücher beschreiben den Zustand der Leiche bei verschiedenen Todesarten sowie die Behandlungsweise bestimmter Verletzungen. Song Ci greift historische Fallbeispiele auf, die er mit eigenen Erfahrungen verknüpft. Seine im Text erkennbaren anatomischen Kenntnisse gehen nicht über das zeitgenössische Wissen hinaus. Von bleibendem Wert jedoch waren die von ihm entwickelten Prozeduren und die Anforderungen an den zuständigen Beamten. Dieser solle die verwundete oder getötete Person nicht anderen überlassen, sondern selbst untersuchen - bei Leichen möglichst rasch, um Veränderungen durch Verwesung oder Manipulationen durch Dritte vorzukommen. Auch solle er sich nicht vom Geruch der Leiche abschrecken lassen. Falls nötig, sei die Untersuchung zu wiederholen. Den Bericht schreibe man eigenhändig mit größter Detailgenauigkeit und Sorgfalt. Song Ci blieb nicht bei der bloßen Beobachtung. So führte er Tests an Tierleichen durch, um die Art der Wunde zu bestimmen. Wunden werden markiert, neben der Farbe, Form und Größe auch ermittelt, ob sie bis zum Knochen gehen. Blasen sind zu öffnen, da sich darunter eine Wunde befinden kann. Eine silberne Nadel wird in den Rachen eingeführt und gegebenenfalls deren Schwärzung notiert. Die Haut wird bearbeitet, um Wunden wieder sichtbar zu machen. Nicht mehr sichtbare Blutflecken an Klingen treten durch Erhitzen und Benetzung mit Essig wieder zutage. Alle Körperöffnungen werden auf heimlich eingeführte Nägel oder Nadeln überprüft. Um Verletzungen an den Knochen zu ermitteln, werden diese in einer aufwendigen Prozedur gereinigt und mit Tinte oder Öl behandelt.

Verbreitung


Das Buch, das eine Reihe späterer Werke prägte, wurde über Jahrhunderte hinweg geschätzt. Auf der Grundlage von Song Cis Werk entstanden ähnliche Werke wie die von Wáng Y? 1308 veröffentlichen "Aufzeichnungen zur Aufhebung von Ungerechtigkeit" (W?-yu?n lù, ). Im Jahre 1440 erschien erstmals eine koreanische Ausgabe Sinju Muw?nnok??????, die der Herausgeber Choe Chi-un ausgiebig kommentierte. Während der siebziger Jahre des 17. Jahrhunderts veranlasste Itakura Shigenori, seinerzeit Gouverneur von Ky?to, den ersten Nachdruck in Japan. 1736 veröffentlichte Kawai Jinbe Auszüge in japanischer Übersetzung.

1779 stellte der in Beijing lebenden französische Missionar Pierre-Martial Cibot (1727-1780) erstmals einen kurzen Abriss des Werks als "Notice du livre Chinois Si-yuen" vor. Den ersten englischen Bericht veröffentlichte der in Hongkong wirkende schottische Arzt William Aurelius Harland (1822-1858) im Jahre 1855 unter dem Titel "Notice on a Chinese Work on Medical Jurisprudence, entitled Se-yueh-lu". Nur wenige Jahre darauf erschien die "Geregtelijke Geneeskunde" des ehemaligen Militärpharmazisten, Sinologen und Vizekonsuls in Amoy und Übersetzers der niederländischen Ostindien-Kompanie Carolus Franciscus Martinus de Grijs (1832-1902). 1908 gab der Militärarzt Heinrich Breitenstein die "Gerichtliche Medizin der Chinesen von Wang-in-Hoai" heraus. Breitenstein hatte sich allerdings dieser Mühe nur unterzogen, "um dem Leser einen Einblick in die Verbrechen und Laster dieses Volkes" zu ermöglichen. Durch das Studium der "Gerichtlichen Medizin" sei es ihm endlich gelungen, den Charakter der medizinischen Wissenschaft in China zu ergründen: "eine rohe Empirie, welche sich auf reinen Animismus" stütze (S. VI). Im folgenden Jahr veröffentlichte Charles Henry Litolff (1865-1951) eine über acht Nummern der Revue Indochinoise verteilte französische Übersetzung einer Ausgabe, die er in Vietnam gefunden hatte. Eine von dem Sinologen Herbert Allen Giles (1845-1935) angefertigte englische Übersetzung "The Hsi Yüan Lu, or Instructions to Coroners" erschien 1924 in der China Review. Weitere englische Übersetzungen folgten im Laufe des 20. Jahrhunderts.

Übersetzungen in westliche Sprachen

  • Notice du livre chinois Si-yuen. In: Mémoires concernant l'histoire, les sciences, les arts, les moeurs, les usages, &c. des Chinois par les missionnaires de Pe-Kin. Tome IV, 421-440, Paris, 1791. ( Digitalisat (Google Books))

  • W.A. Harland, M.D., Records of Washing away of Injuries. Hong Kong 1855.

  • Geregtelyke geneeskunde, uit het chineesch vertaald door C. F. M. de Grijs. Verhandelingen van het Bataviaasch Genootschap van Kunsten en Wetenschappen ; d. 30, 3. stuk,1863. (118pp.)

  • Gerichtliche Medizin der Chinesen von Wang-in-Hoai - Nach der holländischen Übersetzung des Herrn C.F.M. de Grys herausgegeben von Dr. H. Breitenstein. Leipzig: Th. Grieben (L. Fernau), 1908. (174pp.

  • Ernest Martin, Exposé des principaux passages contenus dans le Hsi Yuan Lu. Revue d'Extrême-Orient. 1882, 3: 333-380; dito 4: 596-625.

  • Charles Henry Litolff, Médecine légale sino-vietnamienne - le livre de la réparation des torts. In: Revue Indochinoise, (1909) 6: 531-65; 7: 676-703; 8: 767-87; 9: 881-905; 10: 1017-32; 11: 1107-113; 12: 1217-24. (1910) 1: 418-27.

  • H.A. Giles, The Hsi Yüan Lu, or Instructions to Coroners. Proceedings of the Royal Society of Medicine. 17:59-107, 1924.

Literatur

  • Brian E. McKnight, The Washing Away of Wrongs: Forensic Medicine in Thirteenth-Century China. Science, medicine, and technology in East Asia, v. 1. Ann Arbor: Center for Chinese Studies, University of Michigan, 1981 (ISBN 0892648007).

  • Viole O'Neilly et al, ''A Chinese Coroner's Manual and the Evolution of Anatomy''. In: Journal of the History of Medicine and Allied Sciences. 1976, 31(1): 3-17.

Einzelnachweise/Anmerkungen

Weblinks

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