Als Volunteer in der Hauptstadt
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Jawohl! Ich bin dabei: Einer von 1.700 Volunteers, die in Berlin während der Weltmeisterschaft als freiwillige Helfer eingeteilt sind. Von den ursprünglich 7.000 Personen, die sich für den Standort Berlin beworben haben, wurde also jeder vierte genommen. |
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© SVEN EPPELSHEIMER |
Coca-Cola-Werbung am Potsdamer Platz in Berlin
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| | Ich werde im Pressebereich eingesetzt und bin dort speziell mit anderen Helfern für die Fotografen zuständig: Fragen beantworten, ihnen den Weg ins Stadion oder in den Pressebereich weisen. Und ansonsten: immer freundlich sein, mich in den Gegenüber hineinversetzen, der unter Zeitdruck arbeiten muss. Dass es mit den Fotografen unwiderruflich etwas schwierig werden kann, hat uns bei der Einweisung unser Chef, der im normalen Leben Pressesprecher bei Hertha BSC ist, gleich gesagt. Was aber auch einfach damit zusammenhängt, dass die Fotografen Unmengen an Ausrüstung mit sich herumschleppen, und, wie alle Journalisten, unter Zeitdruck arbeiten. Sie müssen schließlich ihre Fotos an die Zeitungen verkaufen.
Als ich mich vor mehr als einem Jahr für die Volunteerstelle beworben habe, wollte ich einfach mal sehen, wie so eine WM organisatorisch abläuft. Was die Welt im Innersten zusammenhält. Ich hatte drei Jahre als freier Mitarbeiter bei einer Sportzeitung gearbeitet und es reizte mich, die WM im eigenen Land mal aus etwas anderer Perspektive zu verfolgen. Vor neun Monaten hatte ich mein Bewerbungs-Gespräch. Es war recht locker, mein Gegenüber hat mir sofort das Du angeboten und mich gefragt, aus welcher Motivation heraus ich bei der WM dabei sein wolle. Und was für mich Gastfreundschaft bedeute. Dann habe ich eben erzählt, dass ich selbst Fußball gespielt habe und ich einfach neugierig sei. Und dass ich am Vortag beim ISTAF gewesen sei, erstmals das neue Stadion mit der blauen Tartanbahn gesehen habe, in dem so selten Stimmung aufkommt. Was aber natürlich auch an Hertha BSC liegen kann.
Zusage und Kick-Off
Und dann, einige Monate später, bekam ich mit der Post den Vertrag zugeschickt. Was dann folgte, waren einige elektronische Nachrichten: Das richtige erste Mal war dann am 26. März 2006, als die Berliner Volunteers im Horst-Korber-Sportzentrum auf ihre Arbeit eingestimmt wurden. Es gab ein kleineres Programm, Horst R. Schmidt vom DFB war anwesend, der Berliner Volunteer-Chef Kai Apelt, und dann die Chefs aller einzelnen Bereiche. Es gibt verschiedene Bereiche: Logistik, Marketing, PR, Kommunikation, Akkreditierung, um nur einige zu nennen. Bereits bei diesem ersten Zusammentreffen schien es für jeden Begriff eine englische Bezeichnung zu geben. Die dann auch bevorzugt wurde. Das wirkte nicht immer ganz glücklich, oftmals etwas gewollt, aber anscheinend will man weltmännisch klingen.
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© KARSTEN J. KLEE |
Der Bundestag in Berlin - auf dieser Grünanlage steht nun ein von Adidas erbautes Mini-Olympiastadion
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Na ja, ich fand es in dem Zusammenhang ganz witzig, dass Joe Simunic, Nationalspieler von Hertha BSC mit australisch-kroatischen Wurzeln, beim Quiz mit dem Ex-Profi Rene Tretschok im Duell gegen zwei Volunteers die deutsche Übersetzung für "public viewing" nicht parat hatte. Heißt einfach nur: Unzählige Fans gucken umsonst und draußen auf irgendeinem öffentlichen Platz zusammen ein Spiel und trinken Dosenbier dazu. Hat der gute Joe nicht gewusst und die beiden Volunteers haben dann also gewonnen. Ansonsten gab es Grußbotschaften vom Chef des OK, Franz Beckenbauer per Videoleinwand, noch ein paar Wort- und Videobeiträge auf der Bühne, während wir uns schon mal an den Geschmack der braunen klebrigen Brause gewöhnten.
