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BUCHBESPRECHUNG 30.4.2006

Forscherdrang und Wissensdurst

Alexander von Humboldt und Carl Friedrich Gauß sind bedeutende Personen in der deutschen Wissenschaftsgeschichte. Kaum einer neben ihnen hat die empirische Wissenschaft in ihren Anfängen so geprägt wie sie. Zeitgleich vermaßen sie Teile der Welt am Beginn einer Zeit, die von aufklärerischem Gedankengut geprägt war. In Daniel Kehlmanns Bestseller „Die Vermessung der Welt“ wird die Geschichte der beiden deutschen Naturforscher mit dem nötigen Witz nacherzählt.
"Die Vermessung der Welt": Daniel Kehlmanns zweiter Roman
© ROWOHLT
"Die Vermessung der Welt": Daniel Kehlmanns zweiter Roman
Könnte man das deutsche Wissenschaftsgenie Alexander von Humboldt heute fragen, was der Grund für seine Anstrengungen als Forscher waren, würde er wohl antworten: "Weil ich wissen will." Ganz einfach und so direkt spricht er es zumindest in Daniel Kehlmanns neuem Roman "Die Vermessung der Welt" an. Aber wieso kommt ein Mensch eigentlich auf die Idee, ein so großes Abenteuer auf sich zu nehmen, bei dem sein Leben auf dem Spiel steht. Der Ursprung dafür liegt in der Erziehung. Er und sein nicht weniger berühmter Bruder Wilhelm werden auf zwei unterschiedliche Weisen erzogen. Der eine mehr für die naturwissenschaftliche Laufbahn und der andere mehr für das Geisteswissenschaftliche. Beiden steht der Erfolg schon früh ins Gesicht geschrieben. So wie dem späteren Mathematiker und Astronom Carl Friedrich Gauß, der zweiten Hauptperson des Romans. Die Schule macht ihm alles andere als Probleme. Latein und Mathematik sind seine Steckenpferde, mit denen er nicht nur seine Lehrer beeindruckt und überfordert, sondern auch dem Herzog als Wunderkind vorgeführt wird.

Im Umbruch begriffen

In Kehlmanns Geschichte begegnen sich diese beiden Naturtalente während der Wirren der napoleonischen Ära in Berlin. Beide haben viel erlebt. Humboldt hat eine Reise unternommen, die ihn bis an die Grenzen Amerikas führte und sein Leben mehr als einmal gefährdete. Gauß hingegen blieb innerhalb Deutschlands, bekam aber immer wieder reizbare Angebote aus dem Ausland. Jedoch hielten ihn die Frauen und seine Familie vor diesem Unternehmen zurück. Das scheint schon der erste Unterschied zu sein, denn Alexander scheint der Kontakt zu anderen Menschen schwer zu fallen und er lehnt ihn gerne ab. Zu vertieft ist er in die Steine, Pflanzen und anderen Naturerscheinungen.

Daniel Kehlmann
© ROWOHLT
Daniel Kehlmann
Mit humorvollen Dialogen, die der junge deutsche Autor durchgehend in indirekter Sprache hält, entsteht so eine wissenschaftliche Welt, die ein wenig ihre Ernsthaftigkeit verlieren muss. Zugleich schafft sie aber auch Einblicke in eine Zeit, als das Preußische nur im Untergrund im Umbruch begriffen war und geschlossene Gesellschaften vermehrt aufklärerisches Gedankengut verbreiteten. Gleichzeitig erzeugt Kehlmann aber auch in seinem Roman das Bild einer Wissenschaft, deren Ergebnisse von Schaulustigen gerne gesehen wurden. Richtige Fans begleiten Humboldt zum Beispiel auf einer seiner letzten Reisen durch Russland, während dieser hauptsächlich öffentlichkeitswirksamen Aufgaben nachgehen muss. Eine Auffassung von Wissenschaft, die mit Humboldts Ideen unvereinbar sind und in unserer gegenwärtigen Mediengesellschaft hinterfragt werden sollten.

Wissenschaft mit Pfiff

Für den Leser ergibt sich so ein Einblick in die Anfänge einer modernen Wissenschaftsgesellschaft, die zunehmend die Umgebung wahrnimmt und gemäß dem empirischen Gedanken vermisst. Mit Witz und interessanten Personen erzählt der deutsche Schriftsteller so die zwischen Fakten und Fiktion schwingende Geschichte eines Gebietes, für das sich die Menschen heutzutage immer weniger interessieren. Es ist ein Roman, der sich zwischen Leid und Leidenschaften etabliert und den manchmal trockenen Stoff so gut verpackt, dass man gar nicht aufhören kann zu lesen. Es ist einfach spannend zu sehen, wie sich die Geschichte entwickelt.

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Artikel vom 30. April 2006

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