C6 MAGAZIN
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TECHNIK 26.4.2003

Concorde - Absturz einer Legende

Die Concorde galt dreißig Jahre lang als das sicherste und schnellste Passagierflugzeug der Welt. 25. Juli 2000, Schicksalstag der donnernden Lady, veränderte die Geschichte der modernen Luftfahrt. Paris – New York in vier Stunden. Große Pläne, kleines Gepäck. 7.000 Euro das Onewayticket. Für Viel- und Schnellflieger die modernste, die schnellste sicherste und durchaus bequemste Art der Fortbewegung in der Luft.
Alle 20 Jahre wurde die Concorde komplett überholt und auseinandergenommen.
© UNBEKANNT
Alle 20 Jahre wurde die Concorde komplett überholt und auseinandergenommen.
Keine Warteschlangen beim Einchecken, kein Zeitverlust bei der Ladung. Mehr als nur ein Flug, ein Abenteuer. Doch was macht den Zauber der Concorde aus? Der Geschwindigkeitsrausch? Der Luxus? Die Ruhe? Oder der Blick ins 21. Jahrhundert? Mit 400 Stundenkilometer hebt das Flugzeug ab, angetrieben von einem Raketenantrieb, wie es nur Kampfjets besitzen. Die Concorde besitzt ganz vier davon. Über dem Atlantik wird auf "Mach2", der doppelten Schallgeschwindigkeit beschleunigt. Zwei Stunden lang Überschall. Die Außentemperaturen erhöhen sich auf über 100 Grad Celsius. Innen ist kaum etwas davon zu spüren. Lediglich die Fenster fühlen sich etwas wärmer an als sonst.

Die komplette Maschine dehnt sich um gute 20 Zentimeter in die Länge aus. Bei ersten Versuchen mit der Überschallgeschwindgkeit verloren zahlreiche Piloten ihr Leben, weil die Maschinen einfach auseinanderbrachen. 1.000 Stundenkilometer, die Grenze der Schallmauer, die "Mach1" ist vom Menschen nicht zu bezwingen. So scheint es zumindest. Versuche in der Mitte der 50er-Jahre, in einer vom Militär bestimmen technischen Entwicklung, begannen die ersten Tests für die äußere Form der Überschallpassagierjets.

Technische Daten
Erstflug: 02. März 1969
Antrieb: 4 Rolls/Royce SNECMA Olympus 593
Spannweite: 25,5m
Schub: jeweils 17260 kp
Länge: 62,22m
Reisegeschwindigkeit: 2170 km/h in 18 Tm
Höhe: 12,15m
Gipfelhöhe: 19800 m
Abfluggewicht: 185 t
Reichweite: 6570 km
    
 
Frankreich und Großbritannien schlossen einen Vertrag, der besagte, dass das gemeinsame Projekt bis zum Ende, und koste es, was es wolle, durchgeführt würde. Dabei teilten sich beide Seiten penibel die Kosten für die Entwicklung. Niemandem der beiden Seiten wurde gestattet, aus dem Projekt auszusteigen. So war man sich gleichzeitig seiner Pflicht bewusst und konnte sich auf den anderen Partner verlassen. Zugeständnisse auf beiden Seiten. Die Concorde wurde am Ende mit einem "e" versehen, im Gegenzug dazu erklärten sich die Franzosen bereit, die englische Sprache im Team zu akzeptieren. Zwar wurde in Frankreich in Zentimeter gemessen, und in England in Inch, aber zwei sich nicht immer wohl gesonnene Mächte arbeiteten an einem gemeinsamen Ziel, festgehalten in einem Zweinationenvertrag, der die Legende Concorde zum Leben erweckte.

Von den Technikern und Ingenieuren wurde das höchste verlangt. Leistung, dir von noch keinem Motor verlangt wurde, wurde hier geschaffen. Ein technisches Meisterwerk, das allerhöchsten Ansprüchen und Sicherheiten zwingend standhalten musste. Das Problem bei der Arbeit lag in der dezentralen Führung, es gab immer zwei Verantwortliche. Doch letztendlich wurde aus einer Idee Wirklichkeit. Die Concorde wurde geboren. Nur 30 Flugkapitäne besitzen die Lizenz, eine Concorde zu fliegen. Denn das Flugzeug wird nicht einfach nur geflogen, es wird die gesamte Strecke über immer am Limit gehalten. Keine Zeit für Fehler, kein Irrtum mehr möglich, absolute Perfektion und Konzentration. Und das alles in 75.000 Fuß Höhe. Doppelt so hoch und doppelt so schnell, wie ein Jumbojet fliegt.

Beim ersten Flug trugen die Piloten, der britische Brian Trubshaw und der französische Kapitän André Turcat noch Helme. Diese Helme, die Pilotenanzüge, Brillen und auch die erste Concorde, die als Serienflugzeug zugelassen wurde, steht heute als Museumsgabe in Toulouse. Der kommerzielle Erfolg ließ nicht lange auf sich warten. Verschiedene Airbusgesellschaften sicherten sich Optionen auf die Maschine, darunter auch die deutsche Lufthansa, Man rechnete, im Jahre 2000 würde die Concorde den Wettstreit gegen Jumbojetzt Boeing 747 gewinnen und das meistverkaufteste Flugzeug der Welt werden. Ob in Singapur, in Rio de Janeiro, in Sydney oder in Johannesburg: die Concorde war überall willkommen.

