"Capote" zeichnet die Entstehungsgeschichte von Truman Capotes revolutionärem Roman "Kaltblütig" nach und wird dabei erstaunlicherweise weder eine heldenverklärendes Epos noch ein Plädoyer gegen die Todesstrafe. Der Film zeichnet sich vielmehr durch eine differenzierte Darstllungsweise und das atemberaubende Spiel des Hauptdarstellers Philip Seymour Hoffman aus, der, zu Recht, als Favorit für den Hauptdarsteller-Oscar gilt. |
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© SONY PICTURES |
Capote (Philip Seymour Hoffman, l.) wirkt im amrikanischen Hinterland sichtlich deplatziert...
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| | Im November des Jahres 1959 stößt der, dank des Erfolges seines Buchs "Frühstück für Tiffany" gefeierte Schriftsteller Truman Capote (Philip Seymour Hoffman) beim Lesen der New York Times auf einen Artikel über einen Aufsehen erregenden Mordfall. Eine vierköpfige Familie in Kansas wurde regelrecht hingerichtet. Spontan entschließt er sich, dass eine Untersuchung des Mordfalls und seiner Hintergründe sein nächster Artikel für den New Yorker werden soll und bricht mit seiner Freundin Haper Lee (die im Verlauf des Films ihren Welterfolg "Wer die Nachtigall stört" veröffentlichen wird) ins amerikanische Hinterland auf, wo der exaltierte Großstädter jedoch eher auf Ablehnung stößt. Noch während Capotes Recherchen, werden die Täter geschnappt und er beginnt sich für die Hintergründe des Falls zu interessieren. Warum haben die Täter eines der Opfer noch zugedeckt, bevor sie es umbrachten und was waren überhaupt die Motive für die Tat? Er beschließt den Artikel auszuweiten und ein Buch zu schreiben, das die Literaturgeschichte verändern, ein völlig neues Genre schaffen soll. Er will die realen Ereignisse in einem Roman erzählen. Er führt viele Gespräche vor allem mit einem der Täter, Smith, und bald wird aus Interesse Obsession und Smith steht ihm näher, als ihm lieb sein könnte. Jahre der Arbeit an dem Roman stehen bevor, immer zwischen Benutzen und benutzt werden, zwischen Scheitern und Erfolg, zwischen Distanz und Nähe, zwischen Genie und Wahnsinn.
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...fühlt sich dafür aber in der High Society sichtlich heimisch
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"Capote" hätte so viel werden können. Eins von vielen heldenverklärenden Biopics, ein Loblied auf die Kunst oder auch ein Plädoyer gegen die Todesstrafe. Das alles ist es dankenswerterweise nicht geworden, denn der Film macht es sich nicht so einfach, diesen Versuchungen nachzugeben. Ein Biopic ist es, ganz klar, aber eins von den guten, realistischen. Hier wird nicht verklärt, sondern tatsächlich ein Mensch porträtiert und das auch mit dem Mut dessen Fehler und unsympathischen Seiten zu zeigen. Das überlässt dem Zuschauer ein Urteil über die dargestellte Person und nimmt es nicht vorneweg, ein Weg den leider nur die wenigsten Filme dieser Art, zuvor eigentlich in gleich guter Weise nur "Ray", gegangen sind.
Zentrales Thema ist sicherlich die Auseinandersetzung mit der Todesstrafe. Es geht Capote schließlich darum, die Hintergründe des Verbrechens aufzuklären, und das geht nur in langen und intensiven Gesprächen mit den Tätern. Vor allem zu Perry Smith baut er eine enge Beziehung auf, sagt sogar einmal, dass es ihm so vorkomme, als hätten beide im selben Haus gewohnt, nur dass er, Capote, es durch die Vordertür und Perry es durch die Hintertür verlassen habe. Unerwartet großartig und erfrischend anders ist hier aber etwas ganz anderes, nämlich die Tatsache, dass dieser Film eben kein Plädoyer gegen die Todesstrafe ist. Sicher, man leidet mit den Tätern, deren Leben eigentlich nur aus Warten auf den nächsten Hinrichtungstermin oder den nächsten Aufschub besteht. Aber immer dann, wenn die Sympathie zu diesen Mördern zu groß wird, fehlt dann doch das entscheidende Bereuen zur Absolution seitens des Zuschauers. Man muss feststellen, dass die beiden eine ganze Familie umgebracht haben und das zu keinem Zeitpunkt bereuen, ja, sich sogar noch in der Opferrolle sehen. Das lässt im, in unserem Kulturkreis üblichen, Verdammen der Todesstrafe doch einen Moment innehalten und nachdenken und in diesem Moment erwischt man sich dabei, dass ebenso gut ein Befürworten der Todesstrafe denkbar wäre. Es ist eben diese differenzierte Darstellungsweise, die den Film aus der Masse heraushebt.
Ein überragender Philip Seymour Hoffman
Regisseur Bennet Miller, dessen erster Spielfilm dies ist, macht hier also gerade in Anbetracht seines Erstlingsstatus erfreulich viel richtig. Sein größter Trumpf ist jedoch Hauptdarsteller Philip Seymour Hoffman, der – zu Recht – als einer der aussichtsreichsten Kandidaten für den diesjährigen Hauptdarsteller-Oscar gilt. Er gibt den Capote voller homosexueller und großstädtisch exaltierter Manierismen. Diese sind gewöhnungsbedürftig aber ungewöhnlich glaubhaft im Vortrag und erschreckend nah am echten Truman Capote. Es steht allerdings zu befürchten, dass die exzellente Arbeit, die Hoffman mit seiner Stimme und Aussprache verrichtet, ein Faktor, der maßgeblich zum herausragenden Gesamteindruck beiträgt, in der Synchronfassung verloren gehen wird. Das wäre schade, ist aber ein generelles Poblem.
"Capote" ist also ein exzellenter Film über die Entstehung eines der herausragenden, revolutionärsten Romane des vergangenen Jahrhunderts, der vor allem durch Hoffmans Oscarwürdiges Spiel und die differenzierte Erzählweise besticht. Zu Recht in allen wichtigen Kategorien Oscarnominiert, und bei vielen Kritikern, die meinen, der große Konkurrent, Ang Lees "Brokeback Mountain", sei mit zu vielen Vorschusslorbeeren versehen, als Geheimfavorit gehandelt, wird man in der Nacht zum kommenden Montag sehen, welche Preise er wirklich gewinnt. Verdient hätte er sie. Zum Schluss aber noch eine Empfehlung: Nach Möglichkeit unbedingt im Original ansehen!
Capote
USA, 2004
Regie: Bennett Miller
Mit: Philip Seymour Hoffman, Katherine Keener, Clifton Collins Jr., Chris Cooper u.a.
Verleih: Sony Pictures
114 Minuten
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