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Studiengebühren: jeder gegen jeden
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Länderhoheit oder Bundessache: Chaos in der Bildungsdiskussion. Wo bleiben da Deutschlands Studenten? Das Land Baden-Württemberg kann sich bekanntlich zu dem Reigen zählen, der Verfassungsklage gegen das von der rot-grünen Regierung erlassene Verbot von Studiengebühren erhoben hat. Komplizierte und umstrittene Sache – deshalb haben wir uns den Hintergrund der Bildungsdebatte näher angeschaut, um ein wenig Licht in das Chaos um Studiengebühren und das Hochschulrahmengesetz (HRG) zu bringen. |
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© Y.S. |
Demonstration gegen Studiengebühren am 3. Februar 2005 in Mannheim
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| | Baden-Württembergs Wissenschaftsminister Prof. Dr. Peter Frankenberg hat besagte Verfassungsklage am 9. November bei der Verhandlung zur Verfassungsmäßigkeit des 6. HRG folgendermaßen begründet: Die Unis seien zunehmend auf externe Finanzspritzen – also auch von Studenten – angewiesen, um im internationalen Bildungswettbewerb eine Chance zu haben. Nach dem Grundgesetz seien die Länder für die Universitäten zuständig, und deshalb sollten sie und nicht der Bund es sein, die was die Gebühren angeht das Sagen haben und die dazugehörigen Finanzierungsmodelle entwickeln.
Der Länderreigen (bestehend aus Baden-Württemberg, Bayern, Hamburg, dem Saarland, Sachsen und Sachsen-Anhalt) betrachtet das HRG also als Verstoß gegen das Verfassungsrecht, weil das Bundesgesetz angeblich in die Hoheit der Länder eingreift. Noch garantiert der Bund mit seiner Rahmengesetzgebung in Form des HRG, dass ein Studium gebührenfrei ist. Bedeutet im Klartext: wenn das Gebührenverbot von Bildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD) kippt und die Länder die Zuständigkeit für die Universitäten erhalten wird’s teuer.
Der Hintergrund: Das HRG
Seltsam, dass so viele Stimmen für eine Einführung von Studiengebühren laut werden: 1998, als Bulmahn ihr Amt als Bundesministerin übernommen hatte, waren Länder, Bund und sämtliche im Bundestag vertretenen Parteien noch einhellig der Meinung, dass das Studium in Deutschland gebührenfrei bleiben müsse. Um das festzusetzen haben sich alle Länder in der Kultusministerkonferenz 2000 im Meininger Beschluss auf ein gebührenfreies Erststudium in der Regelstudienzeit plus vier Semestern verständigt. Gesetzlich festgeschrieben wurde das allerdings nicht, dafür hätte es einen Staatsvertrag mit den Ländern gebraucht. Aber die von den Ländern erzielte Einigung wurde von Bulmahn im 6. HRG fixiert und trat im Januar 2002 in Kraft.
Neben einem gebührenfreien Erststudium setzt das HRG fest, dass die Länder das Recht haben, bei Langzeitstudenten, Studis mit Zweitstudium oder Auslandsstudenten sowie Seniorenstudenten Gebühren einzufordern. Bei der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes über die Klage der Länder geht es unter Anderem darum, ob der Bund die Studiengebührenfrage im HRG regeln darf oder nicht. Vor Januar 2005 erwartet das Bildungsministerium hier aber keine Ergebnisse.
Die politische Diskussion
In der Politik wird nun seit Monaten munter hin und her debattiert: Bulmahn verteidigt das gebührenfreie Studienmodell hauptsächlich damit, dass durch die Gebühren die Gefahr einer sozialen Selektion entsteht und dass die Zahl der Studierenden abnehmen wird. Die Gegenseite betrachtet eine unterlassene Gebührenerhebung als Verrat am Steuerzahler, der durch seine Abgaben die Studenten mitfinanziert und sieht ohne Gebühren den Bildungsstandort Deutschland in Gefahr.
Laut Frankenberg dienen Studiengebühren der Verbesserung der Studienbedingungen und müssten daher auch bei Studierenden Akzeptanz finden. Dass der Inhalt der studentischen Geldbeutel auch da ankommt wo er hin soll, könne aber nur dann garantiert werden, wenn die Gebühren nicht mit staatlichen Mitteln verrechnet würden. Genau das bezweifelt Bulmahn: Die durch Studiengebühren erhobenen finanziellen Mittel würden entgegen den jetzigen Beteuerungen über kurz oder lang in die Kassen der ländlichen Finanzminister fließen. Man könne zwar dafür sorgen, dass die Hochschulen die durch Studiengebühren eingenommenen Mittel erhalten. Aber man könne nicht ausschließen, dass die Länder in gleicher Höhe ihre Zuwendungen an die Hochschulen kürzen – wie es zum Beispiel auch in Österreich geschehen ist.
Im Gegensatz zu Deutschland haben die skandinavischen Länder sowohl in der PISA-Studie als auch im OECD-Vergleich überdurchschnittlich gut abgeschnitten. Dass sie keine Studiengebühren erheben, zeigt aber, dass der Erfolg eines Bildungssystems von dem Zusammenspiel der nationalen Rahmenbedingungen abhängig ist und nicht ausschließlich
auf die Gebührenfrage reduzierbar ist.
Aussichten: Wo bleiben die Studenten?
"Das Prädikat "sozial gerecht" kann so nicht erteilt werden", so die Meinung des Präsidenten des Deutschen Studentenwerks (DSW), Prof. Dr. Hans-Dieter Rinkens. Bulmahn steht mit ihrem Wunsch nach einem gebührenfreien Studium in Deutschland also nicht ganz alleine da. Bleibt nun zu abzuwarten, ob und inwiefern sie sich gegen Opposition, Hochschulrektoren und Wirtschaftsverbände behaupten kann. Falls das Verfassungsgericht der Klage zustimmt, wird sie dabei mit Schwierigkeiten rechnen dürfen. Aber: Nur weil das Bundesverfassungsgericht die sogenannte Juniorprofessur mit knapper Richtermehrheit gekippt hat, ist dies noch lange keine Infragestellung des Leitbildes der Chancengerechtigkeit durch Studiengebührenfreiheit im Hochschulrahmengesetz.
Vielleicht wird es für die Studenten nicht ganz so schwarz aussehen, wie Teile der Regierung darstellen. Außer Frage steht aber, dass vor allem BAföG-Empfänger und Studenten, die nicht ausreichend von elterlicher Hand unterstützt werden können, durch Studiengebühren zusätzlich belastet werden. Die Politik wird an dieser Stelle Modelle zur Finanzierung von Studiengebühren entwickeln müssen, die sozial auch wirklich verträglich sind. |
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