Schulung, Einweisung und Einkleidung
Am 8. Mai 2006 fand dann die Schulung auf dem Gelände von Hertha BSC in der OK-Außenstelle da. Dort, wo ich im September bei sommerlichen Temperaturen auf mein Interview wartete, und da ich noch Zeit hatte, der Neuerwerbung Marko Pantelic den Ball bei einigen einfachen Übungen ordentlich weit vom Fuß springen zu sehen, traf ich also mit all jenen zusammen, die, entweder so wie ich, in die Fotografenuniform gesteckt wurden oder am Help Desk eingeteilt wurden. Es war ein buntes Völkchen: ein Großteil Studenten, mit und ohne eigene Fußballerfahrung, mit und ohne Motto für die WM, mit und ohne Medienerfahrung. Einige im Umgang mit der Kamera nicht ungeschickt, andere mit größeren Informatik-Kenntnissen. Die Studenten, zu denen ich auch zähle, machten wohl den größten Teil aus.
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© PHOTOCASE.COM |
Zwar nicht mitten in der Menge, aber dennoch bei der FIFA WM dabei: als Volunteer hat man die Möglichkeit mit für einen reibungslosen Ablauf zu sorgen
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Zur Präsentation gab es noch einen Ordner mit den wichtigsten Informationen. Das lustige war, dass einem da oftmals GOLEO 6 ins Auge sprang, dessen Karriere ein ziemlich trauriges Ende nahm. Aber eben erst Tage später, als da was von Insolvenz zu hören war. Ganz passend fand ich die Beschreibung von Simon Burton im "Guardian" vom 20. Mai 2006: "it is ugly, nearly naked and has the longest neck in showbiz.” Und dieser verunglückte Löwe sprang halbnackt durch den Ordner, um zu versinnbildlichen. Feine Idee. Im Anschluss an die Schulung machten wir uns, soweit bereits fertig gestellt, auf den Weg zu den verschiedenen Schauplätzen, nahmen uns Zeit für eine Tour durch das Olympiastadion und hatten Zeit, mit den Kollegen erste Erfahrungen auszutauschen. Alles in entspannter Atmosphäre.
Am darauf folgenden Wochenende (14./15. Mai 2006) gab es dann die Möglichkeit, sich zuerst anzukleiden und dann zu akkreditieren. Im Keller wurde man mit Poloshirts, Socken, Hosen, Regenjacke und Schuhen der Marke mit den drei Streifen ausgestattet. In der Einweisung wurde uns deutlich gesagt, dass die Sponsoren viel Geld bezahlt haben und es deswegen sehr schätzen würden, wenn wir nur Produkte der Sponsoren tragen würden. Mit einer riesigen Tasche unterm Arm machte man sich noch auf zum Akkreditierungscenter, bahnte sich den Weg durch all die links und rechts herumstehenden Pferde, lächelte schließlich einmal in die Kamera, und bekam seinen Ausweis, den zu tragen man während des Dienstes angewiesen ist.
Die Welt bei Freunden
In einigen Tagen beginnt in München mit dem Spiel Deutschland - Costa Rica die 18. Fußball-WM. In Berlin gibt es vier Vorrundenspiele (Brasilien-Kroatien, Schweden-Paraguay, Ecuador-Deutschland, Ukraine-Tunesien), ein Viertelfinalspiel und am 09. Juli 2006 das Finale. Die Tatsache, bei keinem dieser Spiele live im Stadion anwesend zu sein, lässt sich verschmerzen. Ebenso, die flanierenden Spieler nicht um Autogramme, Trikots oder andere Devotionalien ansprechen zu dürfen. Ich kann sehen, wie die Fotografen meterlange Objektive durch die Gegend wuchten, nach Spielende durch die Gänge hetzen, ihren Laptop beschwören, kann vielleicht auch aus der Ferne sehen, wie sich VIPs die Bäuche voll schlagen oder in teuren Limousinen verschwinden.
Aber vor allen Dingen kann ich mit meinen Mitstreitern bewirken, dass alles ein bisschen reibungsloser, einfacher und runder läuft. Dass die Welt sich zu Gast bei Freunden fühlt. Natürlich werde ich mit meinen Mitstreitern auch fluchen, wetten und mit ihnen lachen. Aber alles zu seiner Zeit.
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Kommentare über Fußball WMPeter am 08.06.2006: sorry, meinte natürlich Fifa, nicht DFB, Freud..
Peter am 07.06.2006: Hallo, schöner Artikel
ich möchte aber auch mal auf die negativen Aspekte des lustigen und fröhlichen DFB hinweisen.
Klar freut man sich über freiwillige Helfer und ist freundlich. Die kosten ja schließlich nichts, was mehr Geld für die "nicht-gewinn-orientierte" Organisation DFB bedeutet.
Mit den Leuten, die sich für einen echten, bezahlten Job bei der WM beworben haben, wird mitunter anders umgesprungen. Da kenne ich Einige, die bisher immer noch nicht wissen, wo, wann und ob sie überhaupt eingesetzt werden.
Grüße
Peter
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