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GEWALT 27.6.2006

Wenn Ballerspiele zur Realität werden

Nach jedem Gewaltvorfall kommt die Diskussion um die Ursachen von Gewalt auf. Ein Hauptaugenmerk liegt hier auf den Medien- und Videospielkonsum der meist jugendlichen Täter. Immer wieder werden Forderungen laut Computerspielen zu zensieren und so genannte Ballerspiele zu verbieten. Jüngster Verfechter der These, dass Computerspiele in direktem Zusammenhang mit Jugendgewalt stehen ist Niedersachsens Innenminister Schünemann: „Wir dürfen nicht warten, bis spektakuläre Einzelfälle von jugendlichen Amokläufern - wie 2002 in Erfurt - zu Opfern führen, sondern müssen präventiv handeln.“
Ballerspiele: Sind sie wirklich mitverantwortlich wenn Jugendliche Amok laufen?
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Ballerspiele: Sind sie wirklich mitverantwortlich wenn Jugendliche Amok laufen?
In Deutschland entwickelt sich zunehmend eine gefühlte Bedrohung durch frustrierte Jugendliche, die ihre Gewaltphantasien ausleben indem sie schwächere Mitschüler quälen und foltern, Unbeteiligte ohne Grund und äußerst brutal zusammenschlagen oder in ihrer Schule Amok laufen. Verstärkt wird dieses Empfinden zunehmender Gewalt durch die Wahllosigkeit mit der die Täter sich ihre Opfer in der Vergangenheit aussuchten. Auf der Suche nach Gründen für eine neue Kultur der Gewalt wird die tägliche Konfrontation der Täter mit Gewalt in Musik, Medien und vor allem Videospielen ausgemacht. So soll Robert Steinhäuser, der Amokläufer von Erfurt, begeistert Counterstrike gespielt haben und die Satanisten von Witten haben exzessiv dunkle Gothic-Musik gehört. Aber wie soll man dieser Kultur der Gewalt begegnen?

Die Gewalt an der Wurzel bekämpfen

Um die Gewalt zu bekämpfen muss man sie zuerst verstehen. Dass strebsame Musterschüler durch das falsche Videospiel und versehentlich gekaufte CDs zu brutalen Monstern werden glaubt sicherlich nicht mal der konservativste Flügel der CSU. Gewalt unter Jugendlichen gab es schon immer und hat in Form von Rangkämpfen als Bierzeltschlägerei eine lange unrühmliche Tradition in Deutschland. Während diese Wirtshausprügeleien aber stark rückläufig sind, nimmt eine andere Form der Gewalt massiv zu, bei der die Täter gezielt verletzen und töten.

Oft verherrlichen Musik und PC-Spiele die Gewalt. Selbst Kinder werden somit täglich an übertriebene Brutalität gewöhnt
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Oft verherrlichen Musik und PC-Spiele die Gewalt. Selbst Kinder werden somit täglich an übertriebene Brutalität gewöhnt
Auffällig ist dabei, dass die Täter oft dem gleichen sozialen Hintergrund entspringen: Meist jugendliche 18- bis 25-jährige, arbeitslose Deutsche aus den neuen Bundesländern, ohne familiären Rückhalt, die in ihrem Leben bisher viele negative Erfahrungen gesammelt haben. Weitere Problemgebiete sind die durch Ausländer bewohnten Vorstadtghettos deutscher Großstädte, in denen sich eine Perspektivlosigkeit breit macht, an der die Bewohner verzweifeln. Ein direkter Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Lage, Arbeitslosigkeit und zunehmender Gewalt ist augenscheinlich. Nun wird sich die Arbeitslosigkeit trotz Beteuerungen der Politiker in den nächsten Jahren gerade für diese oft schwer vermittelbaren Menschen nicht merklich mindern lassen – was kann die Gesellschaft also gegen die Gewalt unternehmen?

Überlastete Eltern

Die Ausbrüche der Jugendlichen sind nur das Ergebnis einer langen Reihe negativer Einflüsse der sie ausgesetzt sind. Begonnen mit einem Elternhaus, das sich nicht für die Kinder interessiert über ältere Jugendliche, die selbst keine Arbeit finden und ihre Freizeit mit Alkohol und Drogen verbringen, um die Eintönigkeit ihres Lebens erträglich zu machen. Hier muss der Staat mehr Verantwortung übernehmen. Gute Betreuungsangebote müssen die überlasteten Eltern entlasten und die Kinder aus einer vorgezeichneten düsteren Zukunft befreien. Leider lässt sich dies nur langfristig angehen und löst keine Probleme aller bereits älteren Jugendlichen. Kann man hier Gewalt noch verhindern, wenn man Musik und Spiele als Symptome einer Gewaltorientierung verbietet? Fraglich, aber welche Alternativen bieten sich?

