Das Land steht nach Meinung der CDU vor einer Schicksalswahl. Doch Partei und Kandidatin halten sich sehr damit zurück zu beschreiben, wie dieses Schicksal mit Ihnen aussähe. Was ist also zu erwarten? |
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| | Als jüngst das Ergebnis der großen Umfrage "Perspektive Deutschland" veröffentlicht wurde, verwunderte es viele, dass 72% der Bürger eines so reichen Landes der Meinung waren, man könne in diesem in fünf bis zehn Jahren nicht mehr gut leben. Bei solchen Zahlen sollte man meinen, dass die Menschen ungeduldig darauf warteten, dass endlich jemand käme, um das Steuer herumzureißen. Aber davon ist nichts zu spüren.
Schaut man in die Programme der Parteien hat man das Gefühl in den zentralen Fragen der Zeit lediglich den bekannten Stillstand in unterschiedlichen Verpackungen wählen zu können. Es ist zum Verzweifeln: Nicht nur, dass weit reichende Veränderungen in einer Konsensdemokratie kaum durchsetzbar sind, nein, mittlerweile werden sie aus Angst vor einer immer volatileren öffentlichen Meinung gar nicht erst gefordert. Lieber versucht man, die unbequeme Realität bis nach der Wahl so gut es geht zu verstecken.
‚Sapere aude’ & kollektive Irrationalität
Man mag es also durchaus vermögen, sich seines eigenen Verstandes zu bedienen und kann sich dennoch, aufgrund des ebenfalls rationalen Verhaltens der Parteien, in einem Zustand der Unmündigkeit befinden. Dass die wesentliche Ursache dieser Unmündigkeit gerade jene Fähigkeit zur individuell-rationalen Entscheidung im Rahmen einer freien Wahl ist, die einem die Nutzung des eigenen Verstandes verleiht, hat dabei etwas Zynisches. Angesichts dieser Situation ist es wohl einer der wesentlichen Verdienste der gegenwärtigen Bundesregierung, dass sie die Reformen trotz schwerer Bedenken seitens der Gewerkschaften vorangetrieben und so das Bewusstsein dafür gestärkt hat, dass es sich hierbei nicht um einen ideologisch motivierten Angriff auf altbewährte Verteilungsstrukturen handelt, sondern um dringend notwendige Anpassungsmaßnahmen die sicherstellen sollen, dass es auch in Zukunft noch etwas zu verteilen gibt. Da die Politiker sich ja bekanntermaßen kein anderes Volk wählen können, war es, auch wenn die Rechnung Schröders letztlich nicht aufgegangen ist, wohl richtig auf die Einsicht der Bürger zu hoffen und dementsprechend zu handeln.
Ansonsten aber haben die letzten Jahre ebenso eindrucks- wie schmerzvoll bewiesen, dass die SPD, selbst ohne eine Bedrohung von Linksaußen, mit ihrer aufmüpfigen Bundestagsmehrheit nicht in der Lage ist, das Land zu reformieren. Und was die Grünen angeht, so kann mit ihrem Programm nach einer Analyse der Neuen Zürcher Zeitung "beim besten Willen keine Wirtschaftsbelebung verbunden werden". So scheint es in Anbetracht eines immer noch wahrscheinlichen Wahlsiegs der Union angebracht, die Gretchenfrage nach dem Willen und der Fähigkeit zur Veränderung der Union zu stellen.
Wind of change…
Seit Angela Merkel vor knapp zwei Jahren ihre mittlerweile berühmte Rede zum Tag der Deutschen Einheit im Deutschen Historischen Museum gehalten hat, in der vom Streichen, Kürzen und Sparen aber auch von tief greifenden Reformen die Rede war scheint sich auch hier einiges geändert zu haben. So beklagt Joseph Joffe jüngst in der "Zeit", dass die Kandidatin Merkel jenes Profil vermissen lässt, das die Oppositionsführerin Merkel besessen hat.
