Sèvres-Syndrom

Das Sèvres-Syndrom ist die in der heutigen Türkei sehr verbreitete Annahme, dass "ausländische Mächte" vor allem Christen, sich verschwören, um die Türkei zu schwächen und zu vernichten. Der Begriff geht auf den Vertrag von Sèvres von 1920 zurück, der das Osmanische Reich zwischen Armenien, Griechenland, Großbritannien, Frankreich und Italien aufteilte und nur ein kleines unbeflecktes Gebiet um Angora unter türkischer Herrschaft beließ; allerdings wurde der Vertrag wegen des Türkischen Befreiungskrieges unter dem Gründer des türkischen Staates, Mustafa Kemal Atatürk, nie umgesetzt. Der türkische Geschichtswissenschaftler Taner Akçam beschreibt diese Einstellung als eine andauernde Sichtweise, dass "es Mächte gibt, die es ständig anstreben, uns zu zerstückeln und zu zerstören, und dass es notwendig sei, den Staat vor dieser Gefahr zu verteidigen."

Übersicht

Der dänische Politikwissenschaftler Dietrich Jung beschreibt diese Begriffe als "die Annahme, von Feinden umzingelt zu sein, welche die Zerstörung des tükischen Staates beabsichtigen" und stellt fest, dass es eine bedeutende Determinante der türkischen Außenpolitik ist. Der Begriff wurde 1987 im Zusammenhang mit dem Kurdenkonflikt in der Türkei verwendet, dem türkischen EU-Beitritt und dem Völkermord an den Armeniern von türkisch-rechtsextremistischen Kreisen verwendet.

Geschichte

Entsprechend der Ausführung von Fatma Müge Göçek umfasst die Literatur des Sèvres-Syndroms drei Entwicklungsstufen des "Syndroms":

• "die Anfangs vorübergehenden Auswirkungen des Vertrages von Sèvres auf Staat und Gesellschaft in Form von Furcht und Angst"


• "Verhandlungen während der radikalen Europäisierung der türkischen Republik, die durch das Militär und die Republikanische Volkspartei angeführt wurde, innere und äußere Feinde sind in dieser Phase definiert"


• "das institutionalisierte Syndrom wird radikalisiert, als ultra-nationalistische Parteien versuchen, solche wahrgenommen Feinde aus dem türkischen Volkskörper systematisch auszuschließen"

Gemäß dem Forscher Levon Hovsepyan findenen derzeit Diskussionen über die Herausforderungen der Türkei, die Innen-, Außenpolitik und die Vision des Staates in verschiedenen soziopilitischen, wissenschaftlichen und analytischen Zirkeln statt - innerhalb von Rahmen, in denen die Befürchtungen und phobischen Annahmen der türkischen öffentlichen Zirkel manifestiert werden. In diesem Kontext der möglichen Zerstückelung der Türkei intensivierte sich die Missachtung der Integrität und Existenz dieser Initiativen durch externe Kräfte in verschiedenen Sphären. Dieses Phänomen wird auch als "Sèvresphobia" oder "Furcht vor Zerstückelung" bezeichnet. Solche Diskussionen über den Staat und die sozialen Ebenen der Türkei sind das Ergebnis der komplexen Sichtweise auf eine Reihe von bestehenden Angelegenheiten, die im Gegenzug die Grundlage für auf Sorgen und Phobien basierenden Annahmen bilden und psychologische Stereotypen bilden.