Vielleicht hätte sich der Amoklauf in Erfurt verhindern lassen, wenn die Medien nicht mehr über solche Vorfälle wie den Amoklauf von Littleton berichten und damit keine Nachahmer mehr anziehen. Vielleicht ist es aber auch schon ein Schritt nach vorne, übertriebene Gewalt ganz aus Filmen zu verbannen. Und vielleicht ist es eben auch ein Schritt hin zu einer perfekteren Welt allzu große Gewalt in Liedtexten und Computerspielen zu zensieren. Natürlich ist das ein Eingriff in die Freiheit von Presse und Kunst und das persönliche Informationsbedürfnis. Andererseits lässt sich wohl kaum bestreiten, dass das vielleicht zu verschmerzen wäre, wenn in Zukunft auch nur ein paar Menschen weniger zu idiotischer Gewalt verleitet werden.
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Artikel vom 27. Juni 2006

Kommentare über Gewalt

Emanuel, 19 am 05.01.2007:
TEIL 2

Dadurch fängt der Ausgegrenzte auch an, einen gewissen Hass aufzubauen, der sich immer mehr Entfaltet, umso mehr auf ihm herum getrampelt wird. Diese Personen empfinden dadurch auch eine Abneigung gegen seine Umwelt. Dadurch erkläre ich mir, dass viele dieser Menschen anfnagen Gothik zu hören, weil diese Menschen meist anders sein wollen und diese Szene Hass gegenüber Menschen in Songs sehr gut wiederspiegelt und dadurch in einer speziellen Szene in der man sich Verstanden fühlt, ist. Es ist ja wohl völlig verständlich, das jemand der Misanthopisch denkt, wohl kaum interesse an POP Musik hat, die größtenteils von Liebe handelt. Das mit den Ballerspielen halte ich ebenfalls für falsch und ist für mich bloß ein billiges Ablenkungsmanöver davon, das man wirklich mal Anfängt über die Ursachen zu sprechen. "Ach das ist wegen den scheiß Gewaltspielen passiert, diese sollte man verbieten" Das ist einfach gesagt, doch solltest du, lieber leser, so denken, tut es mir für dich Leid =) Ich vermute sogar, dass es eine gewaltdämmende Funktion haben kann, wenn potenzielle Amokläufer diese Art von Spielen spielen. Durch das digitale Töten können sie besser ihren Hass herauslassen. Und für einen psychisch labilen bedeutet es nichts weiter als: Seinen Gegner schneller mit der Kugel treffen als er mich, in Deckung gehen, nachladen und weiter hervorkämpfen..Der Drang real zu kämpfen und zu töten entsteht nicht!


Emanuel, 19 am 05.01.2007:
TEIL 1

Ich möchte zu diesem Thema ein Beispiel erfinden, dass aber meine Denkweise gut und verständlich (für den ein oder anderen) niederlegt. Nehmen wir den potenzielen Amokläufer, der zu Hause keine Liebe empfängt. Meiner Meinung nach entsteht hier die Verletzung der Seele und kränkung der Psyche. Der Freundeskreis ist eher unverschuldet, weil diese Personen meistens keinen Besitzen. Ich stelle mir das so vor, dass wenn man zu Hause wie das letzte Stück Dreck behandelt wird oder sogar eine gewisse Ignoranz da ist, wird man dadurch fast schon Automatisch ein sehr verschlossener Mensch. Was ich bis jetzt beobachten konnte war, dass diese Personengruppe meist die Zielscheibe von Mobbing und jeglicher Art von miesen Launen der anderen wird. Ziemlich schnell oder sogar von Anfang an, folgt die Ausgrenzung.


Klaus am 16.11.2006:
Gothic-Musik verursacht ebensowenig Gewalt, selbst wenn man sie exzessiv hört.
Die Gewalt ist Teil des Menschen, und es gab keine 100 Jahre, in denen es keinen Krieg und keine Schlachten in einem Land gab. Der letzte große Krieg ist gerade mal 60 Jahre her..


Da King am 02.07.2006:
Egoshooter lösen keine Gewalt aus. Ich spiele auch solche Spiele und würde niemals jemanden umbringen.


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