Wie geil ist Geiz?

© SATURN Ist Geiz wirklich so geil? Noch vor wenigen Jahren waren die Fronten in der Konsumwelt klar definiert: wer bei Aldi oder Pennymarkt einkaufte, konnte sich nichts leisten. Heute ist es keine Seltenheit, beim Discounter den eigenen Chef zu treffen. Denn "Clever kaufen" wurde vom Eingeständnis finanzieller Nöte zur Konsumdevise. "Heute muss man, um gesellschaftlich akzeptiert zu werden, nicht mehr seinen finanziellen Reichtum zur Schau stellen", so Helene Karmasin, Leiterin des Instituts für Motivforschung. "Es kommt viel mehr darauf an, sein 'soziales Kapital' auszuspielen – und das heißt: Ich habe die richtige Gesinnung. Ich bin schlau und nicht dumm. Ich zahle nicht mehr als ich muss." Doch der Preis ist für den Konsumenten nicht mehr unbedingt das ausschlaggebende Kriterium beim Treffen einer Kaufentscheidung. Faktoren wie Qualität, gute persönliche Beziehungen zum Handel, eine enge Zusammenarbeit zwischen Marketing und Vertrieb sowie ein starkes Markenimage werden häufig als bedeutender eingestuft. Auch die Preisvergleichsplattform www.geizhals.at geht auf die neuen Bedürfnisse der Konsumenten ein: "Unsere Kunden machen beispielsweise Informationen über Qualität und Service der Händler in unseren Foren zugänglich. Sie schaffen damit Transparenz über den Preis hinaus, die dem Typus des emanzipierten Konsumenten entgegenkommt. Und das kann nur in einer Internet-Community funktionieren. Unser Erfolg basiert auf einem Service wie diesem, nicht nur auf dem billigsten Preis", so Mag. Vera Pesata, Bereichsleiterin Marketing und Sales. Diese Markttransparenz führe auch dazu, dass sich die Händler in punkto Service mehr anstrengen und bewirkt somit eine positive Wechselwirkung zwischen Konsumenten und Handel. Zu diesem Thema hatte auch eine Benutzerin namens eve1404 etwas zu sagen, als in einem Internetforum über das Thema "Wie geil ist Geiz?" diskutiert wurde: "Als wir vor Weihnachten unsere Digitalkamera gekauft haben, war mein Mann in einem Fachgeschäft vor Ort und hat sich über zwei Stunden von einem netten und kompetenten Verkäufer beraten lassen. Dann ist er nach Hause und hat im Internet geschaut und die Kamera um 50 € billiger gefunden. Klar waren wir happy und wollten sie auch bestellen, aber dann kamen uns doch Bedenken." Sie hätten das das Angebot einer umfangreichen Beratung genutzt, "der Verkäufer hat seine Zeit in uns investiert und jetzt? Kriegt unser Geld ein anderer, der gar nichts gemacht hat? Wie lange hält sich dann der, der berät, aber nichts verkauft? Und wer berät uns dann, wenn es den Händler nicht mehr gibt?" Darüber sollte man sich bei allem "Geiz ist geil"-Denken auf der Jagd nach dem nächsten Schnäppchen wohl tatsächlich Gedanken machen…

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Artikel vom 25. April 2006