Innenansichten einer Bananen-Republik
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In Italien ist Wahlkampf angesagt. Offiziell hat er zwar noch nicht begonnen, weil dazu erst das Parlament aufgelöst und der Wahlkampf vom Staatspräsidenten eröffnet werden muss. Inoffiziell aber kämpfen die Parteien in unserem mediterranen Nachbarland um jede Stimme. Allen voran: Seine Herrlichkeit, der selbsternannte Medien- und Sonnen(bank)gott Silvio Berlusconi. |
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© HANNES KLöPPER |
Flagge der Bananenrepublik
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| | Was in den letzten Wochen in Italien geschehen ist, ist kaum zu fassen. Sicher, man war von diesem Land, in dem in ein paar Wochen bereits die 60. Nachkriegregierung gewählt wird, in dem der Premierminister gleichzeitig der reichste Mann im Staat und Herrscher über ein Medienimperium ist, einem Land, das in der Rangliste der Pressefreiheit hinter Ländern wie Benin, El Salvador und Jamaika auf Platz 41 rangiert und in dem sich Spitzenpolitiker in Talkshows, von kaum bekleideten Mädchen umtänzelt, mit Kuchen bewerfe, einiges gewöhnt. Aber seit 2001, seit Italien von Berlusconi regiert wird, scheint es mit der Demokratie in diesem Land vollends bergab zu gehen.
Mehrfach hat Berlusconi die Macht seines Amtes ausgenutzt, um seine persönlichen Interessen über rechtsstaaliche Grundsätze hinweg zu verteidigen. So hat er es zum Beispiel geschafft, sich und die Seinen vor den Ermittlungen der Staatsanwaltschaft zu bewahren und kritische Stimmen in den Medien zu unterdrücken. Was er aber seit ein paar Wochen in Italien veranstalten, ist das übersteigt alles bisher Dagewesene. Eigentlich sollte das italienische Parlament bereits vor einer Woche, am 29. Januar aufgelöst werden. Laut italienischer Verfassung eröffnet dann der Staatspräsident den Wahlkampf und setzt damit das so genannte par condicio-Gesetz in Kraft, nach dem alle Parteien im Fernsehen gleichbehandelt werden müssen.
Dass das nicht im Sinne des italienischen Medienzars sein konnte, war zu erwarten, und deshalb verlangte Berlusconi prompt von Staatspräsident Ciampi eine Verschiebung der Parlamentsauflösung um zwei Wochen - um, wie er sagt "wichtige Gesetzesvorhaben noch vor Ende der Legislaturperiode umzusetzen". Konkret heißt das: Berlusconi möchte in letzter Sekunde eine Justizreform durchboxen, die eine Berufung nach Freisprüchen in erster Instanz nahezu unmöglich macht. Man braucht eigentlich gar nicht mehr danach zu fragen, wer wohl vor nicht allzu langer Zeit in erster Instanz freigesprochen wurde – Berlusconi natürlich, dem 2004 vorgeworfen wurde, Richter bestochen zu haben. Ciampi versprach zunächst, am geplanten Wahltermin festzuhalten. Hintergrund dieser Weigerung, dem Premier entgegenzukommen, ist dessen mediale Omnipräsenz in den letzten Wochen.
Così fan tutte? No!
In einer Reihe von Tagessendungen ist der special guest tagein tagaus fast immer Berlusconi, lediglich in anderer Funktion: mal als Premierminister, mal als Privatperson, als Chef seiner Partei Forza Italia, als Chef des Medienunternehmens Mediaset, Besitzer des Mondadori-Verlags oder Ehrenvorsitzender des FC Milan. In scheinbar kaum endenden Monologen erzählt dann ein süffisant lächelnder Freizeitpolitiker ("ich hasse Politik und ich hasse das Fernsehen") von den Errungenschaften seiner Regierung, entwirft Untergangsszenarien im Falle eines Wahlsieges der Opposition, "dieser Kommunistischen Bande", erzählt von seiner "mamma" und der außerordentlichen Intelligenz seiner Kinder.
Dass Berlusconi ein Vielfaches an Fernsehauftritten als etwa seinem größten Konkurrenten und Ex-EU-Kommissionspräsident Prodi gewährt wird, veranlasst wiederum (und das zu Recht) die Linke, lauthals die Unparteilichkeit der Medien einzufordern. Aber bevor der Wahlkampf nicht offiziell eröffnet ist, kann kaum jemand Berlusconi stoppen. Das weiß auch Staatspräsident Ciampi. Jedoch hat ihm, der in Italien als strenger Hüter der Verfassung sehr beliebt ist, dieses Wissen wenig genützt: die offizielle Wahlkampferöffnung erfordert auch die Zustimmung des Kabinetts; wird diese verschleppt, müssen auch die Wahlen verschoben werden, um einen ausreichend langen Wahlkampf zu ermöglichen. Und genau damit hat Berlusconi dem Staatspräsidenten gedroht, der zwar äußerst brüskiert war, letztendlich aber doch einlenken musste: das Parlament wird nun erst am 11. Februar aufgelöst. L'Etat, c'est moi...
Berlusconi qua, Berlusconi là...
Bis dahin wird Berlusconi noch jede Menge (Sende)Zeit haben, um das italienische Wahlvolk mit seinen Predigten zu bombardieren. Immer von einem persönlichen Visagisten, einem persönlichen Regieassistenten, und manchmal sogar von seinem persönlichen Regisseur begleitet. Damit der Medienmogul auch niemals aus einer unvorteilhaften Perspektive aufgenommen wird, wenn er etwa seinen angeblich bis zu den Wahlen geleisteten Keuschheitseid öffentlich relativiert: "Ach wissen Sie, ich mache es nur sehr selten, mehr lässt mein voller Terminkalendar gar nicht zu." Mit solchen öffentlichen Bekenntnissen steht er nicht allein: sein nationalkonservativer Außenminister Fini gestand letzte Woche im Fernsehen, als junger Mann auf Jamaika einen Joint geraucht zu haben, der ihn zwei Tage lang umwarf.
Immerhin ist Licht am Ende des Tunnels zu sehen: die Wahlumfragen sehen Berlusconi schon jetzt hinter dem Oppositionsbündnis um Romano Prodi, und es besteht die Hoffnung, dass die Italiener ihren exzessiven Premierminister für die Qualen, die er ihnen bereitet hat, durch Abwahl strafen. Schon munkelt die Presse, Berlusconi sehe sich im Falle eines Sieges der Opposition in der Rolle des zukünftigen UN-Generalsekretärs. Wer aber den Ende dieses Jahres aus dem Amt scheidenden Annan ersetzt, das entscheiden zum Glück die UN-Geralversammlung und der UN-Sicherheitsrat – und nicht die Italiener! |
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