C6 MAGAZIN
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DRITTE WELT 30.4.2006

Armut in Afrika

Armut ist nicht gleich Armut, auch nicht auf dem Kontinent, den die meisten Europäer mit Krieg, Armut und Krankheit in Verbindung bringen. In Afrika gibt es Länder in denen Touristen aus der alten Welt sich fast wie zu Hause fühlen können, wenn sie nicht genau hinschauen (wollen) und solche, wo man selbst beim wegschauen noch Armut sieht.

© CHARLOTT-NASTASIA EBERT
Ich sitze in einer kleinen Blechhütte, eine von tausenden in einer Masse von Blechhütten. Noch auf der Autobahn hatte die Sonne, die unablässig auf das Metal schien, die Illusion geweckt, man fahre mitten in ein gleißendes Meer. Nun hocke ich auf dem staubigen Boden und schaue in das Gesicht von Ntombi L.. "Na so", sie deutet um sich," sehen bei euch in Deutschland die Garagen aus." Ich lächele leicht. "Nein", dachte ich, " unsere Garagen sind komfortabeler." Mein Blick trifft den der alten Frau, sie zeigt ihr zahnloses, ehrliches Lächeln. Sie kann sich unseren Reichtum kaum vorstellen und für jeden, der es nicht selbst gesehen hat, bleibt ihre Armut unvorstellbar.

Leben am Minimum

Ntombi ist Südafrikanerin, hat noch nie ihr Land verlassen und soweit sie sich erinnert auch nicht ihre Provinz. Fließendes Wasser gibt es in ihrer "Shack", so heißen die Hütten, nicht. Sie bietet mir etwas zu essen an. Es gibt Pap, die Nahrung der Unterschicht, Maismehl mit Wasser zu einem Brei gekocht. Das gibt es am Morgen mit Milch und abends mit Brühe. Manchmal verteilen die Kirchen Maismehltüten, die die Supermarktketten abgegeben haben, da das Verfallsdatum abgelaufen ist, oder sie aus anderen Gründen nicht mehr verkaufbar sind.


© CHARLOTT-NASTASIA EBERT
Die Empfänger sieben das Mehl dann dankbar durch, von Ungeziefer befreit, können so wieder für einige Tage die hungrigen Mägen gefüllt werden. Die erweitere Arbeitslosenquote bei rund 40% und gerade die schwarze Bevölkerung leidet noch unter den Nachwirkungen des Apartheid-Regimes. Auch heute sind die Chancen der Menschen, die in einem Township leben, nur gering. Trotzdem gehört Südafrika noch nicht einmal zu den ärmsten 30 Ländern der Welt.

Das ärmste Land der Welt

Der Spitzenreiter dieser traurigen Liste ist Äthiopien. Dort leben 8 von 10 Bürgern von weniger als einem US-Dollar pro Tag. Ein US-Dollar entspricht fünf trockenen Brötchen oder zwei Schokoriegeln oder einem Schreibheft. Die Weltbank hat Äthiopien aber nicht nur auf den ersten Platz gesetzt, wegen des geringen Einkommens der Bevölkerung, sonder auch aufgrund anderer Faktoren: Die meisten Äthiopier leben von der Landwirtschaft (etwa 85 Prozent), so ein stark ausgeprägter Primärsektor ist auch immer ein Zeichen für Unterentwicklung, vor allem wenn die Landwirtschaft auf so primitive Art geführt werden muss wie in diesem ostafrikanischem Land.

Die Familien bewirtschaften kleine Flächen mit oft unzureichendem Saatgut und Werkzeug. Des Weiteren hat das Land eine hohe Analphabetenquote, nur jede 4. Frau und jeder 3. Mann können lesen und schreiben. Als ob das nicht genug Probleme wären, ist auch Äthiopien nicht verschont geblieben von der großen Seuche der Neuzeit: AIDS. Etwa 10- 15% der Bevölkerung ist mit dem HI-Virus infiziert. Die Betroffenen können sich – aufgrund ihrer Armut – die nötigen Medikamente zur Linderung nicht leisten. Ähnlich geht es aber auch den Menschen in Ntombis Township, obwohl Südafrika als Land um einiges besser geht als Äthiopien haben viele Menschen mit ähnlichen Problemen zu kämpfen. Hier sind sogar noch mehr Menschen infiziert. Man schätzt, dass es zwischen 20 bis 30% sind.

Vorwärts in eine bessere Zukunft

Mein Blick streift noch einmal über das Inventar des "Shacks" – eine Matratze in der linken Ecke, zwei Stühle prominent in der Mitte platziert, neben dem Eingang eine Kochplatte, daneben eine Kiste mit den restlichen Habseligkeiten wie Kleidung, zu aller letzt das Fernsehgerät – und ich stehe auf. "Wir können es uns nicht leisten, Afrika aus dem Blick zu verlieren", sagt Heidemarie Wieczorek-Zeul, "Ich denke, es wäre schön, wenn sich mehr und mehr Menschen intensiv mit Afrika beschäftigen würden – denn dann würden wir sehen, dass dort sehr selbstbewusste und kreative Menschen leben, die von uns eines fordern: Gerechtigkeit."

Diese Gerechtigkeit soll laut der UNO bis ins Jahr 2015 geschaffen werden. Dafür setzten sie die UN-Millennium Goals. Leider steht schon heute fest, dass man vieles von dem Vorgenommen nicht bis zu diesem Zeitpunkt erreichen wird. Aber für Ntombi und fast jeden Äthiopier werden auch die kleinsten Verbesserungen und der geringste Fortschritt helfen. Man kann vielleicht nicht immer in Millennium- Schritten gehen, aber die Hauptsache ist, es geht vorwärts.
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Artikel vom 30. April 2006

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