C6 MAGAZIN
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NAHOST-KONFLIKT 23.2.2006

Die Eine und die Anderen

Friedensarbeit geht nur mit kleinen Schritten. Doch wer sie tut, verdient großes Lob. Vor allem dann, wenn er sich im Nahen Osten dafür einsetzt. Die Lage dort ist sehr brisant, gerade jetzt, wo die Hamas in Palästina regiert. Die orthodoxe Jüdin Dr. Zahava Neuberger aus Moreshet ist so eine Brückenbauerin für den Frieden. Am 20. Februar war sie in Erlangen und erzählte von ihrer Arbeit.
Die Brückenbauerin Zahava Neuberger
© KLOSTER DENKENDORF
Die Brückenbauerin Zahava Neuberger
Im Fernsehen kommen immer schrecklichere Bilder aus dem Nahen Osten und seitdem die Hamas in Palästina den Regierungsauftrag erhalten hat, kann sich keiner mehr so sicher sein, ob die schon geleistete Friedensarbeit zwischen Israel und Palästina sinnlos sein wird. Wichtig scheint auf jeden Fall, jetzt nicht aufzugeben und zu resignieren. Eine von diesen mutigen Menschen ist Dr. Zahava Neuberger. Schon seit acht Jahren kommt die israelische Jüdin als Botschafterin für den Frieden regelmäßig nach Deutschland. Doch wie sie selbst sagt, wollte sie das anfangs nicht. Und es ist verständlich, wenn sie das damit begründet, dass ihre Familiengeschichte eng mit dem Holocaust verwoben ist. Noch heute können es ihre Mutter, die 1939 vor den Nationalsozialisten in das heutige Israel floh, und ihre vielen Kinder nicht nachvollziehen. Aber auch in der orthodoxen Nachbarschaft in ihrem Heimatort Moreshet stößt es auf Unverständnis, dass sie 1998 dem Wunsch eines Stuttgarter Pfarrers nachkam.

Vermeintlich verrückt

Doch das ist nicht das Einzige, was sie auf Einladung der evangelischen Dekanatsfrauen am 20. Februar im Gemeindezentrum St. Markus in Erlangen erzählen kann. Nicht nur zwischen Deutschen und Israeliten will sie vermitteln und neues Vertrauen schaffen, auch in ihrem eigenen Land will sie zwischen den Fronten eine Brücke bauen. "Du bist verrückt!", war die häufigste Antwort, als sich Zahava Neuberger irgendwann in 2000, dem Jahr der zweiten Intifada, ans Telefon setzte und alle Frauen im Telefonbuch von Moreshet anrief. Sie hatte die Idee arabische Christen, Juden und Muslime zusammen zu bringen und so für einen Umschwung der Beziehungen zu sorgen.

Blick auf die heilige Stadt Jerusalem
© PHOTOCASE.COM
Blick auf die heilige Stadt Jerusalem
Erste Annäherungsversuche scheiterten, doch die orthodoxe Jüdin, die vorher im israelischen Erziehungsministerium gearbeitet hatte, ließ sich nicht unterkriegen und nutzte ihre Kontakte. Sie dachte sich damals, wenn es schon so schwierig ist zwischen den drei Religionen in ihrem Projekt einen anfänglichen Konsens zu schaffen, so wolle sie wenigstens zwischen Juden und Christen vermitteln. Und das mit Erfolg, denn heute umfasst die Gruppe zwölf Frauen und deren Männer, die anfangs sehr skeptisch über das Engagement ihrer Frauen waren und im Nachhinein aber gerne bei diesem Friedensprojekt mitmachen. Inzwischen hat sich auch schon eine zweite Gruppe unter der Leitung von Frau Dr. Neuberger gegründet und es zeigt sich, dass sich ihre Idee schnell rumgesprochen hat. Viele andere Gruppen arbeiten in Israel an einer Völkerverständigung und damit für den Frieden.

Ständige Unruhen

Doch welchen Erfolg erhofft sie sich davon? "Es müssen viele kleine Schritte getan werden", antwortet Neuberger auf die Frage aus dem interessierten christlichen und jüdischen Publikum an diesem Montag Abend in Erlangen. Nur sehr langsam kann man dieses große Ziel erreichen. Immer wieder kommt es in Israel zu Unruhen. Vieles, sagt sie, bekommt man in den deutschen Medien gar nicht mit. Und auch hier wird sie wieder persönlich, denn einer ihrer Söhne war auf einer Taxifahrt nur sehr knapp einem Anschlag entkommen, indem er das Vorhaben eines Arabers vereiteln konnte. Doch bleibt es nicht ohne Opfer. Viel Blut muss für diesen Frieden fließen, nach dem sich beide Völker sehnen. Und es bleiben am Ende vor allem die Eindrücke von einer grausamen Welt, in der Zahava Neuberger auch als Mutter jeden Tag von Neuem bangt. "Sie können es sich nicht vorstellen, wie es ist, wenn dann am Abend alle Kinder wieder um den Tisch sitzen.", und man muss ihr Recht geben und sich für ihren Mut bedanken. Nicht nur, dass sie sich in Israel für Frieden einsetzt, sondern auch, dass sie versucht sich vor Ort und gegen vielen Willen für eine deutsch-jüdische Verständigung einzusetzen.

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Artikel vom 23. Februar 2006

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