In der Rentenpolitik herrscht ohnehin ein parteiübergreifendes Kartell des Schweigens. Die von der Union geplante Steuer- und Subventionsreform beschränkt sich im Wesentlichen auf eine Mehrwertsteuererhöhung und die ohnehin längst überfällige Streichung der Eigenheimzulage sowie womöglich einer Absenkung oder Streichung der Pendlerpauschale. Ohnehin soll dies alles aufkommensneutral gestaltet werden. Die Bildungs- und Forschungspolitik findet im Programm jener Partei, die diese vor allem durch ihre Regierungen in den Ländern maßgeblich gestaltet, eben aus Rücksicht auf diese, kaum Erwähnung. Und so fällt es trotz all der Ankündigungen einer Wachstums fördernden, modernisierenden "Politik aus einem Guss" auch hier schwer Maßnahmen auszumachen, die es endlich schaffen sollen, jenen Ruck durch das Land gehen zu lassen, auf den es seit nunmehr zehn Jahren wartet.
…oder bloß heiße Luft?
Gerade bei Bildung und Forschung, die Merkel selbst zur Priorität erklärt hatte, ist das Schweigen der Union besonders bedrückend, lässt es doch befürchten, dass man, wie schon im Streit um die Exzellenzinitiative womöglich erneut bereit ist, diese auf dem Altar der Kompetenzstreitigkeiten zu opfern. Alle Beteuerungen, dass Deutschland durch weiteren Stillstand in diesem Bereich seine Zukunft aufs Spiel setzt, wie es Ministerpräsident Stoiber jüngst zum Wahlkampfauftakt formulierte, helfen nicht, solange diese Erkenntnis keinen Eingang in die "Realpolitik" findet. Dass dies nicht der Fall ist, kann etwa daran abgelesen werden, dass ein Kommentar in der "Welt" der über die politische Zukunft von Guido Westerwelle spekulierte, jüngst feststellte, dass dieser wohl den Fraktionsvorsitz übernehmen werde, da er sich kaum mit einem Amt wie jenem des Bildungsministers zufrieden geben dürfte. Wahr ist zwar, dass dort wirklich nicht mit schweren Pfunden gewuchert werden kann, aber die Abfälligkeit der Bemerkung lässt tief blicken.
Was jetzt zählt
So ist die Frage nach der Reformierbarkeit dieser Republik zur Frage danach geworden, wer bereit ist den Worten Taten folgen zu lassen und wer in der Lage ist, den Mut zur Veränderung zu wecken. Wenn sich in den verschiedenen gesellschaftlichen Gruppen, die am Umbau unseres Staates beteiligt sind, die Erkenntnis durchsetzt, dass in der gegenwärtigen Situation Veränderung einen Wert an sich darstellt, wäre viel gewonnen. Es geht hierbei nicht um Altruismus sondern um die Einsicht, das es für alle – die Arbeitnehmer, die Rentner, die Familien, die Autofahrer- mehr zu gewinnen als zu verlieren gibt. Würde unter dieser Voraussetzung auf den großen sozialstaatlichen Baustellen - Steuern, Bildung, Föderalismus, Rente, Gesundheit, Einwanderung, Familie und Verschuldung - endlich entlang jener Linien beherzt angepackt, derer man sich auf Expertenebene bereits vielfach einig ist, so überstiegen die psychologischen Effekte die Realen vermutlich bei Weitem. Wichtig ist also nun, dass Deutschland eine Regierung bekommt, die reformieren will und der die Menschen dieses auch zutrauen - dann könnte es tatsächlich zu den von Angela Merkel ausgerufenen "zweiten Gründerjahren unserer Republik" kommen. |
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Kommentare über Wahl 2005Irja-Lea Degerman am 19.09.2005: Heute möchte ich folgendes sagen, obwohl ich nicht politisch aktiv bin und ausserdem keine Deutsche sondern eine Ausländerin.
Deutschland hat hinter sich die Wiedervereinigung beider Teile hinter sich.Das Wahlergebnis könnte bedeuten, dass die Dialogie zwischen beiden Partien jetzt auch möglich sein könnte.Nicht schimpfen aber zusammenarbeiten und einander respektieren.Das ist eine grundlegende Machtfrage.
hanes am 22.08.2005: Sapere aude=Wage es weise zu sein
Aus Kants Essay "Was ist Aufklaerung"
Ein Gast am 16.08.2005: Und was ist "Sapere aude"?
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