Selbst der britische Prinz Phillipp und Bernhard der Niederlande konnten der Versuchung nicht widerstehen, einmal die Concorde persönlich zu fliegen. Mehr als nur ein Hauch von Exklusivität. Finanziert von Steuergeldern konnte der Traum, einmal in diesem Überschallflugzeug zu sitzen, den kleinen Mann nicht erreichen. Ein Ticket löhnte um die 7.000 Euro. Die donnernde Schönheit: Ein Anblick wie aus dem Bilderbuch. Majestätisch, wunderbar und faszinierend. Diese Schönheit hat ihren Preis. Mit 85 Tonnen Treibstoff betankt nicht gerade ein umweltfreundliches Flugzeug. Der Sprit reichte gerade einmal für einen Flug Paris – New York oder umgekehrt. In vier Stunden erreichte die Concorde ihr Ziel. Fliegen am absoluten Maximum und immer haarscharf am Irrtum.

Schon bald wurden die schönsten Flugstrecken überhaupt eingestellt. Dir Reisen nach Südamerika lohnten nicht mehr, die kommerziellen Erfolge sah man in der Paris – New York Route, die ab 1982 planmäßig abgeflogen wurde. Frühstück in Paris, Mittagessen über dem großen Teich, ein kleiner Shoppingbummel, und abends wieder zurück in Europa. Die Concorde als Statussymbol? Nein, pure Bequemlichkeit. Die "Mach2" erlaubte nicht, ohne Schutzschirm zu fliegen. Die Reibung, Geschwindigkeit und die extrem Temperaturen würden die Fenster bersten lassen. Ein ausfahrbarer Sichtschutz in der Nase des Flugzeuges schützte die Maschine, den Piloten blieb nur ein kleines Fenster zur freien Sicht. Bei den Landungen wurde der Sichtschutz wieder versenkt. Die Concorde konnte mit Blick auf den Flughafen landen. Die vorerst letzte Landung in New York im Jahr 1973.

Zahlreiche Umweltschutzorganisationen und Privatpersonen sprachen sich in einer Kampagne gegen Abgase, Überschall, Umweltverschmutzung und Lärm aus. Die Lobby der Aktivisten erwirkte ein Landeverbot. Hintergrund der Aktion war aller Wahrscheinlichkeit nach ein Wirtschaftskonflikt. Trotz dass die Amerikaner die Entwicklung eines Überschallgeschwindigkeitsfluges aufgaben, fürchteten sie die drohende Konkurrenz auf dem Weltmarkt. Die erste Schlacht der Concorde gegen die Boeing 747. Sofort wurden 77 Kaufoptionen zurückgezogen, ein finanzielles und wirtschaftliches Desaster bahnte sich an. Als sich die Pan American zurückzieht, die Ölpreise in die Höhe schnellten, und zum Schluss nur noch die Air France und British Airways an der Concorde Interesse bekundeten, sagte man das "Ende vom Anfang" voraus. Damit verurteilten die Amerikaner das Projekt, die Concorde als Linienflugzeug zu nutzen, zum Scheitern.

Kämpfte man einen aussichtslosen Kampf? Weit gefehlt. Die Concorde wurde noch exklusiver, schwerer zu erreichen. Das machte sie zum großen Star. Sie war beliebter denn je. Dreißig Jahre ohne Abstürze, ein technisches Meisterwerk, ausgefeilt bis ins Detail, versehen mit einer Ansaugpumpe, die die aktuelle Geschwindigkeit maß, einem Wetterradar, dass Turbulenzen, Gewitter und Wolkenfelder anzeigte. Zwanzig Stunden Servicearbeit steckten in einer Stunde Flugzeit. Zwanzig mal so vie wie in einem Jumbo.

25. Juli 2000, Paris. Startbahn 26. Es ist 16:42 Uhr. Die Concorde bekommt Starterlaubnis. Der Todesflug dauerte nicht einmal zwei Minuten. Bis heute ist man sich nicht sicher, ob die 100 Passagiere und neun Crewmitglieder viel mitbekommen haben, als sie mit der Concorde in einem rauchenden Feuerinferno abstürzten. Das Flugzeug fing etwa eine Minute nach dem Start Feuer, der Pilot reagierte schnell, versuchte eine Notlandung, denn für eine Vollbremsung war es schon drei ganze Sekunden zu spät. Die Concorde hob mit brennenden Motoren ab. Aufgrund der Flügelform war es dem Flugzeug nicht möglich, zu segeln, und sie stürzte wie ein toter Vogel vom Himmel.

Den Untersuchungen zufolge überrollte das Flugzeug ein Ersatzteil einer zuvor gestarteten C10 der Continental Airways. Ein Benzinmotor platzte, fing Feuer und 80 Tonnen Kerosin fingen Flammen. Die Concorde stürzte auf den Parkplatz einer Hotelanlage in der Nähe. 109 Menschen, darunter drei Kinder, fanden den Tod. In Frankreich wurde die Concorde sofort aus dem Verkehr gezogen. Lediglich eine Maschine durfte noch aus New York nach hause nach Europa zurückkehren. Ohne Passagiere. In Großbritannien wollte man den Verkehr weiterführen, doch die Flugsicherheit stoppte das Vorhaben. Die Concorde. Ein Flugzeug, das seiner Zeit technisch weit voraus war, wurde zur Legende. Der Mythos Concorde.
rk
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Artikel vom 26. April 2003

Weiterführende Links
- Concorde-Homepage von Andy

Kommentare über Technik

- am 29.11.2004:
An diesem Tag starben nicht nur Passagiere und Crewmitglieder, auch 4 Menschen am Boden fielen dem Concorde-Absturz zum Opfer.


Dieser Artikel hat eine sogenannte Kurz-Adresse:
http://archiv.c6-magazin.de/06/themen/concorde/

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