Felipe CalderónAm Montag kam es in Mexiko-Stadt zum ersten Mal seit Beginn der Proteste gegen das offizielle Wahlergebnis der Präsidentenwahl vom 2. Juli zu gewaltsamen Auseinandersetzungen. Bereitschaftspolizisten lösten Medienberichten zufolge eine Demonstration von Anhängern des offiziell unterlegenen Andrés Manuel López Obrador gewaltsam auf, wobei sie Tränengas und Schlagstöcke einsetzten. An der Demonstration, die vor dem Kongress aufgelöst wurde, hatten auch Abgeordnete der linksgerichteten Partido de la Revolución Democrática (PRD), der auch López Obrador angehört, teilgenommen.
Die Demonstranten reagierten laut einem Artikel der Nachrichtenagentur Reuters mit dem Werfen von Steinen auf den Polizeieinsatz gegen die Demonstration. Nach Angaben eines PRD-Abgeordneten, auf den sich Reuters beruft, wurden bei den Auseinandersetzungen 30 Menschen verletzt, darunter 15 Kongressabgeordnete. Die Nachrichtenagentur ?Associated Press? berichtet von acht Verletzten, unter ihnen mindestens zwei Kongressabgeordnete. Im mexikanischen Fernsehen wurden Filmaufnahmen gezeigt, auf denen Polizisten dabei zu sehen waren, wie sie Kongressabgeordnete schlugen.
Die an der Auseinandersetzung beteiligten Politiker wollten laut AP einen Abschleppwagen daran hindern, Autos abzuschleppen, mit denen die Protestierenden den Eingang zum Kongress blockiert hatten. Die Demonstranten wollten in der Nähe des Kongresses ein Protestcamp errichten, wo der scheidende Präsident Vicente Fox am 1. September seine letzte Rede zur Lage der Nation halten wird. Heute gab es bereits eine neue Demonstrationen vor der spanischen Botschaft in Mexiko-Stadt. Für diesen Termin hat López Obrador eine Massenkundgebung angekündigt.
Andrés Manuel López Obrador, 2003Mit den seit Bekanntgabe des Wahlergebnisses andauernden Protesten wollen die Anhänger von Andrés Manuel López Obrador eine Neuauszählung aller 41 Millionen abgegebenen Wahlzettel erreichen, da das Wahlergebnis mit einem knappen Sieg für Felipe Calderón (PAN) ihrer Meinung nach durch Wahlbetrug zustande gekommen ist. Laut offiziellem Wahlergebnis erhielt Felipe Calderón 244.000 Stimmen mehr als sein Kotrahent López Obrador. Andrés Manuel López Obrador hatte seine Unterstützer nach der Wahl zu zivilem Ungehorsams aufgerufen. Daraufhin blockierten dessen Anhänger in der mexikanischen Hauptstadt Straßen und die Eingänge wichtiger Gebäude.
Andrés Manuel López Obrador kritisierte das Verhalten der Bundespolizei scharf. ?Was heute passiert ist, zeigt, wie sie ihre Masken abnehmen und ihre Schwätzerei von Rechtsstaatlichkeit und Respekt beiseite legen?, sagte der ehemalige Regierungschef des Bundesdistrikts Mexiko-Stadt vor Anhängern. Seiner Meinung nach haben die Bundesbehörden am Montag Autoritarismus wie in den schlimmsten Momenten der mexikanischen Geschichte offenbart.
Die Bundespolizei hat nach eigenen Angaben Richtlinien befolgt und die Demonstration aufgelöst, weil die Demonstranten den Zugang zum Kongress blockiert hatten. Die Bundespolizei rief die López-Obrador-Unterstützer dazu auf, sich bei ihren Protesten an die Gesetze zu halten. In einer Pressemitteilung der Bundespolizei heißt es, die Polizei habe mit den Demonstranten in einen Dialog treten wollen; dies habe sie aber aufgegeben. Anschließend hätte sie die Blockade beseitigt. Nach den Zusammenstößen baute die Polizei Absperrgitter rings um das Kongressgebäude auf. Demonstrationsteilnehmer vertreten dagegen die Auffassung, die Polizei sei zu weit gegangen. Abgeordnete der PRD haben Beschwerden gegen die beteiligten Beamten eingereicht.
Bisher wurden offiziell noch keine Ergebnisse der teilweisen Neuauszählung bekanntgegeben, obwohl diese abgeschlossen ist. Betroffen sind davon neun Prozent der 130.000 Wahllokale. Medienberichten zufolge wird aber die Neuauszählung keine Änderung des Ergebnisses bringen. Der Kandidat der PAN, Felipe Calderón, hatte einen Vorsprung von 244.000 Stimmen.
Die Partei ?Partido de la Revolución Democrática? (PRD) teilte mit, das die Nachzählung unter anderem ergeben hätte, dass sich bei 60 Prozent der untersuchten Fälle Unregelmäßigkeiten gezeigt hätten. Eine Manipulation von 100.000 Stimmen läge vor. Am Sonntag hatte die Linkskoalition, für die Obrador angetreten war, behauptet, dass bei den 8.621 bis zu diesem Zeitpunkt ausgezählten Urnen in fast 6.000 Anomalien festgestellt worden seien. Nach Angaben der Linkskoalition führten die bereits festgestellten Unregelmäßigkeiten zu einem anderen Wahlergebnis. Die Partei ?Nationale Aktion? (PAN) behauptet das Gegenteil. Demnach seien 75 der ausgezählten Urnen in Ordnung. Der Präsidentschaftskandidat der PAN erklärte sich am Montag erneut zum Wahlsieger. Die teilweise Neuauszählung bestätige seinen Sieg, sagte Felipe Calderón. Laut Calderón ist keine einzige ernsthafte Anomalie festgestellt worden.
Die Ausrufung des Wahlgewinners durch das aus sieben Personen bestehende Bundeswahlgericht muss bis zum 6. September 2006 erfolgen. Danach gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder es gibt den offiziellen Wahlgewinner bekannt, oder es wird eine Verfügung erlassen, dass teilweise oder ganz neu gewählt werden muss. Da die PRD mit seinen Straßenblockaden für großen Unmut sorgt, steigt der Druck seitens der Bevölkerung, jedoch früher einen offiziellen Wahlsieger bekanntzugeben.