Für ein friedliches Europ(i)a!

© MAKE Europia - ein europäischer Bilderkalender Was bei Tageslicht tatsächlich aussieht, wie ein einfaches, bunt behängtes Baugerüst, verwandelt sich am frühen Abend in eine Theaterbühne der ganz besonderen Art. In Münster, jüngst zur lebenswertesten Stadt der Welt gewählt, schieben sich die Menschen durch die Straßen. Von Weihnachtsmarkt zu Weihnachtsmarkt, von Glühweinstand zu Glühweinstand. Trotzdem, die Ansammlung gegenüber dem Landesmuseum fällt besonders auf. Ob auf dem Gehsteig, oder einfach direkt auf der Straße, überall stehen eingemummte Menschen. Radfahrer steigen ab, Autos fahren an den Rand. "Europia- ein europäischer Bilderkalender" heißt der Grund für das ungewöhnliche Bild. Theater Saurüssel – den Münsteranern schon aus den Vorjahren durch seine Baugerüst-Performances bekannt - präsentierte Anfang Dezember sein neues Stück unter der Regie von Klaus-Dieter Hedwig und Manfred Kerklau, welches nicht zufällig in der Adventszeit seine Premiere feiert und natürlich auch nicht zufällig den Namen Europia trägt. "Advent, der Gedanke der Ankunft, wird hier gleichgesetzt mit der Ankunft in dem europäischen Gesamtgefüge", so Kerklau. Während zum Beispiel der luxemburgische Geldwäscher und die litauische Nonne im Verlauf des Stücks mehr ihre eigene Nation als ein einiges Europa darstellen, ändert sich dies am Ende. Der Adventskalender gerät in Bewegung. Der lettische Artist trinkt das Bier der belgischen Wirtin und der englische Butler kostet das Ergebnis der französischen Kochkunst -scheinbar ohne jegliche Vergiftungsangst. Alles nur Utopie? "Wir hoffen auf ein sicheres und einiges Europa und möchten mit der Gerüstperformance "Europia" ein Zeichen der Verständigung setzten", erklärt Kerklau und berichtet von den Plänen der Gruppe, das Stück im kommenden Jahr auch in anderen europäischen Städten aufzuführen. Trotz der Kälte, die Menschen vorm Landesmuseum in Münster sind bis zum Ende geblieben und spenden danach fleißig in den herumgehenden Bauarbeiterhelm. Ob Utopie oder nicht. Es tut gut, sich wenigstens für 20 Minuten ein einiges, sich in seiner Vielfalt gegenseitig akzeptierendes und sich gegenseitig ergänzendes Europa vorzustellen. Und wer weiß, vielleicht werden die slowenischen Computerfreaks und der finnische Kajakfahrer tatsächlich irgendwann einmal gemeinsam Weihnachten feiern…

Kommentieren   Druckversion

Artikel vom 21. Dezember 2004