C6 MAGAZIN
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DATENSCHUTZ

09.05.2011

Der Zensus 2011 hat begonnen

Heute beginnt in Deutschland der Zensus 2011. Bei dieser Volkszählung wird etwa ein Drittel der Bevölkerung befragt. Die Kosten für das umstrittene Projekt sollen sich auf 710 Millionen Euro belaufen. Anders als bei der letzten Volkszählung von 1987 gab es dieses Mal keine Massenbewegung zum Boykott der Volkszählung. Dennoch stehen viele Bürger der neuen Datenerhebung skeptisch gegenüber.

Einen großen Erfolg konnte die Bewegung gegen das Volkszählungsgesetz von 1983 immerhin erringen. Das Bundesverfassungsgericht erklärte Teile des damaligen Gesetzes für verfassungswidrig. Wegweisend war das damalige "Volkszählungsurteil" deshalb, weil das Bundesverfassungsgericht auf der Grundlage bestehender Grundrechte (allgemeines Persönlichkeitsgrundrecht laut Grundgesetz (GG), Artikel 2 Absatz 1 und der Menschenwürde (Artikel GG) ein Grundrecht auf informationelle Selbstbestimmung anerkannte. Das so genannte Allgemeinwohl kann dieses Recht allerdings relativieren. Aufgrund einer Verordnung der Europäischen Union wird in allen Mitgliedsstaaten der EU ein Zensus durchgeführt. Die Modalitäten der Erhebung regelt jeder Mitgliedsstaat eigenständig.

In Deutschland besteht das Interesse der Statistikämter darin, verlässliche Zahlen über die tatsächliche Einwohnerzahl Deutschlands zu erhalten. Vermutet wird nämlich, dass sich unter den angenommenen 82,4 Millionen Einwohner einige Karteileichen befinden. Die Höhe von Bundeszuschüssen zu den Haushalten von Ländern und Gemeinden hängt nämlich wesentlich von der Einwohnerzahl dieser Gebietskörperschaften ab (Stichwort: "Länderfinanzausgleich"). Das Statistische Bundesamt schätzt, dass in Deutschland tatsächlich 1,3 Millionen Menschen weniger leben könnten als angenommen. Ein weiteres Argument, das als Grund der gegenwärtigen Volkszählung aufgeführt wird, ist die Gewinnung von verlässlichen Planungsdaten für Straßen, Stromnetze und andere bauliche Maßnahmen.

Der Datenschutzbeauftragte des Landes Schleswig-Holstein, Thilo Weichert, hält den heute beginnenden Zensus dennoch für überflüssig. Gesicherte Daten lägen in vielen Behörden vor, so den Meldeämtern, der Rentenversicherung, der Bundesanstalt für Arbeit und weiteren Verwaltungen. Durch Verbesserungen des Melderechts sei auch die Zuverlässigkeit der Melderegister in den vergangenen Jahren gestiegen. Von einem möglichen Missbrauch der erhobenen Daten geht jedoch auch Weichert nicht aus.

Kritik rief - vorgetragen vor allem durch den "Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung" - die in den deutschen Fragebögen enthaltenen Fragen nach Religion, Glaubensbekenntnis und Migrationshintergrund hervor, die von der Europäischen Union gar nicht verlangt worden waren. Der Präsident des Statistischen Bundesamtes, Roderich Egeler, entgegnete auf diese Kritik, man erhoffe sich durch diese Daten Aufschlüsse für die künftige Integrationspolitik in Deutschland. Die Skepsis gegenüber dem Zensus bleibt. Gert G. Wagner, Vorsitzender der Zensuskommission, erhielt von kritischen Datenschützern Anfang April den Big Brother Award verliehen. Kritiker sehen den Datenschutz nach wie vor nicht gewährleistet. Von ihnen wird unter anderem eine mögliche Zweckentfremdung der Daten befürchtet und die Möglichkeit der Zusammenführung von Daten aus verschiedenen Quellen sowie die Gefahr, dass die sogenannte Rückspeicherung der korrigierten Datensätze in die Register-Datenbänke befragte Einzelpersonen identifizierbar machen könnte.

Trotz dieser Kritik bleibt der Widerstand gegen das Statistikprojekt eher marginal. Im Internet lassen sich eine Reihe von Boykottaufrufen finden. Eine große Volksbewegung wie 1987 ist nicht zu erwarten. Wer trotzdem boykottiert, muss mit Geldbußen bis zu 5.000 Euro rechnen.

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