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FRANKREICH

21.03.2012

Mordserie in Südfrankreich verbreitet Angst und Schrecken

Zuerst sah es nach einem Schulamoklauf aus, doch inzwischen wird ein terroristischer Hintergrund vermutet. Am Montag (19. März 2012) wurden vor einer jüdischen Schule ein Religionslehrer, dessen beiden Kinder sowie ein weiteres Kind erschossen. Doch ergaben die Ermittlungen schon bald, dass mit derselben Waffe drei Soldaten ermordet wurden. Alle drei in Toulouse und Montauban erschossenen Soldaten waren nordafrikanischer Herkunft. Tausende von Beamten fahndeten nach dem Täter, der bei allen drei Verbrechen mit einem Motorroller vom Tatort geflohen war.

Möglicherweise haben Sondereinheiten den Täter in der Nacht gestellt. Es kam zu einer Schießerei, bei der drei Polizisten verletzt wurden. Der 24-jährige Verdächtige hat sich in einer Wohnung im Toulouser Stadtteil Côte Pavée verschanzt. Er gab an, zu al-Qaida zu gehören und mehrfach in Afghanistan gewesen zu sein. Er habe die Taten begangen, um palästinensische Kinder zu rächen und um die französische Armee anzugreifen, teilte Innenminister Claude Guéant vor der Presse mit. Die Polizei verhandelt mit dem Verdächtigen, der bereits nach den beiden Anschlägen auf Soldaten ins Visier der Direction centrale du renseignement intérieur (DCRI), des französischen Inlandsgeheimdienstes, geraten war, doch soll die Kriminalermittlung nach den Morden an der Schule stärkere Verdachtsmomente ergeben haben.

Die Fahnder prüfen allerdings auch, ob die Tat einen rechtsextremistischen Hintergrund hat. Bilder von Überwachungskameras zeigen, dass der Mörder eine digitale Kamera mit sich führte, teilte die Polizei mit. Es sei deswegen möglich, dass der Mann seine Taten gefilmt habe. Man überwache deswegen das Internet und befürchte weitere Anschläge.

Es wurden keine Fingerabdrücke oder DNA-Spuren gefunden, auch gibt es kein Phantombild des Täters, dessen Gesicht durch das Tragen eines Helmes für Augenzeugen nicht erkennbar war. Der Täter hat einen Colt vom Kaliber .45 verwendet.

An allen französischen Schulen wurde am Dienstag um 11.00 Uhr mit einer Schweigeminute an die Opfer gedacht. "Es ist in Toulouse passiert, in einer Konfessionsschule mit Kindern aus jüdischen Familien, doch es könnte hier passiert sein", sagte Frankreichs Staatspräsident Nicolas Sarkozy bei der Schweigeminute in einer weiterführenden Schule in Paris. "Der selbe Mörder hätte hierher kommen können, diese Kinder sind genau wie ihr."

Zwei der drei erschossenen Soldaten waren Angehörige des 17. Fallschirmjägerregiments. Drei im Jahr 2008 aus dem Regiment wegen neonazistischer Aktivitäten entlassene Soldaten standen zwischenzeitlich unter Verdacht, doch wird eine Tatbeteiligung der drei inzwischen ausgeschlossen, sagte eine Quelle in der Polizei der Nachrichtenagentur Reuters.

Die Polizei hat zusätzliche Beamte in die Region entsandt, um Gotteshäuser und Schulen zu schützen. Die Anschläge ereigneten sich fünf Wochen vor der französischen Präsidentschaftswahl. Die Parteien hatten sich nach dem Bekanntwerden des Attentats auf die Schule darauf geeinigt, den Wahlkampf für 48 Stunden zu unterbrechen. Politische Beobachter sind der Meinung, dass das Verbrechen den Wahlkampf beeinflusst. Amtsinhaber Sarkozy hatte Themen der Front National aufgegriffen, um potentielle Wähler von Marine Le Pen anzuziehen. "Es wird noch mehr darüber debattiert werden, vor allem darüber, ob die Spannungen in der Gesellschaft, die von Nicolas Sarkozy und der [regierenden] UMP geschaffen wurden, nicht irgendwie diese Art der Gewalt provoziert oder vereinfacht hat", schrieb der Herausgeber des Magazins L'Express, Christophe Barbier. Doch Außenminister Alain Juppé ist der Auffassung, dass der Wahlkampf die Taten keinesfalls ausgelöst haben könne.

Die Leichname der vier jüdischen Opfer wurden am Dienstag nach Israel zur Bestattung geflogen. Die Tat hat in der jüdischen Gemeinschaft - rund eine halbe Million Juden leben in Frankreich, davon etwa 25.000 in Toulouse - erneut Fragen nach der Sicherheit jüdischer Bürger aufgeworfen. Etwa seit Ende 2000 kommt es immer wieder zu Anschlägen auf jüdische Einrichtungen und Bürger. Zu einem Höhepunkt an Straftaten gegen Juden und deren Eigentum in Frankreich kam es während der Operation Gegossenes Blei.

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